Poetry Slam

Tick Talk – We slammed

Alle Teilnehmer auf der Bühne. Foto: MZ

Poetry Slam in Holzkirchen

Am letzten Donnerstag war es soweit – der „Tick Talk – You Slam!“, eine Veranstaltung von KulturVision e.V., ging in die erste Runde. Mit wunderbaren Texten, beeindruckenden Jugendlichen und einem tollen Publikum. Aber am wichtigsten: Mit ganz vielen Visionen.

Eine erwartungsvolle Spannung herrscht im Saal, während die Stühle sich langsam füllen, untermalt von einem leisen Stimmgewirr. Dann wird es dunkel, nur ein Lichtkegel auf der Bühne. Das Stimmgewirr nimmt ab, bis es schließlich komplett verstummt. Die Spannung wird dafür umso größer. In dem Lichtkegel steht Sarah Thompson, die Initiatorin der Veranstaltung „Tick Talk – You Slam!“. Es ist 19:42 Uhr am 22.09.2021 und dieser Moment ist eine Premiere. Der Poetry Slam für die Jugend in und um Holzkirchen findet das erste Mal statt. Ein Slam, bei dem Jugendliche ihre Texte, ihre Gedanken zu einem Thema vor einem jungen (oder jung gebliebenen) Publikum vortragen können. Bei diesem Auftakt schauen wir nach vorne, passend zum laufenden Zukunftsforum von anders wachsen, es geht um „Deine Wünsche für die Zukunft“. Dafür konnten wir vier Slammerinnen, einen Slammer und ein Musik-Duo gewinnen. Ein zweiter Slam zum selben Thema wird am 30.09.2021 stattfinden.

Der erste Tick Talk

Bevor der Slam überhaupt losging, durften wir, das Projektteam, bestehend aus Sarah, Fiona und mir, bereits die Anfänge der Slam-Texte hören. Und wir dachten uns: Wow. So tolle junge Menschen, die sich dann auch noch trauen, so tolle Texte, eigene Texte, vorzutragen. Das kann nur toll werden. Als dann alle einmal die Bühne getestet hatten, unser Musik-Team sich eingespielt hatte und die Technik geregelt war, gingen um 19:28 Uhr die Türen auf. Jetzt wurde es ernst.

Die Reihen füllten sich und in der ausverkauften Veranstaltung blieb nur ein einziger Platz frei (abgesehen von den Stühlen, die wegen der Corona-Pandemie zwischen den einzelnen Haushalten frei gelassen werden mussten – die wir aber hoffen, beim nächsten Mal ebenfalls besetzen zu können).

Dann ging es los, mit einer Einführung von Sarah, was so ein Slam denn überhaupt ist und einer Anleitung zum Klatschen. Ja, richtig gelesen, Klatschen will gelernt sein. Schließlich darf das Publikum später mit Klatschlautstärke und -länge entscheiden, welcher Slam gewinnt. Nachdem also ein paar Applausrunden durchgegangen wurden, mit und ohne Stampfen und Jubeln, entließ Sarah uns in den Abend. „Genießt es und seid aktiv mit dabei!“, war ihre einzige Bitte.

Poetry Slam
Der erste Teilnehmer Henrik. Foto: Oliver Lawrenz

Schwebende Autos, Träume und Gedanken

Begonnen wird allerdings nicht mit einem Slam-Beitrag, sondern mit Musik. Die Popsängerin Isi aus Holzkirchen und ihre Klavierbegleitung Kenneth leiten uns mit „Somewhere only we know“ in die Veranstaltung ein. Eine schöne, melancholische Stimmung legt sich über das Publikum und nach einem kräftigen Applaus – den hatten wir ja vorher geübt – sind wir bereit für den ersten Slammer.

