„Sachen machen, die andere nicht machen“
Raphael Lauer und Steffen Marx bei der Premiere des Films „Straight outta Giasing“. Foto: Markus Mühlbauer-MRM-soulkino
Kino in Holzkirchen
Mut machen in Zeiten vieler negativer Schlagzeilen – das ist das erklärte Ziel von Raphael Lauers Film „Straight outta Giasing“ über die Brauerei Giesinger. Im Holzkirchner Foolskino konnten sich Bierconnaisseure und solche, die es werden wollen, von der inspirierenden Geschichte des Brauereigründers Steffen Marx überzeugen lassen.
Die Bayern und das Bier, das ist eine ganz eigene Geschichte. Diese Geschichte handelt von Liebe, Genuss und Unzertrennlichkeit. Man mag hinzufügen, dass diese Geschichte oft zu wenig von den Schattenseiten des Bierkonsums handelt, aber das wiederum wäre eine ganz eigene Story. Was auf die Bayern insgesamt zutrifft, spitzt sich noch einmal zu, wenn es um das Bier in der Landeshauptstadt geht. Sieben Brauereien sind es, die bis vor Kurzem den Münchnern einschenkten. Auch hier würde man eine Liebesgeschichte erzählen müssen, neuerdings möglicherweise auch in Bezug auf alkoholfreies Bier. Die Augustiner-Brauerei hat mit großem Tamtam vor Kurzem ein solches herausgebracht.
Die Mutmach-Geschichte des Steffen Marx vom Giesinger Bräu
Viel seltener als eine Liebesgeschichte jedoch wird in Sachen Münchner Bier eine Mutmachgeschichte erzählt. Raphael Lauer (Lookout Film) tut genau dies in seinem neuen Film „Straight outta Giasing“ – und überzeugt damit auf ganzer Linie. Lauer nimmt sich die Story von Steffen Marx und dem Giesinger Bräu vor. Oder, wie die Firma korrekterweise heißt: der „Giesinger Spezialitäten-Brauerei & Biermanufaktur“. Bekannt ist die Giesinger Brauanlage samt Stüberl am Giesinger Berg und dass das Bier auch auf dem Oktoberfest ausgeschenkt wird, stand schon Mal in der Zeitung. Freilich, das war damals ein Aprilscherz. Aber ist ein Platz auf der Wiesn nicht vielleicht doch das Ziel von Steffen Marx und seinen Leuten? Die letzten Worte im Film lauten „Fortsetzung folgt“, mehr erfährt der Zuschauer nicht. Aber auch nicht weniger.
Von der Garage zur topmodernen Brauerei
Der Name vom Raphael Lauers Film deutet die Lesart an, die der Filmemacher vorschlagen möchte: Das Giesinger Bier entstand auf der Straße und hat sich von „ärmlichen Verhältnissen“ hoch gearbeitet zum – nein, noch nicht zum Wiesn-Bier, aber vielleicht zum Anwärter darauf. Das „Straight outta“ bezieht sich auf den Film „Straight outta Compton“, der den Aufstieg einer Hip Hop-Band von der Armut der Straßen von Los Angeles hin zu weltweitem Ruhm nachzeichnet. Und das Motiv des „Straight Outta“ hat sich seitdem für derartige Stehauf-Geschichten eingebürgert.
Steffen Marx in seiner Brauerei. Foto: Nikolai Swoboda
Los ging die Münchner „straight outta“-Story Mitte der 2000er-Jahre in Giesing. In einer Garage wurden auf 20 Quadratmetern die ersten Sude produziert. Das Bier, das der gebürtige Thüringer Steffen Marx während seiner Zeit bei der Bundeswehr kennengelernt hatte, schmeckte ihm nicht. Warum also nicht einfach selbst eines brauen? Die Umstände in der Garage waren dabei alles andere als günstig. „Schön, dass da trotzdem gutes Bier herausgekommen ist“, sagt Marx im Film. Viel getrunken wurde es damals indes nicht und so war die Brauerei immer wieder auf der Suche nach Investoren und Unterstützern. Diese kamen, finanzierten den Umzug an den Giesinger Berg und ab 2019 auch den Neubau einer topmodernen Brauerei und Abfüllerei im Münchner Norden mit. Welche Klippen es auf dem Weg zu umschiffen galt, welche Rückschläge drohten und wie Marx es schaffte, auch die Bedenken seiner Frau zu entkräften, davon erzählt der Film auf humorvolle und liebenswürdige Weise.
„Habe gesehen, dass da mehr drin steckt“
Regisseur und Produzent Raphael Lauer sieht den Film als Mutmachgeschichte. Das brauche man in einer Zeit, die voll sei von schlechten Nachrichten, findet der 38-Jährige. Giesinger-Chef Steffen Marx sei einer, der immer wieder aufsteht. „Wenn man ihm Steine in den Weg legt, dann steigt er drauf und über die Probleme hinweg“, erzählt Raphael Lauer und lacht. Das funktioniere auch jenseits Münchens, wie er bei Vorführungen im Norden Deutschlands oder im Ruhrgebiet gesehen habe. Regisseur Raphael Lauer kommt selbst aus der Nähe von Dortmund, erzählt er im Interview. Und damit ergebe sich eine interessante Konstellation, befindet der dreifache Familienvater: „Ein Nordrhein-Westfale macht einen Film über einen Thüringer, der in München Bier braut. Kann das gehen, haben mich viele gefragt“, berichtet Raphael Lauer. Ja, das geht und vielleicht geht es gerade weil die Konstellation so ist, wie sie ist. „Man sieht von außen eher die Leistung, die Steffen vollbracht hat“, befindet der Regisseur.
Filmplakat
Dabei wohnt Raphael Lauer schon seit 16 Jahren in München, ist also kein ganz Neuer mehr in der Stadt. Zu seinem Film kam er ein bisschen wie Steffen Marx zum Bier: „Da war viel Naivität dabei“, erzählt er und lacht. Der Hobby-Rallyefahrer Raphael Lauer wollte Giesinger als Sponsor auf seinem Auto haben. Brauereichef Steffen Marx wiederum fragte, ob Filmemacher Lauer mit seiner Kamera die Geschichte des Giesinger begleiten könnte. „Ich habe schnell gesehen, dass da mehr drinsteckt“, erinnert sich Raphael Lauer. Und so entstand die Idee, einen Kinofilm zu machen. Eine Heldenreise sei die Geschichte des Giesinger Biers, urteilt Regisseur Lauer. Und nimmt in seinen Alltag einen Spruch mit, der auch an einer zentralen Stelle im Film zu hören ist: Steffen Marx mache Sachen, die andere nicht machen, und mache Sachen nicht, die andere machen. Sicher ja ein Spruch, der auf viele Kontexte passt, in München, Bayern und weiter darüber hinaus.
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