Zum Schnurren, zum Brüllen, zum Schreien… zum Kuckuck!
„SELBÄR – die Kunst der Selbst(er)findung“ Illustration Wolf Erlbruch, „Der Bär, der nicht das war“ . Foto: Ines Wagner
Ausstellung in Rosenheim
„Zum Kuckuck!“ Wer schleicht da durchs Geäst? Das Ferd? Oder ist es ein FLEDERhase? Hilfe! Der Grüffelo! Schnell unter der Schulbank der Häschenschule verstecken! Da hockt schon ein Schaf, das nicht schafen kann. Wie das? Die Tiere sind los!
„Zum Kuckuck – Tiere im Bilderbuch“ ist die fünfte Bilderbuch-Illustrations-Ausstellung in der Städtischen Galerie Rosenheim. Mit Herzblut organisiert von Monika Hauser-Mair, Leiterin des Hauses. Liebevoll kuratiert von Literaturwissenschaftlerin Christine Knödler, die nach den Originalzeichnungen der Illustratoren und Zeichnern geforstet hat, auch solcher, die bereits Helden ihrer Kindheit waren. Und nicht zuletzt wunderbar gestaltet von Ausstellungsarchitekt Franz Puttner, der für die Bilderbuchgeschichten ganze Bühnenbilder geschaffen hat. Diesmal ist alles dabei, was kriecht und fliegt, hoppelt, schnurrt, Tatzen hat, zum Kraulen einlädt oder das Fürchten lehrt: Von der Häschenschule bis zu den Gruselmonstern.
Gleich eingangs lädt ein gemütliches Sofa zum Verweilen ein, nicht nur ein Sofa, es ist eine ganze nostalgisch-gemütliche Wohnzimmerwelt, in der während der Ausstellungsdauer verschiedene Lesungen stattfinden.
Die Vorleseecke: gemütlicher geht’s kaum Foto: Ines Wagner
Betritt man Saal Eins, wird man von KleinVIEH und GroßWILD empfangen. Sie öffnen dem Besucher Türen in die Welt der Farben, Formen, Fantasie und den Blick für die Welt. „Wer macht die Blumen bunt?“ fragt Leo Lionni. Daneben hängen die Originale von Marcus Pfisters „Regenbogenfisch“, die Generationen von Kindern geprägt haben. Die liebevoll formulierten und illustrierten Saaltafeln tun dem Besucher herzlich kund, was ihn erwartet:
FRISCHLINGE heißt es beispielsweise im nächsten Saal, wo Tiere vorgestellt werden, die in keinen Rahmen passen, und noch in kein Buch. Wie das „Ferd“ von Stefanie Harjes, das frei über die Wand traumtanzt. Oder „Das Schaf im himmelblauen Morgenmantel“, eine frisch erschienene, gemeinsame Arbeit von 16 bekannten Zeichnern und Illustratoren mit sehr unterschiedlichen künstlerischen Arbeiten.
Bei den FRISCHLINGEN: „Das Schaf im himmelblauen Morgenmantel“ 16 bekannter Illustratoren und „Das Ferd“ von Stefanie Harjes (v.l.) Foto: Ines Wagner
Weiter geht’s mit der berühmten Häschenschule. Die Originale Fritz Koch-Gothas aus dem Jahr 1924 sind im zweiten Weltkrieg zerstört worden – er hat sie danach noch einmal gemalt und in Rosenheim sind sie zu sehen. Nebenan sind die Bären los. „SELBÄR“ heißt es da. „Oder: Die Kunst der Selbstfindung.“ Samt bäriger Geschichtenbilder. Mit den Bären teilen sich andere Tatzentiere den Raum – die eigenwilligen Katzen von Rotraut Susanne Berner und Reinhard Michl. Einen Saal weiter wird die rote Mütze eines Jungen zum Nebendarsteller einer Tiergeschichte.
Nele Palmtag: „Max´ Mütze“ NESTFLÜCHTER Oder: Eine Mütze fliegt von Tier zu Tier. Repro: Ines Wagner
Als Nächstes geht’s bunt zu: Die Grenze zwischen Mensch und Tier verwischt immer mehr zu einer anthropomorphen Tierkunde, einer tierischen Menschenkunde, wie bei den Siebdrucken Katrin Stangels: Langsam wie eine Schnecke. Flink wie ein Wiesel. Lockig wie ein Pudel. Oder hinterfragend, wie bei Günter Matteis „Beim Wort genommen“: Kriegen Gänse Gänsehaut? Sind Gottesanbeterinnen gläubig?
Igitttttt, auch das gibt’s: ANTIiiiiiiihTIERE!
Vogelkäfige hängen an der Decke, großflächige Zeichenkartons laden zum Weitermalen ein. Überhaupt liegen überall Bücher, kann man gemütlich sitzen und blättern und sich tierisch gut unterhalten mit all den Zeichnungen und Illustrationen. Es gibt unzählige Details zu entdecken, blühende Fantasie, verrückte Ideen, Wortspielereien, kuriose Wesen, höchstlebendige Geschichten. Und auch das gibts, einen Raum weiter: Igitttttt! Iiiiih! ANTIiiiiiiihTIERE! Da kriechen Kakerlaken aus einer Mülltonne und eine Ratte hinein. Höchst echt. Also ohne Papier. Eine der Saalgestaltungsideen Franz Puttners. In diesem Raum hängt auch die Drachengeschichte von Michael Sowa: „Stinkheim am Arschberg“ und ein paar mehr Tiere, die nicht so appetitlich, aber durchaus drollig sind. Wie die Schabenserie von Nadja Budde.
Thé Tjong-King „Hieronymus” Repro: Ines Wagner
Und im letzten Saal: Gruselalarm! Der Grüffelo ist los! Franz Puttner hat ihm einen kleinen Wald gebaut, denn dort wohnt der Grüffelo, Held des modernen Kinderbuchklassikers von Axel Scheffler . Daneben Vitali Konstantinovs „Ungeheuer“. Und„Hieronymus“ von Thé Tjong-King. Seeehr gruselig. Aber genau darum geht es eben auch. Geschichten sollen die Fantasie anregen, früher und heute, aber nicht nur das Gute und Schöne zeigen. Niedlich war gestern, heißt es. Es hat sich ausgekuschelt. Das Kinderbuch ist erwachsen geworden. So wie auch die Kinder erwachsen werden. Und in den Erwachsenen immer noch Kinder stecken, die zum Glück nie ganz erwachsen werden. All diese kleinen und großen Kinder werden sich in dieser Ausstellung prächtig amüsieren, staunen, schmunzeln und auch ein wenig gruseln. Und so soll es sein!
Der Eingang macht schon Lust und Laune! Foto: Ines Wagner