Apokalypserhetorik funktioniert nicht
Titel der ersten Ausgabe der tazFUTURZWEI – Ausschnitt. Foto: Ines Wagner
Neu auf dem Zeitungsmarkt – Empfehlung der Redaktion
Seit 2011 erzählt Sozialpsychologe Harald Welzer mit seiner Stiftung FuturZWEI Mutmachgeschichten für eine enkeltaugliche Zukunft. Heute erscheint als gelungene Kooperation die zweite Ausgabe des Magazins für Zukunft und Politik „tazFUTURZWEI“. KulturVision war beim Zukunftsworkshop in München dabei.
Das Erzählen von positiven „Mutmachgeschichten“ ist wichtig, weil die Apokalypserhetorik nicht funktioniert, erklärte Harald Welzer im Kreativquartier in der Dachauer Straße. Appelle auf der abstrakten Ebene, untermauert mit Tabellen, Zahlen und Diagrammen, funktionierten ebenso wenig wie das wiederholte Erzeugen dramatischer Bilder, wie das des Eisbären auf der sich verkleinernden Scholle.
Plakat von FuturZWEI beim Workshop. Foto: Ines Wagner
Schließlich waren sich der Soziologe und sein Team sicher: Das Erzählen positiver Mutmachgeschichten reicht nicht aus. „Was fehlt in der Nachhaltigkeits- und Transformationsdebatte?“, war die Frage, und die Antwort: „Der politische Aspekt.“ Einen Partner für die neugeborene Idee eines politischen Zukunftsmagazins fand FuturZWEI in der taz, konkret im langjährigen taz-Redakteur Peter Unfried. Die erste Ausgabe mit dem Titel „Alles könnte anders sein“ erschien nach nur wenigen Wochen Vorlaufzeit im März diesen Jahres.
Klicken oder Regeln brechen?
Harald Welzer schrieb darin über eine Gerechtigkeitsbewegung, die bereits 65 Millionen Menschen umfasst – die Flüchtlingsbewegung. Revolutionsexperte Srdja Popovic schilderte das Einmaleins einer Protestbewegung, Bildjournalistin Regina Schmeken berichtete über Revolution und Joschka Fischer sprach in einem Interview über Kriege. Was erfolgreicher Protest braucht, diskutierten Nina Los vom Peng!-Kollektiv und Felix Kolb von Campact. Soweit eine Auswahl der Beiträge.
Sozialpsychologe Harald Welzer bei Blattkritik und Zukunftsworkshop von FuturZWEI in München. Foto: Ines Wagner
„Alles könnte anders sein“ – war dann parallel zum Titel auch das Thema des Workshops, zu dem FuturZWEI – Stiftung Zukunftsfähigkeit etwa zwanzig junge Medienmacherinnen und Medienmacher eingeladen hatten, die neue Zeitschrift für Zukunft und Politik genauer unter die Lupe zu nehmen und mitzugestalten. Auch KulturVision war dabei.
Alles könnte anders sein – möglicherweise auch in der zweiten Ausgabe. Blattkritik, Ideen und Anregungen waren ausdrücklich erwünscht. Welche Rollen spielen die Medien für eine ökosoziale Transformation der Gesellschaft? Wie kann eine ökosoziale Transformation gelingen? Und welche Spielräume habe ich, sie zu gestalten? – waren die zentralen Themen.
taz-Redakteur Peter Unfried beim Zukunftsworkshop. Foto: Ines Wagner
Harald Welzer mit Josefa Kny, Raffaela Then und Lena Kaupmann wurden von taz-Reporter Peter Unfried unterstützt. Die erste Ausgabe wurde kritisch auseinandergenommen. Zu kontemplativ, wurde teilweise befunden, „aus dem intellektuellen Elfenturm“ heraus gestaltet, zu „weiß“, zu wenig emotional, zu wenig mutig obwohl sehr maskulin, waren einige Kritikpunkte, die von den jungen Medienschaffenden aus ihrer Sicht bemängelt wurden.
Themenfindung: Was gehört zu einer sozialökologischen Transformation?. Foto: Ines Wagner
Es gab hitzige Diskussionsrunden. Aus der Makro-, Meso und Mikroperspektive wurde das Transformationsthema intensiv beleuchtet und zusammengetragen, was unabdingbar zur sozialökologischen Veränderung der Gesellschaft gehört. Daraufhin wurden in kleinen Arbeitsgruppen die unterschiedlichsten Bereiche erörtert und Erstkonzepte für mögliche Beiträge in der Zeitschrift und auch im Onlinemagazin von FuturZWEI entwickelt.
Und nun die Umsetzung
Heute, am 12. September, erscheint die zweite Ausgabe des Magazins für Zukunft und Politik mit dem Titel „Wie weiter, Germans?“ Wir sind gespannt, was uns erwartet und welche Anregungen aus der Blattkritik und dem Zukunftsworkshop umgesetzt wurden.
Titelblatt 2. Ausgabe „Wie weiter, Germans?“. Bild: tazFUTURZWEI
Als KulturVision 2012 die Spurwechsel-Initiative gegründete, war FuturZWEI ein Vorbild dafür. Ein Interview mit Harald Welzer zierte das Titelblatt der 21. Ausgabe der KulturBegegnungen und Luise Tremmel von FuturZWEI sass 2014 auf dem Podium der Reithamer Gespräche.
Von FuturZWEI inspiriert zu eigenen Themen
KulturVision reichte es bald nicht mehr, im Landkreis Mutmachgeschichten zu erzählen und Menschen zu unterstützen, ihren Spurwechsel zu einem gelingenden Leben zu finden. 2016 hat der Verein sich entscheiden, selbst aktiv zu werden und den persönlichen Spurwechsel mit der Initiative Anders wachsen auf eine gesellschaftliche Ebene zu heben.