„Theater“: Aufschnittplatte zur Leseprobe
„Theater muss lustig sein!“ Dorfwirt Wallner kann sich mit seinem Vorschlag diesmal nicht durchsetzen. Foto: VC
Theater-Premiere in Holzkirchen
Ins Theater zu gehen, um ein Stück zu sehen, in dem eine Theatergruppe ein Theaterstück einübt, das dann im Theater-Theater zur Aufführung kommt – das ist schon eine charmant-tricky Konstruktion, die das Holzkirchner Ensemble TeamTheater am vergangenen Freitagabend im Fools auf die Bühne gehievt hat.
Der Inhalt dieser raffinierten Komödie, geschrieben vom Münchner Rechtsanwalt Peter Landstorfer, der ja in schöner regelmäßigkeit Bühnenstücke raushaut, ist fix erzählt: Dorfwirt Simon Wallner (Max Arbeiter) hat als Regisseur und Vorsitzender der örtlichen Laienspielgruppe das Bühnenstück für die alljährliche Aufführung im Wirtshaus-Saal ausgesucht. „Theater muss lustig sein!“, lautet Wallners einziges Auswahlkriterium.
Doch die Schauspielgruppe strebt inzwischen nach Höherem und möchte diesmal ein niveauvolles Stück bringen – für Wallner völlig unverständlich. Doch sein Ensemble hat bereits das Textheft für das Heimat-Drama „Der Austrag“ beschafft und für professionelle Unterstützung zudem eine Profi-Regisseurin Wisshofer (Anna Kutter) ins Boot geholt. Um Wallner nicht zu kränken, wird ihm diese als seine „Regie-Assistenz“ verkauft.
Schon in der ersten Probe übernimmt die Neue das Regie-Zepter und bringt den Laienschauspielern zuerst einmal das grundlegende Handwerkszeug für die Theaterbühne bei („Es kommt nicht auf den Text an“): Der Startschuss für eine harte Probenzeit mit Streitereien und Eifersüchteleien – etwa um die Frage, wer warum jetzt doch mehr oder weniger Text respektive Auftritte haben soll.
Startschuss: Profi-Regisseurin Wisshofer (Anna Kutter) trimmt das Ensemble auf echte Schauspielkunst. Foto: VC
Panoptikum der Eitelkeiten
Leichte Kost hin oder her: Unter der Regie von Michael Schmirl ist „Theater“ mehr geworden als eine Komödie, bekanntlich ja die Drama-Antipode zur Tragödie. Vielmehr entwickelt sich in den gut 90 Minuten eine Panoptikum der Eitelkeiten. Rollenverständnis und Persönlichkeiten finden im Stück-Stück eine kongeniale Entsprechung. Das ambitioniert Professionelle trifft auf heiteren Freizeitgestaltungsanspruch, ein liebevoll inszenierter Kunstkultur-Clash, wenn etwa zur ersten Leseprobe erstmal eine Aufschnittplatte gereicht wird. Sprechübung (mit Korken im Mund) trifft Sprachlosigkeit, Kunstverständnis (Wisshofer: „Was zum Mitnehmen für daheim – das ist dann Theater“) kollidiert mit uneitlem Das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht-Pragmatismus (Wirt Wallner: „Was ernst ist, kann doch nicht lustig sein“). Bis Laien-Truppe und Profi-Regisseurin sich zusammengeruaft haben, gibt es natürlich einiges an… äh… Theater.
Geben sich bei den Proben erfolgreich Mühe: Trechtl (Helmut Hermann, li.) und Schöberl (Andreas Biberger). Foto: VC
Klamauk durch Krisenbewältigung
Gleichzeitig verschwimmen mit Fortdauer des Stückes die Erzählebenen, die Grenzen zwischen Probe und Geprobtem werden fast unmerklich fließender, was eine ungemeine Sogwirkung entfaltet. Da darf auch ein Running Gag nicht fehlen, in diesem Fall Kassenwart Schöberl (verschmitzt lässig: Andreas Biberger) als Reime-Schleuder. „Theater“ ist zudem eine unbeschwerte Erzählung von Menschen, die über sich hinauswachsen – wenn man sie nur lässt, indem man ihnen neue Möglichkeiten eröffnet. Klamauk durch Krisenbewältigung auf dem Weg zu neuem Selbstwertgefühl.
Vor dem großen Auftritt: Lampenfieber und Selbstzweifel am Schminktisch (Margarete Kutter, li., und Johanna Schweiger). Foto: VC
Die Premiere und damit den Höhepunkt (im Stück) erlebt man als Zuschauer schließlich aus der Hinter-der-Bühne-Perspektive, Backstage-Lampenfieber und Selbstzweifel am Schminktisch, ein letztes Textlesen – während im Hintergrund schon das Publikum begeistert applaudiert. Happy-End muss sein.
Und klar: Alles Theater, aber wer wollte da noch „nur“ sagen?
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Die nächsten Vorstellungen im FoolsTheater – Kultur im Oberbräu: 5.11./7.11./12.11./13.11. und 19.11. www.kultur-im-oberbraeu.de