Landwirtschaft und Tourismus – Heimat im Mittelpunkt
v.l.: Christian Kausch (TTT), Thomas Büttner (Bayerischen Landesverein für Heimatpflege), Manuel Bitschnau (Tourismus Montafon), Christian Köck (1. Bürgermeister Rottach-Egern), Michaela Kaniber (Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus), Anton Halbmayr (Parkhotel Egerner Höfe), Ines Wagner (TTT), Anton Maier (Bezirksalmbauer). Foto: © DER TEGERNSEE, Thomas Plettenberg
Etwa 150 Gastgeberbetriebe und weitere touristische Leistungspartner nutzten letzte Woche die Chance zum Austausch beim Tag des Tourismus. Unter dem Motto „Heimat“ begeisterte neben spannenden Impulsvorträgen die Rede der bayerischen Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus Michaela Kaniber. Dass Tourismus und Almwirtschaft einander bedingen und brauchen, stellte Bezirksalmbauer Anton Maier in einem Interview dar, bei dem er auch mit dem Mythos der Kuh als Klimakiller aufräumte.
Gut besucht war der Tag des Tourismus letzte Woche – kein Wunder, stand doch die Tourismusministerin Michaela Kaniber auf der Agenda. Diese hielt nach den Begrüßungsreden von Tourismuschef Christian Kausch, Bürgermeister Christian Köck und Anton Halbmayr, Direktor des Parkhotel Egerner Höfe und damit Hausherr der Veranstaltung, einen flammenden Vortrag. Man könne nur neidvoll auf das Tegernseer Tal schauen, so die Staatsministerin. Die Region sei „vom Herrgott geküsst“, aber „es ist auch harte Arbeit.“
Dabei würdigte sie neben der Arbeit der touristischen Leistungspartner besonders die Leistung der Landwirte, die das Tegernseer Tal überhaupt erst zu dem gemacht hätten, was es heute darstellt. Als „Wirtsdirndl“ aufgewachsen, sei sie von Kindesbeinen an mit dem Tourismus vertraut und wisse daher, dass Landwirtschaft und Tourismus wie ein Herz und eine Seele seien, dass das eine ohne das andere im Alpenraum nicht funktioniere.
Almbauer in 14. Generation
Damit sprach sie Anton Maier buchstäblich aus der Seele. Mit seiner Familie bewirtschaftet der Bezirksalmbauer bereits in 14. Generation den Hof „Zum Dersch“, die dazugehörenden Talweiden und zwei Bergalmen. Auf das Jahr 1550 geht der Hof zurück – ein großes Erbe, das schön sei, aber zugleich viel Verantwortung bedeute. Ihm war es während des Interviews wichtig, darauf hinzuweisen, dass die schönen Bergalmwiesen, auf denen im Sommer die Kühe idyllisch grasen und deren Anblick seit über 200 Jahren die Herzen der Sommerfrischler höherschlagen lassen, nichts Selbstverständliches sind.
Bergalmbauer Anton Maier im Interview: „Ohne Almwirtschaft kein Tourismus und ohne Tourismus keine Almwirtschaft“. Foto: Der Tegernsee, Thomas Plettenberg
„Das ist keine Naturlandschaft, sondern eine Kulturlandschaft“, erläuterte Anton Maier. „Die Vorfahren haben sie vor Jahrhunderten gerodet und die Bauern erhalten sie noch heute.“ Das sei vor allem schwere Arbeit und insbesondere der Tourismus profitiert davon: „Anderswo zahlen die Leute Eintritt, wenn sie einen Freizeitpark besuchen“, so der Bergalmbauer, „deshalb wünschen wir uns zumindest, dass es den Menschen bewusst ist, dass die Bauern mit den Kühen das Ganze erhalten“. Dafür bräuchten sie die Unterstützung aller Touristiker, beispielsweise indem die Unternehmen heimische Produkte wie Milch, Käse und Fleisch kaufen, ihren Gästen servieren und diese dafür sensibilisieren. „Wir brauchen auch bei banalen Themen die Wertschätzung, beispielsweise dass der Geruch von Gülle auch mal dazu gehört.“ Dass die Kuh keine Klimakillerin, sondern in dieser Art der Weidehaltung und Almbewirtschaftung sogar eine unschätzbare Klimaschützerin ist, war eine weitere wichtige Botschaft von ihm an die Gäste.
Lesetipp: Buch „Bauernlandschaft“ von Fotografin Cordula Flegel
Lebensqualität der Einheimischen wichtig
Die Verzahnung von Tourismus, Landwirtschaft und Heimat sowie ein allgemeiner Überblick, welche Einflüsse die Branche hierzu in Bayern und speziell im Tegernseer Tal bewegt, waren die Kernthemen des Abends. Bürgermeister Christian Köck lobte die gute Arbeit der Touristiker, denn Tourismus stelle den wichtigsten Wirtschaftsfaktor im Tegernseer Tal dar – von „Ferien auf dem Bauernhof“ bis 5-Sterne-Superior-Hotel. Dabei dürfe man jedoch die Lebensqualität der Einheimischen nicht aus den Augen verlieren.
Netzwerken beim Tag des Tourismus – hier am Stand der Naturkäserei TegernseerLand eG . Foto: Der Tegernsee, Thomas Plettenberg
Christian Kausch, Geschäftsführer der Tegernseer Tal Tourismus GmbH, verwies auf die erfolgreichen Projekte des vergangenen Jahres und die Vorreiterrolle der Tourismusregion, die auch überregional als Vorbild dient. Über die rege Teilnahme zeigte er sich höchst zufrieden: „Der direkte Austausch und die persönliche Begegnung sind für alle Seiten bereichernd.“ Eine Fülle an Tourismus fördernden Maßnahmen hatte der Tourismuschef vom Montafon, Manuel Bitschnau, im Gepäck. Den Abschluss der spannenden Impulsvorträge machte Thomas Büttner vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege. Sein Vortrag „Wie riecht Heimat?“ führte die Gäste über den Geruchs-, aber auch Hörsinn entlang der kulturgeschichtlichen Entwicklung der Urlaubsregion rings um den Tegernsee.
Wie schmeckt Heimat?
Davon, wie Heimat schmeckt, konnten sich die zahlreichen Gäste unter anderem an den Ständen der Naturkäserei TegernseerLand eG und Slake GmbH überzeugen. Geschäftsführerin Sophie Obermüller hatte das neue, molkehaltige Erfrischungsgetränk „Li-Muh“ dabei, das die Naturkäserei gemeinsam mit Anton Stetter von Slake GmbH/Lantenhammer entwickelte. Dazu gab es die neuen Craft Lemonaden von M.A.T.
Heimat schmeckte an diesem Abend nach Himbeeren, Salbei, Enzian, Rosmarin und Gurke. Heimat riecht außerdem zuweilen nach Gülle – und das ist gut so – und der Schall von Kuhglocken weht von den Bergalmen herab. Ein Paradies – „vom Herrgott geküsst“ – ganz so, wie die Staatsministerin es beim Tag des Tourismus proklamierte.