Totalausverkauf von Kunst
Totalausverkauf bei Trachten Kirner. Foto: Petra Kurbjuhn
Kunstauktion in Bad Tölz
Den „Totalausverkauf“ zu Kunst erhoben hat der Tölzer Maler und Galerist Christian Stadelbacher in seiner letzten Aktion im öHa-KUNSTRAUM. Bis zum 17. Dezember verramscht er hier Kunst, eine bitterböse ebenso wie heitere Gesellschaftssatire.
Zwei Jahre lang betrieb der Künstler am Jungmayrplatz 11 in Bad Tölz eine Galerie, in der er nicht nur hochwertige Werke unterschiedlicher Künstler zeigte, sondern auch die Gesprächen und Austausch über Zeit und Gesellschaft einlud, ein Kleinod für aufgeweckte Menschen.
Er selbst machte insbesondere mit seinen Kuhbildern auf sich aufmerksam, die er in diesem Jahr auch im Krankenhaus Agatharied und bei Biobauer Georg Hahn in Großhartpenning zeigte. Jetzt ist Schluss mit dem Galeriebetrieb. Zur Abschlussveranstaltung sagte er: „Ich wurde durch den in der Geschichte des Tölzer Ordnungsamtes wohl längsten und noch immer andauernden Schluss- und Räumungsverkauf der Firma Trachten Kirner inspiriert.“ Das große rote Plakat steht im Mittelpunkt der Ausstellung im öHa-KUNSTRAUM.
In Tölz, so Stadelbacher, entstehe der Eindruck, dass Ab- und Ausverkauf mittlerweile so beliebt seien, dass sie sich in die Leitkultur eingeschlichen haben, das politische Handeln bestimmen und an die Stelle von Visionen getreten seien. „Verramscht im Sinne von aus der Hand gegeben wurden bereits das Krankenhaus, die Geburtenstation, der Kurpark, das Alpamare. Zu befürchten ist, dass die Trinkhalle und die Alte Madlschule bald folgen.“
Christian Stadelbacher nimmt es heiter. Foto: Petra Kurbjuhn
Projekte also, die einen ideellen Wert haben, würden nicht weiter entwickelt, mit Ausnahme von Musik und Sport. Und so beende er nach 13 Veranstaltungen sein ideelles Angebot. Es wäre so schön gewesen, hier an diesem Platz ein kulturelles Zentrum zu installieren. „Wir sind gern bereit, Bad Tölz zu beleben, wenn wir nicht gestorben sind“, beendete er seine Abschiedsrede. Auch Patrizia Zewe verabschiedete sich aus Bad Tölz, auch sie hatte bis 2016 versucht, das künstlerische Leben hier zu bereichern.
Totalausverkauf der Werke von Dierk Schwende. Foto: Petra Kurbjuhn
Bis zum 17. Dezember bis können nun Kunstinteressierte beim Verramschen von Kunst mitwirken. In der Galerie sind Werke von Christian Stadelbacher, Dierk Schwende, Patrizia Zewe, Marianne Hilger und Werner Härtl zu erwerben, zu Spottpreisen, wie es halt beim Totalausverkauf üblich ist.
Patrizia Zewe und Dierk Schwende. Foto: Petra Kurbjuhn
Da steht 9,99 € oder 49.99 €, ebenso wie an T-Shirts oder an Hosen, hier aber sind es Kunstwerke. Christian Stadelbacher und die anderen ausstellenden Künstler freuen sich über Besucher beim „heiteren Verramschen und Entwerten“. Hier soll der „Totalausverkauf“ endlich zur Kunst erhoben werden.
Bei der Eröffnung der lebenslustigen Kunstauktion kamen die Besucher noch in einen besonderen Genuss. Ulla Haehn, Regisseurin der Komischen Gesellschaft in Bad Tölz, las Texte von PeterLicht. Der Autor, Musiker und Theatermacher lässt sich nicht über seine Biografie und über sein Gesicht vermarkten, sondern ausschließlich über seine Werke.
Ulla Haehn und Horst Kubitz. Foto: Petra Kurbjuhn
Ulla Hauhn las Texte, die unter die Haut gehen. Da war vom Krieg als Festival der Trennung die Rede, von Datensätzen aller Menschen, die für alle einsehbar werden, aber auch vom Monolog eines Menschen, der im Angesicht des reichen Vaters darüber sinniert, „Was gehört wem?“ Und letztlich „Ich will es haben, aber er stirbt nicht.“
Begleitet wurde die Regisseurin von Saxophonist Horst Kubitz mit eigenen Kompositionen. Das Ganze war zu haben für 1 € pro Nase, wieder also ein Verramschen von Kunst. Auch wenn der Abend heiter und lebenslustig war, der dahinter liegende Spiegel unserer Gesellschaft möge nachdenklich machen.