Arkadien ist das Land des Mitgefühls
Im Podium: Sebastian (Urmel) Saurle, Laura Quaderer, Emil Ahlhelm und Peter Kees (v.l.). Foto: Jürgen Haury
Abschlussveranstaltung 3. Zyklus „Anders wachsen“
Souverän, optimistisch und engagiert äußerten sich gestern Vormittag im Foolstheater drei junge Menschen zu Themen unserer Zeit im Gespräch mit Arkadien-Botschafter Peter Kees und moderiert von Julian von Löwis. Die Abschlussveranstaltung des 3. Zyklus von „Anders wachsen“ begeisterte nicht nur das Publikum, sondern machte auch Mut.
Mit seinem Konzept „Arkadien“ hatte Peter Kees schon am Vorabend interessierte Zuhörer gefunden. Arkadien als Sehnsuchtsort, bekannt aus der Antike, beschäftigt den Ebersberger Konzeptkünstler schon seit 13 Jahren.
Arkadien im Mittelmeer. Foto: Peter Kees
Weil die Welt so grauslig sei wolle er mit seiner künstlerischen Intervention einen Stachel setzen, um Menschen zum Nachdenken zu bringen, erklärte er. In 15 europäischen Ländern erklärte er als S.E. Botschafter von Arkadien einen Quadratmeter Land zu arkadischem Hoheitsgebiet, jüngst sogar im Mittelmeer vor Sizilien, den Peter Kees verortete und dann untergehen ließ. Eine klare politische Botschaft.
Das Botschaftsfahrzeug vor dem KULTUR im Oberbräu. Foto: Jürgen Haury
Mit seinem Diplomatenwagen mit Flagge vorgefahren, interviewte der Künstler Menschen vor laufender Kamera zu den brennenden Themen unserer Zeit. Im Foyer des KULTUR im Oberbräu waren Videos von Gesprächen mit unterschiedlichen Menschen zu sehen.
Mit Wissenschaftlern und Hirten Themen unserer Zeit besprochen
In seinem Film „Arkadien“ geht er auf Spurensuche, wo er auf der Welt Arkadien finden konnte, sprach mit Künstlern, Philosophen, Studenten und Bauern und Hirten im historischen Arkadien, dem Höhenzug auf dem Peloponnes.
Moderator Julian von Löwis. Foto: Jürgen Haury
Aber er fand ihn nicht, nirgends, diesen idealen Ort. Nun sollten junge Menschen ihre Meinung zu Arkadien, zu Themen unserer Zeit und mögliche Lösungsansätze äußern. Und sie taten es mit erfreulicher Klarheit, eloquent und kompetent moderiert von BR-Reporter Julian von Löwis.
Optimistische Sicht zu Themen unserer Zeit
Die Gegensätze prallten aufeinander. Während Peter Kees seinen Fokus auf Angst machende Themen in unserer Zeit richtete, hatte die Jugend unterschiedliche, aber optimistische Sichten.
Sebastian (Urmel) Saurle und Laura Quaderer. Foto: Jürgen Haury
Angst, darin waren sie sich einig, hilft nicht weiter, zumal sie zumeist abstrakt oder sogar inszeniert ist. Sebastian (Urmel) Saurle, nur wegen der Veranstaltung von der Alm heruntergekommen, plädierte dafür, den Fokus von außen nach innen zu verlagern, mehr Gefühle zuzulassen und wünschte sich, dass Politiker auch aus dem Bauch heraus entscheiden.
Auf Augenhöhe begegnen
Der 37jährige Gartenbauingenieur, gefragt ob er denn von seiner schönen Alm ordentlich Fotos poste, argumentierte, dass er das sehr wohl könne, aber nicht mache. Er wolle nicht anderen das Gefühl der Unterlegenheit geben, dass es ihnen gerade nicht so gut gehe wie ihm und ihnen lieber auf Augenhöhe begegnen.
Genau das sei auch ihm wichtig, meinte Emil Ahlhelm. Der 20jährige lernt in Oberammergau Holzbildhauer und betonte, dass wir zu oft Menschen kategorisieren, anstatt mit offenem Herzen aufeinander zuzugehen. Und was sei mit Konkurrenz und Rivalität, konterte Peter Kees.
Reibung ist wichtig
Natürlich gebe es das auch in seiner Gruppe, die sich der Klimagerechtigkeit verschrieben hat, sagte der Valleyer. Basisdemokratie sei schwierig, Dominanzgehabe sei vorhanden. „Aber Reibung ist wichtig“, man müsse nur immer das Bewusstsein schärfen.
Lesetipp: Momo und die gestohlene Zeit
Als leidenschaftliche Schülerin stellte sich Laura Quaderer vor, die im Foolstheater kürzlich „Momo“ spielte. Natürlich fragte sie Julian von Löwis nach der Bedeutung der Zeit. Zeit sei nicht negativ, aber man dürfe ihr nicht das Diktat überlassen, sondern müsse den Moment genießen, meinte die 16-Jährige.
Problematische Themen unserer Zeit
Kritisch sieht die Gymnasiastin, dass ihre Generation per Smartphone alles öffentlich mache und die Privatsphäre verloren gehe. Und die problematischen Themen der Welt sehe sie auch, wichtig sei, sie zu betrachten.
Wo kann ich was tun?
Und man müsse die Probleme als Aufforderung sehen, aktiv zu werden, sagte Emil Ahlhelm. Fridays for future sei ein Weg, den die Jugend eingeschlagen habe, aber man müsse noch mehr tun. Jeder sei aufgerufen, zu überlegen, wo kann ich was tun? „Raus aus dem Sessel“, rief er auf.
Wir haben die Zukunft in der Hand
Und man dürfe die Heiterkeit nicht vergessen, fügte Urmel Saurle an. Auch bei solch heiklen Themen unserer Zeit wie Künstliche Intelligenz oder Datenklau müsse man stets vor Augen haben, dass wir die Zukunft in der Hand haben. Und da sei er optimistisch. Er habe bei seinen Anhaltertouren erleben dürfen, dass Menschen ihn immer aus Mitgefühl mitgenommen hätten.
Video von Jürgen Haury
In der Schlussrunde fragte Julian von Löwis, wer sich mit wem noch einmal zusammensetzen wolle und Laura sagte: „Wir sind heute bei jedem ein Stück mitgefahren und haben uns so besser kennengelernt.“
Lebensfreude von Watching the cat
Das Publikum, darunter auch Holzkirchens Bürgermeister Olaf von Löwis mit Frau Sybille, war sich einig: eine tolle Matinee, bei der die „Alten“ einmal von den Jungen zu Themen unserer Zeit lernen konnten. Und sich von den Jungen in der Lebensfreude anstecken ließen. Dazu trugen in erheblichem Maße Alexander Gerth, Christian Zimmermann, Andi Bichler und Keno Dirks von „Watching the cat“ bei, die Blues und Country music spielten.
Monika Sedlbauer und Ute Lenz von „Holzkirchen engagiert“ freuen sich mit Monika Ziegler von „Anders wachsen“ von KulturVision e.V. und Barbara Hiraoka mit „Silent disco“. Foto: Jürgen Haury