Die eifersüchtige Augenbraue
Benjamin Birkner und Shin Lee vom Team Theater Holzkirchen bei der Premiere von „Liebst Du mich (wirklich)? Oder wieviel Kafka verträgt Deine Beziehung?“. Foto: Veronika Reisig
Das Team-Theater Holzkirchen feiert seinen 25. Geburtstag mit einem Stück über die Liebe in Zeiten von WhatsApp.
Um es gleich mal vorweg zu nehmen: auch wenn die Kommunikationswege heute anders sind als noch vor hundert Jahren – so viel hat sich dann doch nicht verändert in unseren Beziehungsleben. Das könnte die Quintessenz von „Liebst Du mich (wirklich)? Oder wieviel Kafka verträgt Deine Beziehung?“ in der Regie von Simone Birkner sein.
Liebesbriefe versus WhatsApp-Chat
Warum Kafka? Nun: Er war es, der seiner Angebeteten Felice Bauer bis zu drei Liebesbriefe am Tag schrieb und am Ende die Verlobung mit ihr doch wieder löste. Vielleicht auch aus Angst, dass die Nähe, die er in den Briefen spürte, der Wirklichkeit nicht standhalten würde. So schlussfolgert der junge Mann – sehr gut gespielt von Benjamin Birkner – als er seiner neuen Flamme aus eben jenen Briefen zitiert. Die beiden haben sich klassisch über einen Chat getroffen und sind nun auf der Pool-Party seiner Eltern. Hier prallen sogleich einige Welten aufeinander, vom (noch harmlosen) Unterschied der Musikgeschmäcker über erfundene Liebhaber, die die eingefahrene Beziehung wieder in Schwung bringen sollen, bis hin zum inhaltsleeren und ätzenden Dialog eines Ehepaares, das permanent aneinander vorbei redet. Im echten Leben würden es die beiden Schauspieler Annemarie und Michael Schmirl bestimmt nie so weit kommen lassen…Und doch nehmen sie das Publikum hier absolut mit!
Annemarie Schmirl bei der Premiere von „Liebst Du mich (wirklich)? Oder wieviel Kafka verträgt Deine Beziehung?“. Foto: Veronika Reisig
Nach der Pause kommt dann ein anderer Autor ins Spiel: der Psychoanalytiker Ronald D. Laing. Aus seinem Buch „Liebst Du mich?“ hören wir immer wieder das gleiche Frage-Antwort-Spiel in unterschiedlichsten Szenen: im Kino – da ist alles noch in Ordnung, weil er sämtliche ihrer zum Teil absurden Fragen, zum Beispiel: „Welche meiner Augenbrauen findest du schöner?“ geduldig und genüsslich beantwortet. Anders sieht es aus, wenn sie den falschen Moment für einen Liebesbeweis wählt. Während des entscheidenden Spiels des VfB Stuttgart kommt selbst mit dem gemütlichen Schwäbisch von Helmut Hermann keine liebkosende Stimmung mehr auf. Gemein wird´s dann, wenn sie ihn anruft und er gerade mit seiner Geliebten verschwinden will. Denn da dreht sich der Spieß um: der Liebesbeweis geht in Wahrheit in Richtung junge Freundin.
Immer die gleiche Frage
Und auch unser junges Pärchen landet am Ende des Stücks bei – wie es im Programmheft heißt „der ewigen Textmühle des „liebst du mich?“. Aber das war den beiden Verliebten ja schon am Anfang klar: es geht immer um die gleiche Frage. Nur schade, dass es in den vom ganzen Ensemble sehr gut gespielten Dialogen immer die Frauen sind, die die Bestätigung suchen. Dabei wissen wir (Damen) doch alle, dass auch die Herren der Schöpfung von Zeit zu Zeit wissen wollen, woran sie bei uns sind. Ich mag übrigens beide deiner Augenbrauen gleich gern, mein Liebster. Denn sonst wäre die andere ja eifersüchtig…!