Den Anfang macht Henrik mit seinem Text „Schwebende Autos“. Er stellt die Frage: Wenn wir in der Zukunft unglaublich viele tolle Erfindungen haben werden, macht uns das dann glücklich? Und sollten wir nicht vielleicht aufhören, immer nur nach einem vorgelebten Bild zu streben und unseren eigenen Weg gehen? „Es ist okay, Hertha Fan zu sein“, sagt er und erntet dafür einige Lacher vom Publikum. Dann wird es ernster, persönlicher. Henrik erzählt von seinen eigenen Erfahrungen mit Mobbing und gibt uns etwas Wichtiges mit: Verfolgt eure Träume, egal was andere sagen. Und auch, wenn euch Probleme wie Klimawandel, Corona und Plastikverschmutzung manchmal den Mut und die Luft nehmen.

An dieser Stelle dürfen Sie sich gerne tosenden Applaus für Henrik vorstellen, denn er hat ihn sich verdient, genauso wie alle Slammerinnen, die nach ihm kommen. Mit seinem Text hat Henrik uns zum Nachdenken, Lachen, Zweifeln und Hoffen gebracht. Vielen Dank.

Poetry Slam Maxi
Maxi und „Träume“. Foto: Oliver Lawrenz

Als nächstes tritt Maxi auf die Bühne, ihr Text heißt „Träume“. Und sie erzählt uns, wovon sie träumt. Von einer Welt, in der niemand mehr Mobbing erfahren muss, so wie ihr das schon passiert ist. Eine Welt ohne Tierquälerei und Massentierhaltung, in der jeder Mensch Zugang zu sauberem Trinkwasser hat und wo es keine Kinderarbeit gibt. „Ich wünsche mir, dass jedes Kind die Chance auf eine gute Zukunft hat“, sagt sie. Und verrät uns am Ende auch noch einen ganz persönlichen Wunsch: „Ich möchte wieder Boldern gehen“.

Nach diesen beiden wunderbaren Slam-Beiträgen werden wir von Isi und Kenneth mit „Read all about it“ wieder ein bisschen zur Ruhe gebracht und dürfen die schöne Musik genießen, einmal durchschnaufen, bevor es weitergeht.
Poetry Slam
Isi und Kenneth begleiten den Abend musikalisch. Foto: Oliver Lawrenz

Dann ist Felicia dran, mit „Morgen denke ich“. Oder auch „Morgen denk ich an dich“, wenn man Sarah glaubt… Felicia lässt uns an ihrem Schreibprozess teilhaben: „Es kann ja nicht so schwer sein, über die Visionen meiner Zukunft zu schreiben, denke ich“, sagt sie. Und dann, wie schwer es eben doch war. Sehr rhythmisch und sicher vorgetragen zeigt sie uns, wie viele wichtige Themen es gibt, die sie beschäftigen: Gleichberechtigung, Generationen, ihre ganz persönliche Zukunft. Und sie zeigt uns auch, dass es okay ist, nicht „die eine“ Vision zu haben. Am wichtigsten sei ihr, dass alle Menschen sich gegenseitig zuhören, respektieren und schätzen. „Meine Vision ist, eine Vision zu finden, in der alle frei sind“. Und sie lässt uns mit der Frage zurück: Was ist eigentlich meine Vision?

Gewinnerin
Felicia mit „Morgen denk ich“. Foto: Oliver Lawrenz

Als Felicia fertig ist, hören wir noch einen letzten Musikbeitrag: „People help the people“. Dafür haben Kenneth und Isi sich natürlich einen riesigen Applaus verdient, darin sind wir mittlerweile schon ganz gut. Und als die beiden sich verbeugen, gibt es nochmal Applaus – denn sie waren wirklich toll.

Frieden und Schicksal

Nun kommen wir langsam zum Ende, nur noch zwei Slammerinnen tragen ihre Texte vor. Als erstes Gloria mit „Frieden“. Auch sie erzählt von ihrer persönlichen Erfahrung von Mobbing, von ihren Sorgen wegen des Klimawandels und der Plastikverschmutzung. Und sie spricht etwas aus, was viele denken: „Es kann doch nicht sein, dass die Menschheit so viel Großes vollbracht hat, und wir das nicht in den Griff kriegen.“ Sie wünscht sich Frieden, für jede einzelne, für die Erde und für Länder untereinander. Und sie wünscht sich, dass Kinder in Zukunft einfach Kinder sein können und sich keine Gedanken über solche Themen machen müssen.

