Ekaterina Zacharova hatte lange Respekt davor, den Tegernsee in seinem Wesen mit Pinsel und Farben einzufangen. Foto: IW

Ausstellung am Tegernsee

Nach ihren Städte-Serien von Havanna, Paris, New York und Hongkong hat Ekaterina Zacharova nun den Tegernsee ins Rampenlicht gerückt. Die Ausstellung „Tegernsee NaturSchauSpiel“ in der HypoVereinsbank Rottach-Egern zeigt Bilder eines Sehnsuchtsortes, der vor der Haustür liegt.

Die Gmunder Künstlerin Ekaterina Zacharova hat einen Tegernsee-Bilderzyklus geschaffen. Endlich, möchte man sagen. Von Havanna über Paris und New York bis Hongkong – das Lebensgefühl in den schillernden Metropolen auf der ganzen Welt hat sie bereits eingefangen. Hat Menschen beobachtet, wie sie miteinander im urbanen Raum interagieren oder mit ihrer Einsamkeit inmitten des Trubels umgehen und daraus Bilder erschaffen. Bilder vom Tegernsee hingegen sind in den zwanzig Jahren, in denen die in Moskau geborene Künstlerin am Nordufer desselben lebt, bisher nur vereinzelt entstanden.

„Frühlingsbrise, Café Aran“ – Leichtigkeit vorm gleißend hell reflektierenden Wasser des Sees. Repro: IW

Es sei ihr leichter gefallen, die fernen Metropolen in ihren unterschiedlichen Stimmungen zu porträtieren. „Möglicherweise fehlte mir die Entfernung zu den Motiven, zum Tegernsee als Ganzes. Havanna zu malen ist viel einfacher, da kennt sich niemand aus“, sagt sie augenzwinkernd, „hier am Tegernsee kann ich nicht schummeln.“ Wobei sie nie ein reales Setting abbildet. Vielmehr nimmt sie die echten Orte und „komponiert“ die Szenen dann, indem sie kleine Geschichten erzählt, mit denen sie ein „Lebensgefühl“ beschreibt. Ihre Stärke liegt neben den markanten, bewegten Pinselstrichen in der Beobachtungen und Verführung der Betrachtenden, in die Szenen hineinzutauchen und anhand von kleinen Indizien fündig zu werden oder sich selbst eine Geschichte auszudenken, beispielsweise: „Sprechen hier zwei Menschen zufällig nur kurz miteinander oder bahnt sich eine Liebesgeschichte an?“

Tegernsee und Chiemsee

Nun hat sie sich also endlich an den Tegernsee gewagt. Bei der 19. gmundart im Frühjahr waren bereits zwei Bilder aus dem neuen Bilderzyklus zu sehen. Jetzt hängt die komplette Serie in der HypoVereinsbank in Rottach-Egern. Bilder vom Chiemsee sind ab 27. Juli in Rosenheim zu sehen. Für die HypoVereinsbank wie auch für die Künstlerin ist das eine inspirierende Kooperation. Es ist bereits die siebte Ausstellung in den Räumen der Bank. „Die Ausstellungen bringen einen Rhythmus in mein Schaffen“, erläutert Ekaterina Zacharova zur Vernissage. 

Zwei zauberhafte Schönheiten

„Der Chiemsee und der Tegernsee waren nicht zufällig seit Jahrhunderten Pilgerorte für Künstler“, so die Malerin. Ersterer vereine die Gesamtbreite des alpinen Bergpanoramas zwischen Wendelstein und Hochstaufen und umfasse ganze Tagesabläufe zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in allen Facetten und Nuancen. Poetisch, rätselhaft leise und vornehm introvertiert sei der Chiemsee. Der Tegernsee wiederum konzentriert, „glockenrein“ in den Farben, formvollendet, ein selbstbewusster Ort der Kontraste. „Zwei zauberhafte Schönheiten, die nicht unterschiedlicher sein könnten“, findet Ekaterina Zacharova. Darum hat sie versucht, die beiden Seen jeweils als Ganzes zu porträtieren, „wie einen Menschen“ – und nicht etwa nur die Landschaft widerzuspiegeln.

Gemeinsam aber doch jeder für sich: „Mondänes Platzl, Hotel Überfahrt“. Repro: IW

Nun liegt der Tegernsee der Künstlerin seit zwanzig Jahren zu Füßen, wenn sie am Nordufer den Blick über seine Silhouette gleiten lässt – „ein Modell mit vielen Gesichtern“. Erst der Abstand durch die Reisen in der ganzen Welt hat sie nun das Projekt angehen lassen, „zugegeben mit mehr Zweifel, Bedenken und Bangen“ als bei ähnlichen Projekten. Die große Frage war: Wie lassen sich der Mythos vom ewig Schönen und dem Verführerischen verweben mit der Realität und dem Authentischen? Wie Genuss und Glorie mit dem Alltag der Menschen?

Ekaterina Zacharova: „Gelato“ (Ausschnitt) – einen heißen Sommertag am Ufer genießen die jungen Frauen. Repro: IW

Wasser in allen Schattierungen

Es ist ihr gelungen, indem sie die Schönheit des Sees in einer Sommerserie festgehalten hat, die das eindrucksvolle „Farbenfeuer“ des Tegernsees widerspiegelt. Der Vergleich mit einem Edelstein, einem Diamant, in dem sich das Licht bricht, kam ihr beim Studieren der Farben des Wassers, das in allen Schattierungen intensiv funkelt, oft in den Sinn: „Smaragdgrün und gold am Ufer, türkis in den Windböen, dunkelviolett im Schatten der Berge, emeraldgrün im Schatten der Buchten.“

„Frühling in Kaltenbrunn“ – ein liebevoller Blick auf Kinder – und auf die Tracht in Form vom Dirndl und Lederhose. Foto: Ekaterina Zacharova

Zugleich hat sie die Menschen eingefangen, die sich in den Sommerfarben des Sees zeigen. Im hellen Licht, im Schimmern des Wassers, im Gleißen der Sonne. Menschen, die sich entspannt dem Zauber des Tegernsees hingeben. An Orten, die zum Verweilen einladen und zum Genießen. Wenn ich den See seh‘, brauch ich kein Meer mehr – wie wahr wird dieser vielzitierte Satz in Ekaterina Zacharovas Bildern, die an unbeschwerte, lichte Sommertage am Meer eines Joaquín Sorolla erinnern. Und zugleich das unvergleichliche Grün feiern, dass die Landschaft rings um dem Tegernsee besonders satt im Frühsommer ziert. „Tegernsee NaturSchauSpiel“ ist pure Lebenslust. Wozu nach Paris, Havanna oder Hongkong reisen?

Bernd Stahuber und Toni Wiedemann begleiteten die Vernissage mit musikalisch-sommerlicher Leichtigkeit. Foto: IW

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