Was aus Fotos entstehen kann
Thomas Jarzina vor „floating“. Foto: MZ
Ausstellung in Holzkirchen
„Stationen“ nennt Thomas Jarzina seine Ausstellung in der Treukontax Steuerberatung im Grünen Zentrum Holzkirchen. Damit meint der Fotokünstler sowohl Stationen seines Künstlerlebens als auch Stationen im Prozess des künstlerischen Schaffens.
Der Weg startet im Erdgeschoss mit Arbeiten aus dem Beginn seiner Arbeit mit Verfremdung von Fotografien. Er nennt sie „klangphasen“, denn die Farben klingen in der Tat ebenso wie die Strukturen. Grundlage dafür sind Unmengen von Einzelbildern, die Thomas Jarzina aus seinem Archiv zusammengestellt und verzerrt hat. Daraus entsteht etwas vollkommen Neues, Eigenständiges, das mit den Einzelbildern nichts mehr gemein und eher die Anmutung von Kirchenfenstern hat.
klang phase I. Foto: Thomas Jarzina
Auch in seiner nächsten Phase komponiert der Fotograf einzelne Fotos, jetzt aber nicht neben- sondern übereinander. Die Motive sind zum Teil noch gut erkennbar, zumeist handelt es sich um florale Motive, die aber derangiert wirken, wirr, nicht wie aus der Natur bekannt. Thomas Jarzina schafft eine künstliche Situation, die aber doch irgendwie vertraut erscheint.
komposition IV. Foto: Thomas Jarzina
In der „komposition IV“ beispielsweise hat er eine kreisrunde düstere Struktur erzeugt, die an einen Dornenkranz erinnert. In dessen Mitte tummeln sich Blüten in einer Welt der Farben.
crowd II. Foto: Thomas Jarzina
Immer wieder hat sich der Künstler mit Menschenmengen beschäftigt. Seine Werke nennt er „crowd“. Sie basieren auf Fotografien, die er am Michigansee mit großen Sanddünen, den sogenannten Sleeping Bear Dunes, fertigte und mit seiner besonderen Technik bearbeitete. In einigen Bildern stimmt die Perspektive, die Menschen werden nach oben hin kleiner.
In anderen aber hebt er die Perspektive auf und verwirrt den Betrachter, weil unten im Vordergrund plötzlich ganz kleine neben großen Menschen auftauchen.
In diesen Bildern wird eine neue Station in den Arbeiten von Thomas Jarzina erkennbar. Er ergänzt seinen Fotodigitaldruck mit Acrylfarbe, malt also in das fertige Bild hinein. Insbesondere kombiniert er mit sattem Orange, was den Anschein von Feuer erweckt.
paradies V. Foto: Thomas Jarzina
Wie gemalt erscheint ein Bild, das er „paradies“ nennt, aber reine Fotokunst ist. Auch hier viele Einzelbilder übereinander kombiniert, fast wie ein Wimmelbild. Es macht Freude, die Pflanzen und Tiere im Garten Eden zu identifizieren: Reh, Tiger, Salamander, Fische, Vögel und unterschiedliche Pflanzenarten.
wartende. Foto: Thomas Jarzina
Auch das Bild „wartende“ erinnert an ein Gemälde, dieses Mal aber in Aquarell und ist doch reine Fotografie. Von oben habe er die Menschen fotografiert, erklärt Thomas Jarzina und mit Filtern verfremdet und verzerrt. Es sieht aus, als würden sie mit Wasserpflanzen in einem Becken schweben.
poolblüten. Foto: Thomas Jarzina
Einige „echte“ Fotos, also unbearbeitet, finden sich auch in der Ausstellung. Neben herbstlichen Stimmungen mit Spinnweben am Kirchsee hat „poolblüten“ wiederum eine Assoziation zu Malerei, etwa den Seerosenbildern von Claude Monet. Thomas Jarzina fotografierte einen Swimmingpool mit Patina am Boden und Blüten vom Apfelbaum auf der Wasseroberfläche.
transition. Foto: Thomas Jarzina
Ganz neu sind zwei sehr unterschiedliche Arbeiten. „transition“ nennt er das Bild eines toten Vogels, dessen Strukturen er an die Außenränder brachte, um Auflösung und Übergang vom Leben zum Tod mit seinen künstlerischen Mitteln darzustellen.
Ganz anders wirkt „floating“, aber auch hier dokumentiert sich ein innerer Zustand in künstlerischer Form. Die Menschen im Bild sind langgezogen, haben nicht mehr ihre ursprüngliche Form. Einige lösen sich aus dem schwebenden Schwarm, sie fliehen oder stürzen ab und vermitteln dem Betrachter Unordnung und Ungewissheit.
Neue inhaltsschwere Aussagen
Die Ausstellung „Stationen“ von Thomas Jarzina ist eine umfassende Werkschau des Holzkirchner Künstlers, dem es immer wieder gelingt, Betrachtende zu verblüffen, zu verwirren und zu faszinieren. Mit seinen Mitteln der Bildbearbeitung schafft er es, aus seinen Fotos neue und inhaltsschwere Aussagen herauszulocken, bewusst ebenso wie unbewusst. Diese Aussagen manifestieren sich dann, wenn der Betrachter hinzukommt und seine eigene Interpretation hinzugesellt.
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