Tegernseer Woche: Ein Kunstwerk eigener Art
Birgit Halmbacher mit Skulptur von TOBEL. Foto: Petra Kurbjuhn
Die Tegernseer Woche wird 50
Vor 50 Jahren rief Franz Josef Pütz die Tegernseer Woche ins Leben und führte sie 38 Jahre lang. Seit 12 Jahren ist die Kulturbeauftragte der Stadt Tegernsee Birgit Halmbacher zuständig und führt sein Erbe fort, Brauchtum und Kultur der Vergangenheit und Gegenwart zu verknüpfen.
„Ich bin ein leidenschaftlicher Heimatkundler und Lehrer“, erklärt Franz Josef Pütz, in dessen Wohnung in Tegernsee sich Bücher, Dokumente und Bilder stapeln. All sein Wissen um die geheimnisvolle Geschichte Tegernsees habe er nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen vermitteln wollen, sagt der langjährige Kulturreferent der Stadt Tegernsee. So fand 1973 die erste Tegernseer Woche mit 4.689 Besuchern, 19 Veranstaltungen und über 400 Mitwirkenden statt. In enger Zusammenarbeit mit Rupert Berlinger, Inge Leidgschwendner und Dr. Sixtus Lampl nutzte Franz Josef Pütz seine zahlreichen Kontakte, um ein abwechslungsreiches Programm zu gestalten und gewann damit über die Jahre hinweg ein treues Stammpublikum.
Franz Josef Pütz, Datum unbekannt. Foto: privat
Nach seinen Lieblingsveranstaltungen befragt, sagt er: „Das Schlossfest war meine Leidenschaft.“ Fünf Gruppen in fünf Räumen im Gymnasium Tegernsee, wozu sogar der Fahrradkeller zu einem Jazzkeller umgebaut wurde, das war ein Highlight und immer sofort ausverkauft. Aber auch für die Volksmusikabende unter der Ägide von Karl Edelmann senior und für die Lesungen im Ludwig-Thoma-Haus auf der Tuften war es schwer, Karten zu ergattern. „Von meinen Lesungen der Tegernseer G’schichten zehre ich heute noch“, sagt Franz Josef Pütz, der den Vorverkauf zu einer eigenen Veranstaltung machte. Mit Akkordeon, Brezn und Bier erfreute er die Menschen, die sich schon frühmorgens lange vor Öffnung der Tourist-Information am Haus des Gastes anstellten.
Franz Josef Pütz, Karikatur von Hans Reiser
Zur 40. Tegernseer Woche schrieb Heimatforscher Beni Eisenburg, der von Anfang an dabei war: „Die Idee und das Produkt dazu haben sich jetzt vier Jahrzehnte bewährt“, und er schließt mit der Hoffnung, dass die Besucher, die aus ganz Bayern und darüber hinaus kommen, sich auch in Zukunft von Herzen erfreuen. Anlässlich 30 Jahre Tegernseer Woche schrieb der damalige Bürgermeister Peter Janssen über Franz Josef Pütz: „Seine Tätigkeit ist ein Kunstwerk eigener Art.“ Dies wurde 2004 mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gewürdigt.
Geschichte und Aktuelles bei Tegernseer Woche
Seine Nachfolgerin Birgit Halmbacher führt das Anliegen der Tegernseer Woche seit zwölf Jahren fort: „Wir wollen zeigen, was kulturell in der Region geboten wird und den Bezug der Geschichte herstellen, aber auch aktuelle Versionen einbringen.“ Sie wolle immer wieder die geschichtlichen Verbindungen suchen und ausloten, wie man diese aktuell weiterspinnen könne.
Die Volkskundlerin kam vor 20 Jahren aus dem Salzkammergut nach Bayern, fühlt sich der Volksmusik sehr verbunden, ist aber auch in allen anderen Genres daheim. Seit 2017 ist sie Vorsitzende des Altertums-Gauvereins Tegernsee, der das Museum Tegernseer Tal führt. So gibt es auch immer wieder Themen aus dem Museum für die Tegernseer Woche aufzubereiten. Aber sie sucht für die Gestaltung auch Kontakt zum Kantor Sebastian Schober mit seinen Chören, dem Tegernseer Liederkranz und anderen. Wichtig ist Birgit Halmbacher mit der nächsten Generation die Tegernseer Woche zukunftsfähig zu machen und so bindet sie sowohl das Podium für junge Solisten als auch die Musikschule, die in diesem Jahr ebenfalls 50 Jahre alt wird, in das Programm mit ein.
Roland Götz ist traditionell bei der Tegernseer Woche dabei. Foto: privat
Orgelmuseumsgründer Dr. Sixtus Lampl – ein Wegbegleiter über alle fünf Jahrzehnte – wird in der Allerheiligenkirche Warngau eine musikalische Kirchenführung anbieten und Kirchenhistoriker Dr. Roland Götz und Pfarrer Martin Weber eine ökumenische Kirchenführung in der Katholischen Pfarrkirche Tegernsee und der evangelischen Auferstehungskirche in Rottach-Egern.
Darbietungen auf zwei Schiffen
Dass es das Schlossfest nicht mehr gibt, bedauert sie ebenso wie viele Besucher. „Aber wir haben dieses Jahr als Ausgleich zwei Schiffe mit unterschiedlichen Darbietungen gemietet“, kündigt sie an und verrät zudem: „Wir dürfen auch wieder für eine Lesung in das Thoma-Haus, das war immer ein Publikumsmagnet.“ Trotz Pandemie gab es auch 2021 eine abgespeckte Version der Tegernseer Woche, wozu der Außenbereich genutzt wurde. „Da haben wir ein anderes Publikum erreicht“, freut sich die Organisatorin und auch darüber, dass Neues gern akzeptiert wird.
Als besonders attraktives Angebot gilt die Schlossführung durch I.K.H. Herzogin Elizabeth. „Sie ist reizend und freut sich über die Gäste“, sagt Birgit Halmbacher.
Eva Knevels und Bürgermeister Johannes Hagn bei der Tegernseer Kunstausstellung 2022. Foto: MZ
Traditionell wird die Tegernseer Woche durch die Tegernseer Kunstausstellung eröffnet, kuratiert von Eva Knevels. Neu dabei ist, und hier konnte Birgit Halmbacher ihre eigene Idee einbringen, die Einbeziehung des Außenbereichs. „Seit drei Jahren steht jetzt die Skulptur von TOBEL am Rathaus“, freut sie sich, dass die Stadt jährlich ein Kunstwerk ankauft. So schafft es die Tegernseer Woche auch nach 50 Jahren immer wieder neu, Kunst und Kultur in Geschichte und Gegenwart publikumswirksam darzubieten.
Dieser Text erschien in der 39. Ausgabe der KulturBegegnungen, auf Seite 6.