Gloria
Glorian und „Frieden“. Foto: Oliver Lawrenz

Sie hat Recht und genau das ist es, was uns alle im Saal zum Nachdenken anregt.

Lesetipp: Poetry Slam – die neue Reihe für die Jugend

Den Abschluss macht Fatima, die ihren Text „Mein Schicksal“ vorträgt. Sie erzählt uns, dass sie Afghanin ist und im Iran aufgewachsen. Erst 2016 sei sie nach Deutschland gekommen. Und sie stellt die Frage: Was ist Zukunft? 30 Jahre können Zukunft sein, aber auch eine Stunde. Sie lässt uns an ihren Zukunftsplänen teilhaben, die sich immer wieder änderten. Als sie klein war, sei ihr größter Wunsch ein Barbie-Puppenhaus gewesen. „Als ich dann in die Grundschule kam und Rechnen lernte, wollte ich unbedingt Mathelehrerin werden. Jetzt mag ich Mathe gar nicht.“ Dafür erntet sie einige Lacher aus dem Publikum. Ob sich da der ein oder andere ertappt fühlt? Heute, verrät sie uns, ist ihr Wunsch Modedesignerin zu werden. Gleichzeitig stellt sie klar, dass es okay ist, wenn sich Wünsche und Träume ändern. Aber, „für Jugendliche besteht die Möglichkeit, ihre Träume zu verwirklichen, wenn sie mutig und ehrgeizig sind.“

Fatima
Fatima mit „Mein Schicksal“. Foto: Oliver Lawrenz

Wow, ja und ja und ja.

Ausgezeichnet beim Poetry Slam

Jetzt kommt der schwierige Teil. Nach fünf wunderbaren, inspirierenden und einzigartigen Menschen, Texten und Auftritten muss das Publikum entscheiden, was am besten gefallen hat. Dafür treten auch Fiona und ich auf die Bühne, denn gemeinsam mit Sarah werden wir gut hinhören müssen, welcher Text den stärksten Applaus bekommt. Doch zum Glück klatscht das Publikum sehr eindeutig und wir können schnell eine Reihenfolge festmachen.

Organisatoren
Sarah Thompson, Lisa Horn und Fiona Eder. Foto: Oliver Lawrenz

Und so können wir auch direkt die Preise überreichen, von der Raiffeisenbank Holzkirchen Otterfing gesponserte Gutscheine für das „KULTUR im Oberbräu“, die im Kino, Theater, bei Konzerten oder im KulturCafé eingelöst werden können. Jeweils in verschiedenen Werten, 15€ für Isi und Kenneth, 10€ für Maxi, 20€ für Gloria, 30€ für Henrik, 40€ für Fatima und 50€ für Felicia.

Aber ganz unabhängig davon: Ein riesiges Lob an alle. An Isi und Kenneth, die unglaublich tolle Musik gemacht haben. Und natürlich an unsere Slammerinnen und unseren Slammer. Ihr wart einfach großartig und wirklich alle hier ziehen den imaginären Hut vor euch.

Vielen Dank, dass ihr dabei wart und eure Wünsche mit uns geteilt habt. Und vielen Dank an alle, die zugehört haben. Wir werden den Tick Talk auf jeden Fall als immer wiederkehrende Veranstaltung beibehalten und hoffen, wir sehen euch am 30.09.2021 wieder. Und bis dahin, stellt euch doch mal selbst die Frage: Was sind meine Visionen?

Tickets für den nächsten Tick Talk Termin am 30.09. um 19:30 Uhr buchen: tickets@kultur-im-oberbraeu.de
Du möchtest teilnehmen? sarah.thompson@web.de oder 0176 61030319

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