Swappen statt Shoppen
Angelika Hubner mit Kleid aus den siebziger Jahren. Foto: Hannah Miska
Endlich mal den Blazer loswerden, den man nicht mehr so richtig mag? Und gegen ein Cocktailkleid tauschen für die Party am nächsten Wochenende? Nichts wie hin zum Modetausch am Samstag, 11. März in der Schlierseer Schule, von 10 – 16 Uhr.
Die Methode ist ja nicht neu. Im Gegenteil: Der Tausch ist die früheste Form des Handels, und selbst nachdem das Geld erfunden worden war, fiel man in Krisenzeiten auf den Tauschhandel zurück – immer dann nämlich, wenn die Währung nichts mehr wert war oder wenn es nur wenig zu kaufen gab. Unsere Mütter und Großmütter können viele Geschichten darüber erzählen, wie sie kurz nach Kriegsende Kleidung gegen Kartoffeln getauscht haben.
Konsum vs. Kreativität
Diese Zeiten sind längst vorbei. Denkt man – und schwupps: ist die Idee wieder da. Wie schön. Angelika Hubner veranstaltet zum zweiten Mal in Schliersee ein Kleider “swapping“ – swapping, aus dem Englischen, heißt tauschen. Die seit 26 Jahren in Schliersee ansässige gelernte Kostümbildnerin macht das aus Spaß an der Freud – aber sie hat auch ein ethisches Anliegen: Sie findet, dass in Zeiten des extremen Konsumdenkens viel zu viel und viel zu billig gekauft und deshalb auch viel zu schnell wieder weggeschmissen wird; dass also viel zu unachtsam mit unseren Ressourcen umgegangen wird.
Angelika Hubner in ihrem Atelier. Foto: Hannah Miska
Das Kleider-Recycling liegt der kreativen Designerin im Blut. In ihrem Haus gibt es ein Zimmer voller Stoffe – alte Tischdecken, Gardinen, Schals, gehäkelte Deckchen: Es gibt es nichts, was es nicht gibt, und alles wird wiederverwendet – für Bühnenkostüme oder auch private Maßanfertigungen. In ihren Mappen kann man sich anschauen, welch mondäne, originelle und witzige Bühnenkostüme sie entworfen und teilweise aus schon „ausgemisteten“ Sachen geschneidert hat – an Bühnen, die sich sehen lassen können: am Residenztheater München, am Stadttheater Basel und am Broadway, um nur einige zu nennen.
Angelika Hubner mit selbstgenähtem Mantel aus alten Krawatten ihres Vaters. Foto: Hannah Miska
Pullover gegen Punkte
Doch zurück an den Schliersee. Wie funktioniert nun das Swapping? Das Prinzip ist schnell erklärt: Man kramt in seinem Kleiderschrank, schnappt sich die Kleidungsstücke, die zu groß (na ja – meistens eben doch: zu klein) geworden sind oder die man einfach nicht mehr mag und schon seit zwei Jahren nicht mehr angezogen hat, findet sich zwischen 10 und 12 in der Schule in Schliersee ein und bekommt dort eine bestimmte Anzahl Punkte für jedes Kleidungsstück. (Die Punktzahl darf man selbst bestimmen, wird aber dabei fachmännisch beraten.) Wenn alle Kleidungsstücke, Schuhe und Accessoirs (Gebrauchsspuren und kleine Löchlein sind übrigens kein Problem, aber alles sollte natürlich sauber und relativ gut erhalten sein) abgegeben und bepunktet worden sind, brauchen Angelika Hubner und ihre fleißigen Helfer circa eine Stunde, bis sie alles schön aufgehängt und mit Punkte-Schildchen versehen haben. Ab 13.00 geht der Spaß dann los, man darf stöbern und sichten und schwatzen und tauschen – und natürlich vor dem Tausch auch anprobieren. Dabei berät dann auch gerne Angelika Hubner, die nämlich nicht nur etwas von Recycling, sondern auch von „Upcycling“ versteht: Also wie man ein Kleidungsstück aufpeppt oder das Mottenloch im Kaschmir-Pullover mit einem Strassstein verziert.
Wenn man zum Schluss dann das Retrokleid in Händen hält, von dem man schon lange geträumt hat, dann war es nicht nur ein unterhaltsamer, sondern auch ein erfolgreicher Samstag.
Fundus in Hausham
Übrigens: Wer nicht tauschen, sondern nur ausleihen mag – Angelika Hubner hat einen sogenannten „Fundus“ in Hausham, in dem man sich Abend- und Cocktailkleider, historische Gewänder, Faschingskostüme, Perücken und Masken ausleihen kann. Ein Besuch lohnt sich. Auch auf ihrer Website „Kostüm Schliersee“.
Angelika Hubner mit Kostüm aus dem Fundus. Foto: Hannah Miska