Suche nach den Wurzeln

Neuerscheinung auf dem Buchmarkt

Waren die beiden ersten Bücher Ausflüge in die jüngste Vergangenheit, spielt Susanne Hornfecks soeben erschienener Roman in der Gegenwart. Mulan ist ein 15-jähriger Teenager, der gerade mal ein bisschen Zoff mit der Mama hat. Diese, eine seit vielen Jahren in Deutschland lebende Chinesin und mit einem Deutschen verheiratet, wollte ihrer Tochter die chinesische Sprache beibringen. Das funktionierte in der Kindheit, aber jetzt, wo es an die Schriftzeichen geht, bockt Mulan.

Die Eltern entscheiden, Mulan für drei Monate zur chinesischen Verwandtschaft zu schicken. Das ist die Ausgangssituation des Buches. Mulan kommt in Shanghai an und trifft auf Onkel, Tante, Cousin und Oma, die sie unter ihre Fittiche nehmen. Und zwar recht intensiv. Denn Tabus oder Privatsphäre scheint die Familie nicht zu kennen, sie quetscht ihr temporäres Familienmitglied nach allen Regeln der Kunst aus.

Neugier erwacht

Der Leser lernt beiläufig das Leben der Menschen in China kennen, eine kleine Dreiraumwohnung für vier Leute, und jetzt sogar mit Gast. Er erfährt, dass das Essen, vor allem das selbst zu Hause gekochte und in der Gemeinschaft verzehrte, eine große Rolle spielt. Und er geht mit Mulan durch die Straßen, kann beinahe die Düfte der Garküchen riechen und sich an fremden Essgewohnheiten ergötzen.

Langsam erwacht Mulans Neugier für diese fremde Kultur und für ihre Verwandten. Im Mittelpunkt des Interesses setht Oma Waipo, die noch immer eine treue Mao-Anhängerin ist, was sie aber nicht daran hindert, ihre Enkelin in Tempel zu führen. Andererseits schmettert sie sonntags mit anderen Senioren im Chor rote Lieder im Park, allerdings hört kein Mensch zu.

Bedeutung der Schriftzeichen

Auf diese Weise erfährt der Leser unterhaltsam eine Menge über die chinesische Kultur, denn bald treffen auch die ersten Briefe der Mutter aus Deutschland ein, in denen sie behutsam ihrer Tochter erklärt, warum sie vor der dogmatischen Mutter aus Shanghai floh. Und was da wirklich passierte, am Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989. Mulan lernt ihre Mutter von einer ganz neuen Seite kennen.

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Die Schlierseer Autorin Susanne Hornfeck.

Und auch den chinesischen Schriftzeichen kommt sie während eines Kurses näher. Was für den Europäer ein Buch mit sieben Siegeln ist, vermag die Autorin sehr geschickt in den Grundzügen zu erklären. Und auch Mulan strengt sich an, die Schriftzeichen zu beherrschen. Denn, der Titel verrät es, da taucht ein junger Chinese auf, und wie schreibt man dem eine SMS?

Aber auch mit den Teilnehmern ihres Kurses freundet sich Mulan an und fühlt sich zunehmend in der neuen Kultur und Halbheimat wohl. Susanne Hornfeck hat ein Buch geschrieben, das den normalen Abnabelungsprozess eines Teenagers von der Mutter thematisiert, das mit einer klaren Sprache den Weg in die ihr fremde Kultur und die erste Liebe begleitet. Es ist ein Buch, das in erster Linie sicher für junge Mädchen geschrieben ist, ihre Sehnsüchte und ihren Frust gekonnt einbaut, aber auch ihren Entwicklungsprozess, ihre Neugier und ihr Suchen nach den Wurzeln anspricht.

Es zieht den Leser unmittelbar ins Geschehen hinein, ist unterhaltsam und erkenntnisreich zugleich und somit ebenso für Erwachsene eine Lesefreude.

Lesung mit Susanne Hornfeck
Mulan. Verliebt in Shanghai
Mittwoch 27. April 2016, 19.30 Uhr
Gemeindebücherei Schliersee
Katholisches Pfarrheim, Lautererstr. 1

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