Tegernseer Sagen – erzählt an acht Stationen
Das ehemalige Benediktinerkloster Tegernsee prägt die Geschichte der Region. Foto: Der Tegernsee, Dietmar Denger
Tegernseer LiteraTouren
Seit der Gründung des Benediktinerklosters im Mittelalter ranken sich zahlreiche Sagen und Legenden rund um den ältesten, urkundlich erwähnten Ort am Tegernsee. Auf dieser familienfreundlichen LiteraTour lernt man diesen reichen Sagenschatz kennen: vom bekanntesten lateinischen Drama des Mittelalters, dem „Ludus de Antichristo“, über die Sage vom „Fisch mit dem goldenen Ring“ bis hin zu den Legenden um die Entstehung des Riedersteinkirchleins.
Der Spaziergang beginnt am Bahnhof Tegernsee und führt zunächst zum heutigen Hotel Der Westerhof, dem einst größten Klosterhof des Tegernseer Tals. Eine Legende besagt, dass dort im 12. Jahrhundert das bekannteste Drama des Mittelalters, der „Ludus de Antichristo“, vor Kaiser Friedrich I. Barbarossa uraufgeführt wurde. Einer Erzählung des Kunsthistorikers Franz Kugler (1808-1858) zufolge war es der Klosterbruder Wernher von Tegernsee, der das Stück schrieb und dort aufführen ließ. Ein Fliesenkunstwerk am Nebengebäude erzählt davon.
Sage aus dem Dreißigjährigen Krieg
Der Lieberhof stand schon während des Dreißigjährigen Krieges – heute genießen Gäste die Aussicht und erstklassige Küche. Foto: Der Tegernsee, Sabine Ziegler-Musiol
Vom Westerhof geht es zum nahegelegenen Lieberhof, wo die überlieferte Sage „Der tapfere Bub vom Lieberhof“ erzählt wird. Sie handelt im Dreißigjährigen Krieg von der mutigen Rettung der Lieberhoffamilie vor den mordenden schwedischen Truppen Gustav Adolfs. Heute kann man hier hervorragend essen und die Panoramaaussicht genießen, bevor man den Weg wieder hinab in den Ort geht.
Weiter über die idyllische Rosenstraße mit ihren pittoresken Häusern geht es, dann zur Länd und entlang des Seeufers zum ehemaligen Benediktinerkloster Tegernsee, dem heutigen Tegernseer Schloss. Dort wird die Sage „Der fromme Abt vom Tegernsee“ anhand einer Geschichte des bayerischen Schriftstellers Heinrich Noë vorgestellt, die von einem der gottesfürchtigsten Tegernseer Mönche handelt.
Tegernseer Sagenspaziergang – See und Geister
Vom einstigen Kloster sind es nur wenige Schritte bis zur ehemaligen Hoffischerei und der Sage vom „Fisch mit dem goldenen Ring“. Ihr zufolge soll es zwischen dem Tegernsee und dem Schliersee auf der anderen Seite der Berge eine unterirdische Verbindung geben. In der Fischerei Tegernsee kann man heute nicht nur fangfrische oder frisch geräucherte Fische kaufen, sondern auch gleich vor Ort probieren – am besten zu einem Wein der ehemaligen Tegernseer Lesehöfe, die sich seit dem Mittelalter im Tirol und in der Wachau befinden.
Zwei Tuffsteinkreuze – in Rottach-Egern und auf der gegenüberliegenden Seite am Hoffischereiweg in Tegernsee – erinnern an ein tragisches Unglück. Foto: Der Tegernsee, Sabine Ziegler-Musiol
Weiter am See entlang gelangt man zum Hoffischereiweg und zu einem Steinkreuz, das von der Geschichte vom „Unglücklichen Hochzeitschiff“ handelt. Ein Gegenstück dazu steht auf der anderen Seite der Bucht. Beide Kreuze erinnern an eine Tragödie im Jahr 1544, bei der eine gesamte Hochzeitsgesellschaft in den Fluten des Tegernsees ertrank. Sie markieren den „Tanzplatz der Windsbraut“, jenen Ort, wo immer wieder todbringende Böen einfallen und der See Opfer fordert.
Der Seestraße weiter folgend, biegt man schließlich rechts in den Überfahrtweg, um zur Tegernseer Point zu gelangen, einer naturbelassenen Freizeitanlage mit Sandstrand. Hier bietet sich ein großartiger Blick über die Egerner Bucht, an deren Ende der Wallberg thront. Wo seit über 500 Jahren die Ruderfähre des Überfahrers die beiden Ufer an der engsten Stelle des Sees miteinander verbindet, ist die „Sage vom Rockadirl“ verortet. Von ihr berichtete Sagensammler Friedrich Panzer (1794-1854).
Tegernseer Klosterschatz
Von der Point aus geht es nun am Kleinen Paraplui, einem hölzernen Aussichtspavillon, vorbei und hinauf zum Leeberghof, der 1860 am steilen Ostufer des Tegernsees erbaut wurde. Wer hier die Aussicht genießt, hat ausreichend Zeit und Muße, die zwei unterschiedliche Sagen zur Entstehung des Riedersteinkirchleins kennenzulernen.
Zwei Sagen ranken sich um die Entstehung der Riedersteinkirche. Foto: Der Tegernsee, Sebatian Ulmer
Die Erbauung der kleinen neugotische Kapelle auf der spitzen Felsnadel oberhalb der Galaun geht aufs Jahr 1841/42 zurück. Ein Kreuzweg führt mit 14 Stationen hinauf. Wer gut zu Fuß ist, kann den Abstecher zum Riederstein in den literarischen Spaziergang integrieren. Er dauert etwa zwei Stunden und führt teils über steile Wege und Stufen durch den Wald und zurück.
Das große Paraplui. Foto: Der Tegernsee, Dietmar Denger
Die letzte Station dieser LiteraTour ist das wenige hundert Meter vom Leeberghof entfernte Große Paraplui am Leeberg, wo einer Legende nach der Klosterschatz der Tegernseer Mönche vergraben sein soll. Der Holzpavillon bietet eine großartige Aussicht auf den Tegernsee und erinnert mit einem Gedenkstein an das „Dreikönigstreffen“ vom 8. Oktober 1822 zwischen König Max I. Joseph von Bayern, Franz I. Kaiser von Österreich und Alexander I. Kaiser von Russland. Zurück nach Tegernsee gelangt man über einen Waldlehrpfad.
Lesetipp: Auf den literarischen Spuren Gmunder Orinigale
Die Tegernseer LiteraTouren lassen sich eigenständig von zwölf Startpunkten im Tegernseer Tal aus gehen. Einfach den QR-Code auf dem jeweiligen Startschild scannen und dem digitalen Wegbegleiter folgen.