Auf besinnlichen Schritten zum Spurwechsel
Teilnehmer des Spurwechselweges am Boahof in Holz. Foto: Karin Sommer
Wanderung auf dem Spurwechselweg
Viel Natur, ein paar Menschen, darunter wahrscheinlich ein paar ungläubige. Ein katholischer Pastoralreferent, ein evangelischer Priester, eine Kulturreferentin. Alle wandern und machen an fünf Stationen halt und reflektieren. Was könnte das bedeuten?
Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden. „Die Idee zum Stationenweg habe ich im Einvernehmen geklaut und an unsere Spurwechselinitiative angepasst“ meint Monika Ziegler schmunzelnd bei der Begrüßung am Gmundner Bahnhof. Ursprünglich entwickelt wurde sie vom Misereor-Arbeitskreis Bayern. Es handelt sich um einen Stationenweg, der spirituelle Besinnung mit politischem Engagement verbinden soll. Auch auf dem heutigen Spurwechselweg geht es um Innehalten, Nachdenken und die mögliche Befreiung.
Rundweg von Gmund über Bad Wiessee nach Holz Foto: Karin Sommer
Der Einladung zum sinnlich-besinnlichen Wandern ist eine bunte Gruppe von Menschen gefolgt, unter ihnen auch der katholische Pastoralreferent Christof Langer und der evangelische Pfarrer Matthias Striebeck. Die beiden werden die Teilnehmer an den einzelnen Stationen an ihren Gedanken teilhaben lassen.
Besinnlicher Rundweg in Bilderbuchlandschaft
Monika Ziegler hat einen ruhigen Rundweg von Gmund zum Golfplatz nach Bad Wiessee gewählt, der mit einer Einkehr am Boahof in Holz enden wird. Und schon setzt sich unsere kleine Gruppe in Bewegung.
Stationenweg mit Themen zum Nachdenken
Das Wetter erweist sich gnädig und so schreiten wir bei strahlendem Sonnenschein an wild erblühenden Wiesen vorbei und kommen in Kürze zu unserer ersten Station. „Friedfertigkeit statt Gewalt“ ist das erste Thema, über das wir am Soldatenfriedhof Gmund nachdenken. Christof Langer führt uns zurück in die Zeit des Naziregimes, das von der katholischen Kirche eifrig unterstützt wurde. Unter den acht Katholiken, die damals dem Reich den Soldatendienst verweigerten, war Franz Jägerstätter. Für ihn hatte das herrschende Regime nichts mit Katholizismus und Demokratie zu tun und für das Einstehen zu seiner Überzeugung zahlte er mit dem Leben.
Pastoralreferent Christof Langer reflektiert über die Verantwortung jedes Einzelnen Foto: Karin Sommer
„Was wäre passiert, wenn sich damals alle Bischöfe gemeinsam gegen das Regime ausgesprochen hätten?“ fragt sich Christof Langer. Und was bedeute das heute für uns? Im neuen Koalitionsvertrag der Bundesregierung sei das Budget für Rüstungsausgaben verdoppelt worden. „Schießlich sei immer das ganze Volk für die Taten einer Regierung verantwortlich″, erinnert uns Christof Langer daran, dass wir uns nicht einfach davonstehlen können.
Wer ist für Veränderung verantwortlich?
In Gedanken versunken spazieren wir weiter. Gespräche knüpfen indes an das Erwähnte an, persönliche Erfahrungen werden geteilt und schon sind wir bei der zweiten Station angekommen.
Christof Langer bringt uns an dieser Stelle das „Laudato si“, das päpstliche Schreiben von Papst Franziskus näher. Es ist verblüffend weltlich, aktuell und ansprechend geschrieben. Wir hören davon, dass wir den Menschen zu sehr in den Mittelpunkt gestellt und den Rest der Schöpfung vernachlässigt haben. Darüber, dass sich alle Menschen, die guten Willens sind, den Planeten zu retten, vereinen sollen. Egal ob Katholiken, Protestanten, Atheisten oder Andersgläubige.
Während wir am Wegesrand sitzen und gebannt den Ausführungen über weniger Konsum und mehr Miteinander lauschen, muss das ein oder andere fette Auto langsamer fahren, um an uns vorbeizukommen.
Pfarrer Matthias Striebeck über fantasievolles Wachstum. Foto: Karin Sommer
An den nächsten beiden Stationen geht es indes um Gerechtigkeit und anders Wachsen. Schon lustig, dass wir am Golfplatz sitzen, während uns Pfarrer Matthias Striebeck darüber erzählt, dass Billigpreise in allen Sektoren nur durch Ausbeutung zu halten sind. Wir kämen nicht daran vorbei, weniger zu kaufen und müssten in persönlichen Beziehung zu denen treten, die uns Dinge verkaufen.
Schluss mit fantasielosem Wachstum
Wir bräuchten kein fantasieloses Wachsen mehr, sondern ein Wachsen von Werten wie beispielsweise Zeit. Diese werde besonders dann länger, wenn man sie nicht füllt, sondern durch Langeweile wachsen lasse.
Und schon sind wir unterwegs Richtung „Boarhof“, auf dem uns Markus Bogner bei einer zünftigen Brotzeit erklären wird, wie Nachhaltigkeit am Bauernhof und in der Gesellschaft gelebt werden kann.
Brotzeit mit Produkten vom Boarhof in Holz. Foto: Karin Sommer
Unterwegs treffen wir auf einen freundlichen Bauern, dem wir kurz erklären, warum wir an seinen wunderbar nach Frühling riechenden Wiesen vorbeigehen. Nicht nur die anregenden Gespräche, sondern besonders auch das stundenlange Verweilen in der Natur machen uns die Dringlichkeit unseres Anliegens spürbar. Diese wunderbare Welt soll auch für kommende Generationen noch da sein. Was können wir dafür tun?
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