Das Tegernseer Stadtwappen überm Eingangsportal des Rathauses

Auf den Spuren des Tegernseer Klosterwappens

Seelaub und Kronen – Tegernsees Stadtwappen überm Eingangsportal des Rathauses. Foto: Dr. Ingvild Richardsen

Tegernseer LiteraTouren

Das Doppelseelaub ist das älteste heraldische Zeichen der ehemals weltberühmten Benediktinerabtei. Das Stadtwappen Tegernsees entstand aus dem ehemaligen Klosterwappen. Heute führt ein literarischer Spaziergang zur Wappengeschichte quer durch die Stadt Tegernsee.

Anhand von Wappen lässt sich eine spannende Reise in die Vergangenheit unternehmen – sie erzählen Geschichte und Geschichten. Der literarische Klosterwappen-Spaziergang unternimmt einen Ausflug in die Welt der Heraldik und mittelalterlichen Pflanzensymbolik. Schließlich schlägt er einen Bogen in die Gegenwart, wo das Doppelseelaub noch immer ein identitätsstiftendes Symbol der Region darstellt – und in den Stadt- und Gemeindewappen aller fünf Orte rings um den Tegernsee nicht fehlt. 

Klosterwappen-Spaziergang
Einfach den QR-Code auf dem Startschild der Tour scannen und die Tour mit dem Audioguide gehen. Foto: Ines Wagner

Seelaub und Kronen

Idyllischer geht’s kaum: Direkt am Seeufer steht malerisch und prächtig das historische Rathaus Tegernsee. Das Stadtwappen prangt gut sichtbar über dem Eingangsportal. Es wurde der Stadt Tegernsee im Jahr 1886 – dem Jahr, in dem auch der Umbau zum Rathaus erfolgte – von Prinzregent Luitpold verliehen. Das nächste Doppelseelaub und die drei Kronen befinden sich vor der gegenüberliegenden Sparkasse, wo sie als modernes Bodenmosaik im gepflasterten Vorplatz erscheinen und einen kleinen Exkurs in die zeitgenössischen Interpretationen der Symbole erlauben.

Seelaub und Kronen als Mosaik
Seelaub und Kronen als zeitgenössisches Mosaik. Foto: Dr. Ingvild Richardsen

Bedeutung und Wandlung der Symbolik

Folgt man der Seepromenade weiter in südlicher Richtung, gelangt man zur ehemaligen Klosterkirche, heutige Pfarrkirche St. Quirinus, und ihrer über 1.000-jährigen Klostergeschichte. Dort trifft man das ursprüngliche Klosterwappen gleich an mehreren Stellen. Die bedeutendste ist das Grabmal der Klostergründer Adalbert und Otkar im Altarraum, deren sterbliche Überreste in einem Sarkophag unter dem Altar liegen. Hier sind die beiden Wappen – das Doppelseelaub und die drei Kronen – noch getrennt dargestellt. Sie wurden erst unter Abt Quirin Regler im 15. Jahrhundert vereinigt.

Wie wurde das Seelaub zum Klosterwappen?

Unweit der Kirche befindet sich innerhalb des ehemaligen Klosterkomplex und heutigen Tegernseer Schlosses das Gymnasium Tegernsee. Hier schmückt das Wappen unter anderem die reich verzierte Holztür zum ehemaligen Psallierchor, die unter Abt Petrus Gutrather im 18. Jahrhundert gefertigt wurde. An dieser Station erfährt man, dass von der Lage am See über das „Kudrunlied“ bis hin zur mittelalterlichen Pflanzensymbolik unterschiedliche Ansätze denkbar sind. Nur noch wenig bekannt ist, dass Seerosenblätter in der antiken und mittelalterlichen Heilkunde nicht nur als Heilmittel, sondern auch als Antiaphrodisiakum eingesetzt wurden. Ein Umstand, der als Symbol der Keuschheit benediktinischer Gelöbnisse eine wichtige Rolle gespielt haben könnte.

Quer durch die Stadt Tegernsee

Neben dem Gymnasium steht das Haus der früheren Tegernseer Hoffischerei, in dem sich heute die Fischerei Tegernsee befindet. Über dem Eingang sieht man das älteste Wappen der Benediktinerabtei Tegernsee, das Seelaubsymbol mit den beiden in sich verschlungenen Seeblättern.

Klosterrichterhaus Tegernsee
Die Darstellung des Seelaubwappens auf dem Klosterrichterhaus in Tegernsee. Foto: Der Tegernsee, Sabine Ziegler-Musiol

Die Außenwand des früheren Klosterrichterhaus, dessen Ersterwähnung 1445 erfolgte, ziert ein Fresko, das eine historische Abbildung des Klosterrichters mit dem vierfach unterteilten Klosterwappen zeigt. Von hier ist es nicht weit über die Bahnhofstraße in den Carl-Miller-Weg, wo an einem schmiedeeisernen Treppengeländer jeweils ein Wappenschild prangt, das die beiden Elemente des Tegernseer Kloster- und späteren Stadtwappens vereint.

Zu den imposantesten historischen Gebäuden der Rosenstraße zählt das Stroh am Alpbach, ein pittoreskes, reich verziertes Märchenhaus unter Denkmalschutz. Im Kern erbaut wurde es 1767. Wer nach dem Wappen Ausschau hält, findet es auf einer weißen Scheibe an der Hauswand.

Wappen im Wandel der Zeit

Weiter geht’s vorbei am Kalterer Platz und seinem Maibaum. Weiter zum Tegernseer Hof und dem Ludwig-Thoma-Saal, Sitz des traditionsreichen Tegernseer Volkstheaters und durch den schmiedeeisernen Bogen, der das Tor zur Rosenstraße markiert, zur malerischen Seeanlage Länd. Wer die Augen offenhält, sieht das Klosterwappen noch mehrfach auf unterschiedlichste Weise umgesetzt. Und erfährt Wissenswertes zum Wandel des Wappens im Laufe der Zeit, zu den historischen Orten, ihren Erbauern sowie dem geschichtlichen Kontext.

Lesetipp: LiteraTouren zwischen See und Bergkulisse

Die Tegernseer LiteraTouren lassen sich eigenständig von zwölf Startpunkten im Tegernseer Tal aus gehen. Einfach den QR-Code auf dem jeweiligen Startschild scannen. Mit dem digitalen Wegbegleiter lassen sich die ausführlichen Texte unterwegs nachlesen oder anhören. 

Alle Informationen zu den zwölf Tegernseer LiteraTouren finden Sie auch auf der Webseite des Projektes TELITO. Auf dem Literaturportal Bayern können Sie den ausführlichen Spaziergang „Klosterwappen“ nachlesen. Entwickelt wurde er von der Münchener Literaturwissenschaftlerin Dr. Ingvild Richardsen.

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