Toni Wackersberger liest Ludwig Thoma
Toni Wackersberger liest Ludwig Thoma im Westerhof-Café im Stielerhaus. Foto: Ines Wagner
Lesung in Tegernsee
Am Donnerstag Abend hat er im Stieler-Haus in Tegernsee gelesen. Er hat die behutsam renovierten Räume, in denen dereinst der Dichter Karl Stieler viele Geschichten schrieb, mit dem Glanz der Heiligen Nacht und dem Geiste Ludwig Thomas belebt. Begleitet wurde er dabei von den „Neukirchner Sängerinnen“, die seit über 17 Jahren in klassischem Frauendreigesang traditionelle, alpenländische Lieder aus dem Oberland singen. Sepp Merk an der Zither untermalte ebenfalls die stimmungsvolle Geschichte.
Und weil Toni Wackersbergers Lesungen im Tegernseer Tal so berühmt wie beliebt sind, war das kleine Stieler-Atelier bis auf den letzten Platz besetzt und die Zuhörer lauschten andächtig der warmen, tragenden Stimme ihres Vorlesers.
Besinnliche Einstimmung auf die Weihnacht
Mit dem Geschichtenerzählen ist der gelernte Zimmerer aufgewachsen. Über 100 Gedichte und Kurzgeschichten hat sein Großvater verfasst und viele weitere hat er gesammelt und an seine Nachfahren weiter gegeben. Die Wackersberger sind eine musikalische Familie, in der die Mundartdichtung seit jeher eine große Rolle spielt. So liest der Enkel gerne aus der Hinterlassenschaft seines Großvaters, aber vor allem auch die Geschichten von Karl Stieler, Ludwig Thoma und Karl Bauer.
Die Weihnachtszeit ist für ihn eine betriebsame Zeit und nicht wenige Abende tauscht der beliebte „Taxi-Toni“ sein Lenkrad gegen das Buch. Trotz aller Betriebsamkeit – wenn die Kerzen weihnachtlich den Raum erleuchten, rückt er seine Lesebrille zurecht, hebt seine angenehme Stimme an und es wird still. Und auch für die, welche gerade noch in letzter Minute herein gehastet sind, beginnt die „staade Zeit“. Besinnlichkeit und eine feierliche Ruhe kehren ein im Kerzenschein.
„Kommt alle z’samm!“
Ludwig Thomas Verserzählung zählt bis heute zu den beliebtesten Weihnachtsgeschichten der bairischen Mundartdichtung, nicht zuletzt deshalb, weil er seinen Landsleuten genau „auf’s Maul geschaut“ und die Geschichte eine tief verschneite Oberbayrische Landschaft übertragen hat. Und als der „Lamplwirt“, das „Bräu“ und die Post, ja sogar die eigene Base das Heilige Paar abgewiesen haben, ist es der einfache Hirte Simmei, der dem „Zimmermo“ Josef und seiner Frau Maria Unterschlupf in seinem Stall gewährt. So malerisch und rau er die Landschaft beschreibt, ist auch die Sprache: rustikal und anrührend zugleich.
„Es sturmt und es schneibt“
Und wo heuer der Winter auf sich warten lässt, gelingt es dem Vorleser im besinnlichen, kerzenerleuchteten Atelier im Stieler-Haus dennoch ganz wunderbar, Ludwig Thomas eisig-verschneite Winterlandschaft herauf zu beschwören, und natürlich das Wunder der Geburt Christi. Am Ende der Geschichte ist es wahrhaftig „staad“ und der Wackersberger Toni bläst sanft die Kerzen aus. Zeit, nach Hause zu gehen, die Geschichte der Heiligen Nacht nach Hause zu tragen.
Zuvor aber gibt es im festlich erleuchteten Cafè des Stieler-Hauses noch ein köstliches „Bayerisches Buffet“. Und dann, vor allem für jene, die zu Fuß den Heimweg antraten, war mit Aussicht auf die weihnachtliche Kulisse am Tegernsee die Heilige Nacht tatsächlich ein Stück näher gerückt und der hektische Vorweihnachtsalltag ein wenig weiter in die Ferne. Toni Wackersberger liest noch ein letztes Mal in diesem Jahr „Die Heilige Nacht“: auf der Galaun am Sonntag, dem 4. Advent.