Wandern auf Wittelsbacher Spuren
Der Regen macht die Farben satt in Wildbad Kreuth. Foto: IW
Geschichtswanderung
Dass die Tegernseer Heimatführer wetterfest sind und auch so mancher Gast weder aus Zucker noch aus Pappe, zeigte sich zum beim verregneten Endspurt der Veranstaltungsreihe „Natürlich! Kreuth“ im Bergsteigerdorf im südlichen Landkreis. Heimatführer Toni Wackersberger und seine nicht minder wackeren Gäste wanderten in den Kreuther Bergen unverzagt im Dauerregen auf den Spuren der Wittelsbacher.
Statt der geplanten Wanderung zur Königsalm, die aufgrund der Witterung zu herausfordernd gewesen wäre, einigten sich Wanderführer und Gäste auf eine kleinere, aber nicht minder schöne Runde: zur Siebenhüttenalm. Vom Parkplatz Wildbad Kreuth ging es zunächst hinauf in die idyllische Ebene. Dort errichtete Abt Heinrich V. von Tegernsee 1511 das erste Badehaus und ließ die mineral- und schwefelhaltigen Quellen zur Heilung der Menschen nutzen. „Der Legende nach sah ein Jäger, wie eine erkrankte Hirschkuh nach dem Trank aus der Quelle genas“, so Toni Wackersberger. Als der Abt das erfuhr, dachte er sich: „Was für die Viecher gut ist, kann auch dem Mensch nicht schaden.“ Tatsächlich zeigten die Heilquellen ihre Wirkung bei Gicht, Rheumatismus und Leberleiden. Im Museum Tegernseer Tal, so der Heimatführer, ließe sich die Geschichte anhand unterschiedlicher Ausstellungsstücke gut nacherleben.
König Max I. Joseph erweiterte Wildbad Kreuth um den klassizistischen Gebäudekomplex, das „neue Bad“ und spätere Sanatorium. Foto: IW
Bis zur Säkularisation 1803 betrieb das Kloster Tegernsee Wildbad Kreuth als Heilbad. Der imposante Gebäudekomplex in Wittelsbacher-Gelb und heutiges Hauptgebäude wurde in Auftrag von König Max I. Joseph erbaut und 1820 eingeweiht. Dieser hatte das Kloster und zahlreiche dazugehörige Grundstücke und Gebäude nach der Säkularisation erworben. Wildbad Kreuth wurde unter seiner Ägide zum Weltbad, mit 216 Betten in 115 Zimmern und mit 70 Wannen. Es kamen derzeit die Monarchen aus ganz Europa zum Kuren nach Wildbad Kreuth, erläuterte Toni Wackersberger.
CSU Klausurtagungen und Musikfest Kreuth
Während des Dauerregens verweilte das kleine tapfere Grüppchen eine Weile im Schutz des Daches der Wandelhalle und lauschte den kompetenten Ausführungen über den geschichtsträchtigen Ort. Bis 1973 blieb Wildbad Kreuth ein Gesundheitsstandort, zuletzt als Sanatorium. Ab 1975 wurde der Ort berühmt wegen der Klausurtagungen der CSU und der Konzerte des Internationalen Musikfest am Tegernsee, das 1990 als Oleg Kagan Musikfest begründet wurde.
Regen und wilde Bäche in Kreuth. Foto: IW
Von Wildbad Kreuth aus führte Toni Wackersberger seine Gäste zum Quellendenkmal oberhalb des Einstiegs zum Kiem-Pauli-Weg. König Max I. Joseph erlebte die Errichtung des Denkmals zu seinen Ehren im Jahr 1825 nicht mehr. Am Geburtstag der Königinnenwitwe Karoline eingeweiht, würdigt es die sozialen Verdienste des ersten bayerischen Königs, der mit 150.000 Gulden eine Stiftung gegründet hatte, die es auch Armen und Mittellosen ermöglichte, in Wildbad Kreuth kostenlos zu kuren.
Zwischenstopp Siebenhütten
Im strömenden Regen ging es entlang des Kiem-Pauli-Weges weiter nach Siebenhütten, wo einst die Milch von der Königs- und Geißalm aufbereitet und die Molke zur Molkekur nach Wildbad transportiert wurde. Der Volksliedsammler Kiem Pauli, der in Wildbad Kreuth wohnte, kam oft zum Zitherspiel und der Geselligkeit wegen nach Siebenhütten. Heute ist der Ort bei Wanderern und Mountainbikern und besonders bei Familien als Ausflugsziel beliebt. Entlang der Hofbauernweißach führt ein kinderwagenfreundlicher Weg und Siebenhütten ist ein herrlicher Platz zum Picknicken und Brotzeitmachen. Derzeit befindet sich die neue Brotzeithütte noch im Umbau. Sie wird im Laufe des Juni wieder eröffnet.
Lässt sich vom Regen nicht verdrießen: Heimatführer Toni Wackersberger. Foto: IW
Die kleine tropfnasse, aber weiterhin unverdrossene Gruppe wanderte mit Heimatführer Toni Wackersberger weiter und genoss eine Einkehr bei der Herzoglichen Fischzucht. Der Ofen im Brotzeitstüberl war eingeheizt und frisch geräucherter Fisch und frisch gebackener Kuchen kamen als Stärkung auf den Tisch. Von der Fischzucht aus ließ sich noch ein letzter Blick hinauf auf das gelbe Gebäudeensemble von Wildbad Kreuth werfen. Im Königshaus lebte zehn Jahre lang Franz Joseph Strauß, ließ der Heimatführer noch vernehmen, und die Herzogliche Fischzucht versorge bereits seit 1850 die Gäste von Wildbad Kreuth ganzjährig mit frischem und geräuchertem Fisch. Wissenswertes gab es auch über die älteste Leonhardifahrt Bayerns in Kreuth und die Leonhardskirche, deren Grundmauern von 1184 stammen.
Lesetipp: Die Tegernseer Heimatführer in der 41. Ausgabe der KulturBegegnungen, S. 20
Trotzen dem Regen – die Gäste von Toni Wackersbergers Führung. Name: IW
Durchnässt, aber zufrieden, beendete die kleine Gruppe mit Toni Wackersberger die Wanderung wieder am Wanderparkplatz Wildbad Kreuth. Die Wanderung zur Königsalm ist nur aufgeschoben und nicht aufgehoben, waren sich alle einig. Spannend klingt auch die Aussicht auf eine der von Toni Wackersberg geführten Steinadlerwanderungen. Die familienfreundliche Reihe „Natürlich! Kreuth“ findet jedes Jahr in den Pfingstferien statt und bietet unterschiedlichste Naturerlebnisse rings um das Bergsteigerdorf Kreuth. Außerdem gibt es den ganzen Sommer über ein abwechslungsreiches Programm an Aktivveranstaltungen in Kreuth – von Eselwandern bis Schaukäsen.
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