Stefan Kröll im Goldrausch 2.0
Stefan Kröll in Hausham. Foto: Petra Kurbjuhn
Kabarett in Hausham
Historische Bildung und Kabarett, geht das? Bei Stefan Kröll schon. Und sehr gelungen, denn der Feldkirchner jubelt seinem Publikum ganz beiläufig und keineswegs missionarisch so einiges unter. Die Haushamer im Glückauf-Saal genossen „Goldrausch 2.0“ sichtlich. Und das mit Recht
Ganz aktuell begann Stefan Kröll sein neues Programm mit dem Thema Klimawandel und bezeichnete sich als Umweltschwein, da er ja regelmäßig Auto fahre. Aber er habe zum Ausgleich einen Baum gepflanzt und die Grünen gewählt. Man müsse halt die Routine durchbrechen und auch mal die Semmeln mit dem Radl holen.
Hosen ausilassen
Die Älteren im Publikum bogen sich vor Lachen, als Stefan Kröll sie ans „Ausilassen von Hosen“ erinnerte, wo dann am Saum ein dunkler Streifen auftauchte oder noch schlimmer, die Mama eine geblümte Borte annähte.
Dieser Anfang zeigte schon, wo es langging. Gesellschaftliches gemixt mit Humor, dazu kamen dann historische Bildung aufgepeppt mit Eigenkompositionen vom Keyboard, das Ganze serviert von einem ungemein sympathisch wirkenden, fein in Weste gewandeten Mann von nebenan.
Stefan Kröll, eigentlich Schreiner, ist seit über zehn Jahren auch erfolgreicher Kabarettist. Sein Markenzeichen ist die Verbindung von Lokalem mit Globalem, von Geschichte und Nonsens und von immer wieder intelligent-skurillen Verknüpfungen dieser Themen.
Das große Geld als Influencerin
Wussten Sie schon, dass die Bergwachteinsätze gestiegen sind, seit massenhaft Fotos von der Watzmann-Überquerung an Leute verschickt wurden, die das gar nicht haben wollten? Oder kennen Sie Vanessa, die auf Instagram ihre Lieblingsnachspeise postet und auf das große Geld als Influencerin wartet?
Stefan Kröll hat eine Botschaft. Foto: Petra Kurbjuhn
Ja, das große Geld, es tauchte natürlich als Ziel der Begierde in „Goldrausch 2.0“ immer wieder auf. Beginnend mit der Eroberung Südamerikas im 16. Jahrhundert durch die Europäer, als den Azteken und Inka alles Gold geraubt wurde und ihnen dafür Krankheiten ins Land gebracht wurden.
Kreuzfahrtschiffe statt Armada
Und heute? Da sind statt der spanischen Armada die Kreuzfahrtschiffe unterwegs, die einen Kohlendioxidausstoss wie fünf Millionen PKW „oder 200 VW“ haben, Menschen nur zum Flanieren und Toilette gehen ausspucken und den Einheimischen wieder nichts Positives bringen.
Eine gelungene Querverbindung stellte Stefan Kröll von den Opferkulten der Azteken zur heutigen Praxis bei RTL her, wo Menschen mit ihrer Not geopfert werden, damit es den Zuschauern am Bildschirm besser geht.
Gelungene Einlagen am Keyboard. Foto: Petra Kurbjuhn
Und wie sieht es mit dem Goldrausch in Bayern aus? Eher bescheiden. Aber ein bisschen sei im Joseftstal schon Gold gewaschen worden, wusste der Kabarettist zu erzählen, der mit einem melancholischen Lied vom Versager in die Pause ging.
Wir haben keine Kultur des Lobes
„Wir verwechseln Geld mit Glück“, meinte er im zweiten Teil. Studien hätten gezeigt, dass es dem Deutschen wichtig sei, mehr als der Nachbar oder der Kollege zu besitzen. Um Anerkennung gehe es also letztlich. „Wir haben keine Kultur des Lobes“, kritisierte er und so komme es zu vielen Burn-out-Erkrankungen nicht durch Überbelastung sondern fehlende Anerkennung.
Und weil jeder mehr als der andere haben wolle, sei ein euer Hype aufgetaucht. Immer mehr Studenten gehen für ihre Vita zur Betreuung von Waisenkindern nach Tibet. Dazu müssten nun aber Waisenkinder rekrutiert werden.
Lesetipp: Blick durch den Augustinernebel
Und schon sitzt der geschickte Unterhalter am Piano und hat mit seinen Koteletten als Ausgleichsflächen für schwindenden Haarwuchs auf dem Oberkopf die Lacher auf seiner Seite. Schenkelklopferwitze sind nicht sein Metier. Aber der permanente Wechsel zwischen gescheitem Witz und Botschaft oder Auffrischen von Wissen nimmt das Publikum das gesamte Programm mit.
Vom Schönheitsideal der Maya kommt er postwendend zu Parship, wo sich aller 11 Minuten jemand per Internet verliebt. Das Ergebnis ist dann vielleicht das Burli Dorian-Alexander, das nur auf dem Bauch der Mama einschlafen kann.
Stefan Kröll mit seinen Fans in Hausham. Foto: Petra Kurbjuhn
Mit dem Schlusslied „Du möchtest so sein wie die anderen“ ist keineswegs Schluss, auch der treue 60er Fan, der seinem Verein alles verzeiht, wird von Stefan Kröll gewürdigt, bevor er von der Bühne steigt und sich unter seine Fans mischt.