Über das gute Leben und das gute Sterben
Im Domicilium in Weyarn fand das Interkulturelle Symposium statt. Foto: MZ
Symposium in Weyarn
Wie gehen die unterschiedlichen Religionen mit dem Thema Sterben um? Was bedeutet interreligiöse Vielfalt in der Palliativ- und Hospizarbeit? Beim Symposium im Domicilium Weyarn brachten die Referenten aus verschiedenen Religionen ihre Expertise ein.
Zur Entwicklung einer kultursensiblen Haltung veranstaltet die Domicilium Akademie unter der Leitung von Michael von Brück jährlich ein Symposium, um die Hospizarbeit zu unterstützen. Die multikulturelle Gesellschaft fordert von Begleiterinnen und Begleitern Verständnis für die jeweilige Kultur und Religion.
Sebastian Snela, 1. Vorsitzender und Susanne Ambros, 2. Vorsitzende des Vereins Stiftung Domicilium. Foto: MZ
Sebastian Snela, 1. Vorsitzender des Vereins Stiftung Domicilium, konnte zum Symposium auch Vertreter der Politik begrüßen. Neben dem Ehrenbürgermeister Weyarns Michael Pelzer drückte Vizelandrat Jens Zangenfeind seine Anerkennung für die hier in der „wunderbaren Einrichtung“ geleistete Arbeit für die Gesellschaft aus und betonte, dass die Demut ein Geschenk sei.
Vizelandrat Jens Zangenfeind. Foto: MZ
Seinen Einführungsvortrag stellte Akademierektor Michael von Brück unter das Sokrates zugeschriebene Zitat: „Intelligente Menschen lernen von allem und jedem, durchschnittliche Leute lernen aus eigenen Erfahrungen und Törichte haben schon alle Antworten.“
Kunst für das gute Sterben lernen
Die Wurzel der Kultur sei die Vielfalt, sagte der Religionswissenschaftler. Die Wurzel aber der Fehlentwicklung in der Menschheitsgeschichte aber sei Egozentrismus. Das Anliegen dieses Hauses sei es, die Kunst des guten Lebens und Sterbens zu erlernen. Wenn es gelinge, Resonanz zu sich und dem anderen herzustellen, empfinde man Glück.
Es gehe also darum, sich selbst zu kultivieren, um die Beziehung zu anderen Menschen aber auch der gesamten Mitwelt zu gestalten. Dazu gehören Kultivierung unseres Geistes ebenso wie technologische und soziale Kultivierung, harte und weiche Fakten.
Michael von Brück. Foto: MZ
„Wir stehen womöglich am Ende der Menschheit“, wurde der Referent deutlich. Gründe dafür seien, dass wir die Begrenztheit des Lebens und der Ressourcen nicht anerkennen und die Chance vertun, ein menschenwürdiges Leben aufzubauen.
„Um das Leben zu gestalten, müssen wir Sterben und Tod anschauen“, forderte Michael von Brück, stattdessen würden die meisten Menschen den Tod verdrängen. Religionen würden dabei eine Heimat bieten. Es gehe aber nicht darum, Wissen anzuhäufen, sondern Wissen zu Weisheit zu transformieren.
Weisheit und Wissen
„Weisheit ist das Maß in der Praxis vom Wissen“, wobei es keinen Gegensatz von leiblicher und geistiger Entwicklung gebe. Er plädierte eindringlich dafür, zusammen nach Lösungen zu suchen. „Wir stehen am Abgrund, aber es gibt so viele geistige Ressourcen.“ Man müsse jetzt die Chance ergreifen.
Michael von Brück wies anhand von jüngsten Forschungen nach, wie eng Konkurrenz und Kooperation zusammenhängen: „Pflanzen lernen voneinander und zeigen Gefühle“. Daneben gebe es natürlich auch Konkurrenz um Ressourcen, wie Wasser und Luft. „Konkurrenz ist nur eine Technik innerhalb der Kooperation“, betonte er, eine Methode den besten Weg zu finden.
Ökosophische Umgestaltung
Das Thema des Symposiums sei Sterben und Vergehen. Der Referent betonte, dass wir es schaffen müssen, uns selbst zu kultivieren und dabei Freude zu empfinden, um unsere Lebensintensität zu steigern. Dann sind wir auch in der Lage andere Kulturen als Spiegel zu empfinden. „Wir wollen die ökosophische Umgestaltung mit Freude erleben“, sagte er. Und dazu gehöre auch das Sterben und der Schmerz, das führe zu einer Tieferen Lebensfreude. „Lassen wir Herz und Geist offen“, schloss er seinen bewegenden Vortrag.
Mediziner Stephan Probst. Foto: MZ
Im interkulturellen Symposium kamen dann Vertreter der verschiedenen Religionen zu Wort. Stephan Probst ist Oberarzt für Onkologie, Intensiv- und Palliativmedizin am Klinikum Bielefeld und erläuterte wie die Jüdische Tradition und medizinische Praxis zusammenhängen.
Prinzipiell müsse nach jüdischem Glauben alles getan werden, um Leben zu erhalten, aber der Sterbeprozess dürfe auch nicht, beispielsweise durch Beatmung, verlängert werden. Alle Hindernisse, die das natürliche Sterben verlängern, müssen beseitigt werden. So gebe es in Israel Zeitschaltuhren, die automatisch eine Beatmung beenden, so dass der Arzt psychisch entlastet wird und nicht aktiv eingreifen muss.
Pater Athanasius. Foto: MZ
Für die katholische Kirche sprach Pater Athanasius vom Deutschen Orden, der betonte, dass der Tod nicht das Ende sei, sondern im ewigen Leben münde. Er erklärte die Sterbesakramente, zu denen auch das Sakrament der Versöhnung gehört. Der Sterbende dürfe nicht allein gelassen werden, sondern man müsse ihm mit Zuversicht und Hoffnung beistehen, ihn berühren und streicheln.
Für den Buddhismus sprach Michael von Brück und betonte, dass es hier nicht um Rituale beim Sterben, sondern um die Pflege des Geistes gehe. Das Tibetische Totenbuch sei für die Lebenden gedacht, die die Sterbephasen kennen sollten. Der Dalai Lama habe ihm gesagt, dass er jeden Abend diese Phasen durchgehe, um eine gewisse Vertrautheit zu erlangen und keine Angst vor dem Sterben zu haben.
Sterben in Phasen
In dem Buch sind die Phasen genau beschrieben, die Erkenntnisse stammen sowohl aus Nahtoderfahrungen als auch der tiefen Meditation. Nacheinander gehen die Sinneswahrnehmungen verloren und letztlich bündelt sich die Energie im Herzen. Nach einem Blackout erscheine ein Licht, das Licht des Todes.
Vivek Nath. Foto: MZ
Ganz anders wird im Hinduismus mit dem Sterben umgegangen. Vivek Nath sprach zwar auch von spiritueller Praxis, aber einen großen Raum nehmen Rituale ein, die der Referent erläuterte. Insbesondere die Rituale nach der Verbrennung des Toten, die die Angehörigen mit einem Priester durchführen, waren Gegenstand seiner Ausführungen. Wasserrituale, Chanten auf Sanskrit durften die Teilnehmenden erleben.
Der Sonntag gehörte dem Islam mit Nermina Idriz und der chinesischen Tradition mit Xi Min-na, womit auch Frauen in das Symposium eingebunden waren.
Zum Weiterlesen: Domicilium Weyarn ist neuer Kulturpartner