Lieb und Leid und Zitherspiel
Cilli (Anja Rajch) und Babtist, der Musikant vom Tegernsee (Manuel Kuthan) verlieben sich über beide Ohren. Foto: Ines Wagner
Premiere am Volkstheater Tegernsee
Musikalisches Theater? Und wie! Mit „Der Musikant vom Tegernsee“ hat Andreas Kern historischen Stoff inszeniert und gestern unter großem Applaus am Tegernseer Volkstheater im Rahmen der Tegernseer Woche uraufgeführt.
Die Geschichte nach einem Roman von Maximilian Schmidt aus dem Jahr 1910 geisterte Andreas Kern drei Jahre im Kopf herum. Um den Stoff umzusetzen, fehlte ihm ein musizierender Schauspieler oder ein schauspielernder Musikant. Den hat er schließlich gefunden, mit Allroundkünstler und Zitherspieler Manuel Kuthan. Die Zuschauer im vollbesetzten Volkstheater kamen gestern voll auf ihre Kosten. Es wurde mitgelacht, mitgezittert, gehofft, gebangt, gefreut. Am liebsten vielleicht sogar gleich noch mitgesungen. Die Rolle war Manuel Kuthan als Babtist, dem „Musikant vom Tegernsee“ quasi auf den Leib geschnitten. Und nicht nur ihm, denn Andreas Kern kennt sein Ensemble gut. Neu hinzugekommen ist Oliver Männer in der Rolle des Jägers. Ein guter Griff, diese beiden männlichen Hauptrollen, Freunde von frühester Jugend und plötzlich Rivalen in einer amourösen Dreiecksverwicklung, hoch droben auf der Gindlalm.
Mogst a Schnapserl?
Da geraten nicht nur die Kühe im Streit aneinander, und begeistern den königlichen Geomant Schreiber im „Stierkampf“. Es prallen Stadt und Land aufeinander und das gibt die herrlichsten Sprachverwicklungen. Denn schon damals sprach in Minga kaum einer noch Bairisch. Aber dem Geomant aus der Stadt schmeckt der Enzianschnaps recht gut und dann findet man schnell zu einem für alle verständlichen Idiom. Auch wenn der feine Herr bald einsehen muss, dass die richtigen Bergschuhe längst noch nicht die „unterentwickelte Physis“ wett machen.
Franzl (Oliver Männer, l.) überredet seinen Jugendfreund Babtist (Manuel Kuthan), Cilli das Zitherspiel beizubringen. Foto: Ines Wagner
Droben auf der Gindlalm gesteht der Jäger Franzl seinen Jugendfreund Babtist, dass er die schöne Sennerin Celli begehrt und sich, so glaubt er, berechtigte Hoffnungen macht. Babtist soll nun dem hübschen Dirndl das Zitherspiel beibringen. Das ist nur eine der Maßnahmen, die der Jäger sich ausgedacht hat, um Celli auf die rechte Spur zu bringen. Sprich, eine vornehme Dame aus ihr zu machen, weil er selbst nach der großen Forstkarriere strebt. Maßnahme zwei besteht in Persona aus Mamsell Urschel, die bereits in einem feinen Forthaus als Haushälterin gewaltet hat und manierlich französisch parliert.
Jede Rolle auf den Leib geschrieben
Beides geht natürlich kräftig in die Hose, denn Celli und Babtist verlieben sich und Mamsell Urschel versucht, sich den Jäger selbst einzuverleiben. Was spaßig klingt, ist durchaus auch ernst. Und die Zuschauer gehen mit den Schauspielern durch alle Höhen und Tiefen der Gefühlspalette. Anja Rajch spielt die Celli warmherzig und lebendig, während Christina Kern gleich in zwei ausdrucksstarken Rollen ihr Können unter Beweis stellt: als deftige Magd Kathi und französelnde Mamsel Urschel. Hanno Sollacher spielt den wildernden, schnapselnden Vater Cellis. Felix Holzapfel hat alle Herzen und Sympathien auf seiner Seite als fröhlich-trauriger, buckliger Pechvogel Hans. Und Barbara Kutzer, in der Rolle der Mutter von Babtist, legt mit Peter Fritsch als Herr Geomant Schreiber ein gemeinsames Tänzchen auf der Bühne hin, zu Ehren des Brautpaares. Doch die Hochzeit soll platzen! Und das bringt dann wirklich alles durcheinander. Und drunten im Tal, da verzählt man sich…. Aber, ja, der verzählt man sich viel, wenn der Tag lang ist.
Anja Rajch, Oliver Männer, Manuel Kuthan, Felix Holzapfel, Peter Fritsch (v.l.). Foto: Ines Wagner
Andreas Kern und seinem Ensemble ist ein wunderbares Stück gelungen, in dem sich Freud und Leid ablösen und lustige mit tragischen Momenten. Manuel Kuthans Zitherspiel wird von Felix Holzapfels Gitarre begleitet, es wird fröhlich gesungen und Enzianschnaps getrunken, als verzweifeltes Drohmittel die Flinte angesetzt, auch Fäuste fliegen. Alles ist drin. Und alles im richtigen Maß. Ja und natürlich, weil die Rollen eben tatsächlich maßgeschneidert sind auf das Volkstheater-Ensemble. Zum Schluß gab es, und das ist schon legendär zu den Uraufführungen, Tegernseer Helles und Leberkässemmeln.