Theater im Klassenzimmer der Realschule
David Benito Garcia und Sebastian Brummer. Foto: Christian Klein
Schülertheater in Holzkirchen
Mit dem Stück „Der Schattenjunge“ war jetzt die Schauburg München zu Gast in der Realschule Holzkirchen. Die zwei Schauspieler bezogen Raum und Jugendliche in ihr Spiel ein, Theater zum Anfassen also, vor allem wenn es sich um ein so brisantes Thema handelt.
Es ging um Mobbing und das findet letztlich im Klassenzimmer statt. Diese Theaterform ist noch sehr jung, aber sie kommt an. Die Schülerinnen und Schüler in der Klasse 9d von Elisabeth Schick-Billy der Oberland-Realschule hörten mit gespannter Aufmerksamkeit zu und stellten der Dramaturgin Anne Richter im Anschluss eine Menge Fragen.
Dramaturgin Anne Richter diskutiert mit den Schülerinnen und Schülern der Klasse 9d. Foto: Monika Ziegler
Zunächst aber kamen David Benito Garcia und Sebastian Brummer ins Klassenzimmer. Die beiden jungen Schauspieler verkörpern in dem Stück von Finegan Kruckemeyer Adam und Atticus, die Zwillinge, einer eine Minute vor dem Jahreswechsel 2000 und der andere eine Minute danach geboren. Es trennt sie also nicht nur der Jahrtausendwechsel sondern auch ihr Wesen. Adam ist der Coole, mit dem Skateboard unterwegs, Fußball spielend, dem die Herzen zufliegen. Atticus ist der Stille, in der Bücherei sitzend und sich mit Origami beschäftigend.
Der coole Adam (David Benito Garcia). Foto: Christian Klein
Klar, dass Atticus nicht ankommt, weil er eben anders ist und von Mike Tanner gemobbt wird. Am meisten aber leidet er darunter, dass der Schatten von Adam größer ist als seiner und so setzt er alles dran, sich zu verändern, um auch so cool wie Adam zu werden.
Atticus (Sebastian Brummer) versucht sich als Rapper. Foto: Christian Klein
David Benito Garcia spielt den älteren und coolen Adam voller Energie, prescht auf dem Skateboard durch das Klassenzimmer, versucht eine Schülerin zu küssen und sorgt für Aufmerksamkeit und Gelächter. Sebastian Brummer indes ist bei all seinen Versuchen, sich anzupassen, höchstens peinlich. Im zu engen goldigen Shirt rapt er seine „Coole Geschichte“, wirft Goldsplitter in die Luft, erzählt Mädchen Witze und erntet nur von Mike Tanner: „Loser“.
Benito Garcia als Mobber Mike Tanner. Foto: Christian Klein
Also, so entscheidet Atticus, muss er auch mobben. Und macht ein Mädchen in der ersten Reihe an: „Was ist denn das für eine Scheißfrisur?“ Wird er damit glücklich? Fühlt er sich damit großartig? Und wird jetzt sein Schatten dem des Bruders ebenbürtig? Wird nicht verraten. Das Ende der Geschichte darf nur der wissen, der es selber erlebt hat.
Adam (David Benito Garcia) und Atticus (Sebastian Brummer) gestalten ihre Zimmer. Foto: Christian Klein
Erlebt ist das richtige Wort, denn alle im Klassenzimmer erleben das Stück mit. Nicht nur, dass am Anfang alles von den Tischen der Schüler zu Requisiten verarbeitet wird, denn die Zimmer der Zwillinge müssen ausgestattet werden. Auch auf den Tischen findet so manche Szene statt. Schüler müssen aufstehen, ihre Handys zur Verfügung stellen und werden immer wieder zu Mitspielern.
Atticus (Sebastian Brummer) auf dem Tisch. Foto: Christian Klein
So kommt das Theater in die Klassenzimmer. Kommt in den ganz normalen Alltag der Schüler. Da ist kein Bildschirm, kein Photoshop, wie Dramaturgin Anne Richter am Ende hervorhebt, hier ist alles echt und spontan. Die Leistung der Schauspieler besteht also auch darin, auf die unbekannte Situation im Klassenzimmer einzugehen und die Reaktion der Jugendlichen auf ihre Kommunikationsversuche einzubeziehen.
Das Stück selbst ist natürlich pädagogisch wertvoll, aber es wird keineswegs der missionarische Zeigefinger erhoben, sondern es ist eine gute Mischung von Nachdenklichkeit, Humor und Action. Mobbing, das Thema ist so geeignet wie kaum ein anderes, um als Klassenzimmertheater behandelt zu werden.