Künstliche Intelligenz begreifen
Künstliche Intelligenz zum Anfassen in der Realschule Gmund. Foto: Karin Sommer
Wissenschaftstage im Tegernseer Tal
Die diesjährigen Wissenschaftstage Tegernsee folgten dem Motto des Wissenschaftsjahres 2019 und befassten sich mit „Künstlicher Intelligenz“. Mit einem breitgefächerten Angebot an unterschiedlichen Veranstaltungsorten lockte das hochaktuelle Thema und traf auf reges Interesse in der Bevölkerung.
Bereits zum 18. Mal fanden die Wissenschaftstage Tegernsee heuer statt und schlugen wiederum erfolgreich eine Brücke zwischen Wissenschaft und Bevölkerung. Den Einstieg machten am Freitag Vorträge im Bräustüberl in Tegernsee, die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz auf Verkehr, Mobilität und Arbeitswelt beleuchteten.
Am Samstag ging es interaktiv weiter. In der Realschule Gmund hauchten Schüler von 9 bis 12 Jahren einem Lego-Roboter Leben ein, programmierten ein Miniklavier und einen Kekstresor. Auch ältere Semester durften sich dem Thema „künstliche Intelligenz“, kurz „KI“, auf spielerische Art nähern.
Nachhaltiger 3 D-Druck
Auf einem Laptop ging es darum, echte Fotos von Personen von denen zu unterscheiden, die von künstlicher Intelligenz hergestellt worden waren – ein beinah unmögliches Unterfangen. Das Highlight der ausgestellten Objekte war jedoch ohne Zweifel Yoda, der Jedi-Meister aus Star Wars, der Schicht für Schicht von einem 3 D-Drucker fertiggestellt wurde. Die Basis für die verwendete Masse ist Maisstärke, die natürlich nicht nur Yodas drucken kann, sondern auch für die Herstellung von Gehäusen für Messgeräte, Molekular-Modelle und Ähnliches verwendet werden kann.
Yedi-Meister Yoda wird aus Maisstärke gedruckt. Foto: Karin Sommer
Die Wissenschaftstage Tegernsee agieren bewusst lokal, in kleinem Format, um einen echten Dialog zwischen Wissenschaft und Bevölkerung zu ermöglichen. In der Realschule gelang das durch Alexander Kutscherer, MINT-Manager des Landkreises Miesbach. Sein Ziel ist es, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik mehr in den Vordergrund zu rücken und besonders Mädchen den Weg in einen technischen Beruf zu ebnen. Mit einer mobilen Forschungswerkstatt arbeitet er mit örtlichen Schulen zusammen, um Bewusstsein für diese Themen zu schaffen.
Künstliche Intelligenz vs. natürliche Dummheit
Am Abend ging das Programm mit dem Science Slam im Hotel zur Post in Bad Wiessee weiter. Moderator Jaromir Konecny, selbst Wissenschaftler, Autor und Slammer, stellte das Thema des Abends vor, erinnerte daran, dass „Künstliche Intelligenz nicht so viel Schaden anrichte wie natürliche Dummheit“ und präsentierte die aus ganz Deutschland angereisten Referenten.
Im ersten Beitrag warf Jannik Kossen von der Universität Heidelberg ein Licht auf die Präsentation von Künstlicher Intelligenz in den Medien und nahm es dem Publikum nicht ab, selbst Verantwortung zu übernehmen und sich über das Thema zu informieren.
Steffen Schneider berichtet über den wissenschaftlichen Stand des maschinellen Lernens. Foto: Patrick Mautry
Warum es ein unlösbares Problem ist, 100 Hochzeitsgäste so auf den Tischen zu platzieren, dass alle zufrieden sind, erklärte Elena Natterer von der TU München. Anhand der geläufigen Alltagssituation erklärte sie ein Prinzip der Mathematik, das unlösbare Probleme auf kleinere Probleme reduziert, die lösbar sind. Dieses Prinzip werde bei Bildanalysen, Kriminalitätsanalysen und Empfehlungssystemen benutzt. Nachdem das Publikum jetzt schon eingestimmt war, machte sich Johannes von Stetten von der TU München daran, das Gradienten-Abstiegsverfahren zu erklären. Mit grafischen Darstellung brachte er dem Publikum den Unterschied zwischen einer relativ einfach zu erstellenden Geraden im Gegensatz zur Erstellung von künstlichen neuronalen Netzen näher, bei dem Millionen von Zahlen im Spiel sind.
Lesetipp: Rettet Humus unser Klima? – Tegernseer Wissenschaftstage 2018
Maschinen, die durch Erfahrung lernen
Mit einem Blick unter den Tortenguss, wie Steffen Schneider von der Universität Tübingen seinen Vortrag nannte, beleuchtete der Student eine Teildisziplin der Künstlichen Intelligenz, das maschinelle Lernen. Während Maschinen früher nur durch regelbasierte Programme lernten, lernen sie heute bereits auch durch Erfahrung. Genau wie der Mensch ist dieses sogenannte unbeobachtete Lernen, das auf Beobachten und Interaktion basiert, zielführender als das verstärkende und überwachte Lernen, das zu Beginn der Künstlichen Intelligenz eingesetzt wurde und heute nur noch einen kleinen Teil des maschinellen Lernens ausmacht.
Dass die Wissenschaftstage Tegernsee mit ihrem diesjährigen Programm ins Schwarze getroffen haben, zeigte sich an der regen Teilnahme der Bevölkerung und den Diskussionen, die nach den Veranstaltungen stattfanden. Das Sonntagsprogramm, das Perspektiven und Herausforderungen der KI beleuchtete und auf Schloss Ringberg stattfand, war schon seit längerer Zeit ausgebucht.