Tracht in Miesbach
Fliegender Schalk – Ausstellung von Sibylle Kobus und Sabine Köhl. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung und Buchvorstellung in Miesbach
Die Schalkoberteile fliegen in die Welt hinaus und zeigen, was die Miesbacher Tracht zu bieten hat. Die Ausstellung von Sibylle Kobus und Sabine Köhl und das Magazin von Verena Zemme und Mathias Leidgschwendner bereiten ein klassisches Thema neu und spannend auf.
Die Eröffnung der Ausstellung und die Präsentation des Buches sei ein weiterer Glanzpunkt im Rahmen der Feierlichkeiten „100 Jahre Stadterhebung Miesbach“ sagte Bürgermeisterin Ingrid Pongratz in ihrer Begrüßung der zahlreichen Gäste im Waitzinger Keller.
Wie man die Tracht inszenieren könne, das zeige die Ausstellung der beiden Bildhauerinnen. Die Bürgermeisterin erinnerte an die spektakuläre Präsentation von Sibylle Kobus im Lüftungsraum des Kulturzentrums, in dem sie zahlreiche Strumpfhosen zu einem duftigen Gebilde verarbeitete. Der Leiterin des Waitzinger Kellers Isabella Krobisch habe immer wieder neue Ideen, das kulturelle Leben der Stadt zu bereichern. Sybille Kobus und Sabine Köhl sei es in behutsamer Art gelungen, die sensiblen Stücke aus dem Depot in ganz neuer Weise zu präsentieren.
Ingrid Pongratz, Verena Zemme, Mathias Leidgschwendner, Sabine Köhl, Sibylle Kobus (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
Sibylle Kobus dankte Isabella Krobisch für das „mutige und bedingungslose Vertrauen“, das sie in die beiden Bildhauerinnen gesetzt habe. „Unser Ziel war es, eine Ausstellung zu konzipieren, die man nicht mit der Tracht in Verbindung bringt.“ Und so empfängt den Besucher ein Korallenriff. Auf den Erhebungen haben die beiden Künstlerinnen Grandl und Brautkronen platziert. Weil man an die kostbaren Exponate nicht herantreten darf, gibt es Operngläser, um die wertvolle Handarbeit der Exponate heranzoomen zu können.
Die „fliegende Schalk“ habe sich von selber ergeben, sagt Sibylle Kobus. Wenn man nämlich den Schalk auspacke, öffneten sich die Ärmel wie Flügel.
Bürgermeisterin Ingrid Pongratz dankt der Autorin und Projektleiterin Verena Zemme. Foto: Petra Kurbjuhn
Die Miesbacher Tracht, weltberühmt, ist nun in einem Druckwerk gewürdigt. Verena Zemme, so die Bürgermeisterin, sei zwar eine Zugeroaste, aber eine ganz liebe, und habe sich sehr behutsam aber ebenso engagiert und begeistert für die Tracht eingesetzt. Unterstützung habe sie durch den hiesigen Trachtenverein erfahren und zahlreiche Trachtler, die sich für das Buch ablichten ließen.
Mit Mathias Leidgschwendner sei ein sensibler Fotograf und Grafiker ans Werk gegangen, der mit seinen Fotos zeige, dass in Miesbach die Tracht nicht inszeniert, sondern gelebt werde. Einige dieser Fotografien sind im Treppenhaus des Kulturzentrums zu sehen.
140 Einzelteile für die Miesbacher Trachtenjoppe
Die Tracht für die nächste Generation spannend zu machen, das sei ihr Anliegen, betonte Autorin Verena Zemme, die bewusst nicht in Tracht erschien. Ihre Jacke, so sagte sie bestehe aus nur wenigen Einzelteilen. Eine Trachtenjoppe indes, so wie sie in Miesbach gefertigt werden, benötige 140 Einzelteile und die Herstellung dauere eine Woche.
Die beiden Macher des Magazins: Verena Zemme und Mathias Leidgschwendner. Foto: Petra Kurbjuhn
Die echte Tracht erkenne man auf den ersten Blick, in den Farben verbunden mit der Natur, vor Ort und von Hand gefertigt und aus heimischem Material, habe sie insbesondere einen immateriellen Wert.
„Die Tracht hat viel zu erzählen“, sagte Verena Zemme, „sie bewahrt die Geschichte des Oberlandes und verkörpert das Bindeglied zu den Vorfahren.“ Mit Mathias Leidgschwendner gemeinsam habe man entschieden, kein Buch, sondern ein Magazin zu gestalten, ein Magazin, das sich dem Thema auf unterschiedliche Weise nähert.
Entstehung, Formen, Lebensgefühl
„Entstehung, Formen, Lebensgefühl“ ist auf dem Cover zu lesen. Diesen Themen widmen sich die Beiträge, für die die Autorin in Archiven stöberte, mit den Experten vor Ort Interviews führte und sogar am frühen Morgen dabei war, als sich die Familie Brugger für die Leonhardifahrt bereitmachte. Das Anziehen des Schalkgewandes erfordert Zeit.
Verena Zemme beim Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Miesbach. Foto: Petra Kurbjuhn
Verena Zemme erzählte auch wie es dazu kam, dass die 24 kostbaren Exponate aus dem Depot zu so wunderschönen Fotografien wurden. Mathias Leidgschwendner habe sie auf einer alten ausgehängten Tür drapiert.
Und sogar die Bürgermeisterin konnte man überreden, im Kirchengewand zu posieren. Einer anderen wichtigen Frau setzt das Magazin ein Denkmal: der verstorbenen unvergessenen Spielleiterin des Schlierseer Bauerntheaters Elisabeth Oberhorner.
HACKLINGER: Marion Dimbath, Johann Bengen und Anschi Hacklinger (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
So ist das Magazin ein modernes, schön gestaltetes, gut geschriebenes und informatives Kompendium zum Thema „Tracht“, in dem, so wie es die Autorin formulierte, „die Seele der Tracht“ durchscheint.
Nicht nur Ausstellung und Magazinformat, auch die Musik des Abends war ungewöhnlich, unerwartet und schön. HACKLINGER mit Marion Dimbath, Anschi Hacklinger und Johann Bengen spielten melodische Kompositionen von Anschi Hacklinger, rhythmisch oder langsam, immer aber berührend.
Tracht in Miesbach. Foto: Petra Kurbjuhn