Stephan Sulke gibt ein „Konzert bei Freunden“
Stephan Sulke. Foto: privat
Konzert in Schliersee
Im Rahmen einer Tournee gastiert am 8. September 2023 in Schliersee einer der ganz großen deutschsprachigen Liedermacher: Stephan Sulke. Im Interview erzählt der Songpoet, warum er nach Schliersee kommt, was ihn im Augenblick beschäftigt und was das Publikum erwartet.
„Für mich ist das eine der schönsten Gegenden Deutschlands“, sagt er, „und ich liebe den Menschenschlag.“ Er sei in der Schweiz unter Bauern aufgewachsen, deshalb liebe er die Mentalität dieser Menschen, deren Lebensgeschichte in der Seele festgeschrieben sei. „Ich habe etwas gegen Intellektuelle, die alles besser wissen.“ Bei den Bergbauern habe er die von unten kommende Volksweisheit erlebt, „die wissen, wovon sie reden“.
Stephan Sulke am 8. September in Schliersee
Es ist aber nicht nur die Gegend, die Stephan Sulke, der den größten Teil des Jahres in Südfrankreich lebt, an den Schliersee zieht, sondern auch eine gute, alte Freundin. Die Schlierseerin Margot Wolf mit ihrem unendlichen Charme habe ihn überreden können, sagt er. Zweimal pro Jahr mache er eine Tournee und das Konzert am 8. September habe er einbauen können.
Der Liedermacher. Foto: privat
Die Lebensgeschichte von Stephan Sulke ist abenteuerlich und im Internet nachzulesen. Er wurde 1943 in Shanghai geboren. „Ich bin unarischer Abstammung“, konstatiert er, deshalb flohen die Eltern vor den Nazis. „Ich liebe die jiddische Weisheit. Kennen Sie den? Blum sitzt auf der Titanic und raucht. Blau kommt gerannt und schreit: Die Titanic sinkt. Blum raucht weiter und sagt: Ist das mein Problem? Die Titanic ist nicht mein Schiff.“
„Ich habe keine Verfügungsgewalt“
Dieser Witz sage alles aus. „Ich mache mir keine Sorgen, denn ich habe keine Verfügungsgewalt.“ Westeuropa habe seit dem zweiten Weltkrieg die längste Friedenszeit. Seine Überzeugung sei, dass der Mensch ein kriegerisches Wesen sei und die Zerstörung brauche, ebenso wie es auch die Natur vormache. Der Krieg in der Ukraine, aber auch der Zerfall in anderen Ländern zeige eine kritische Entwicklung.
Stephan Sulke begleitet sich an der Gitarre und am Klavier. Foto: privat
Aber er behaupte, dass die Natur die geistige Waffe liefere, die Zeit zu überstehen, damit seien schon andere Generationen fertig geworden. „Meine Eltern mussten flüchten, um nicht vergast zu werden“, sagt er. Seine Mutter habe so viel durchgemacht, aber sei immer eine lebensfreudige Frau geblieben und habe die Dinge leichtgenommen.
Ulla, Lotte und Uschi
Stephan Sulke wurde mit vielen Songs berühmt. Am bekanntesten ist wohl „Uschi“, aber er porträtierte auch Ulla und Lotte und viele andere. Er schrieb auch für andere Größen der Szene Lieder, wie für Erika Pluhar und Katja Ebstein. Seine Diskografie ist riesig. Was zeichnet seine Songs aus? „Mein Ding ist es, die Menschlichkeit mal im positiven und mal im negativen Sinn zu zeigen“, sagt er. Er habe ein Riesenproblem mit Rassismus, „aber wir verwechseln oft Rassismus mit kulturellen Gegensätzen“. So sei ein liberales Europa nicht mit dem Salafismus kompatibel, ebenso wenig wie mit einem mittelalterlichen Katholizismus.
Ein nachdenklicher Songpoet. Foto: privat
„Wann wird die Farbe meiner Haut nicht mehr zu einem Grenzstein aufgebaut“, zitiert sich der Liedermacher selbst und sagt, „da werde ich politisch“. Tagespolitik indes finde er uninteressant. Was ihn aber nach wie vor interessiert, das ist die Beziehung zwischen Menschen. Seine einfühlsamen Lieder sind zeitlos, fern jeder Tagespolitik.
„Liebe ist nichts für Anfänger“ heißt das aktuelle Album. Da heißt es:
Man liebt und entliebt sich
Man hasst und vergibt sich
Und wieder verliebt man sich neu
Und am Ende:
Man sucht und zerreisst sich
Man irrt und verbeisst sich
Man klagt und zerfleischt sich
Man schreit und bekreischt sich
Und dann, in den Trümmern, da weiss keiner mehr
Woher kam der Krieg, und wie kam er her.
Liebe und Gesellschaft
So wird der Liederabend eine Mischung von Liedern über menschliche Beziehungen, über die Liebe und über gesellschaftliche Themen sein. „Mir fällt es leicht zu schreiben“, sagt Stephan Sulke am Ende unseres langen Gesprächs über Gott und die Welt. Was er aber sicher nicht mitmachen werde, das sei das Gendern. Die Sprache von oben nach unten ändern, das funktioniere nicht. Und mit Gewalt etwas durchsetzen, das sei gegen die Natur.