Andreas Kern glänzt als Tscharleys Tante
Felix Holzapfel, Andreas Kern und Flo Rian Bauer (v.l.). Foto: Monika Ziegler
Theater in Tegernsee
Mit der Uraufführung der bayerischen Fassung von „Tscharley’s Tante“ erntete am Freitag Abend das Tegernseer Volkstheater nicht enden wollenden Beifall und immer wieder Szenenapplaus. Andreas Kern brillierte in der Glanzrolle der Donna Lucia.
Selten so gelacht. Kann der weit über 100 Jahre alte Komödienklassiker von Brandon Thomas, der in deutscher Fassung von Rolf Heiermann Theater und Kino in der Republik füllte, heute noch begeistern? Er kann. Die Zuschauer werden in der bayerischen Fassung in das Schwabing der 60er Jahre geführt. Da gibt es solche Schlager wie „Moo-oo-oonlight“ und Moralvorstellungen, über die die heutige Jugend nur den Kopf schütteln wird. Aber was Christina und Andreas Kern mit dem gesamten Ensemble aus der Klamotte herausgeholt haben, das ist einfach sehenswert. Wer also einen leichtfüßigen unterhaltsamen Abend verbringen möchte, ist hier goldrichtig aufgehoben.
Die Story ist einfach. Zwei Studenten brauchen für ihr Rendezvous mit zwei Mädchen eine Anstandsdame und funktionieren ihren Nachbarn Werner zur Tante aus Brasilien um, die eh ihr Kommen angekündigt hatte, dann aber absagte, um. Daraus entwickeln sich witzige Missverständnisse, bis die echte Tante aufkreuzt und das Chaos perfekt macht.
Felix Holzapfel, Claudia Loy, Anja Rajch, Flo Rian Bauer (v.l.). Foto: Monika Ziegler
Andreas Kern löste Lachstürme aus, wenn er auf offener Bühne in Büstenhalter und Netzstrümpfe schlüpft. Mit dickem blauen Lidschatten, einer wallenden Perücke und glänzendem Kostüm sowie Federboa ist er der Prototyp des Mannes als Frau, wie wir uns das wünschen. Er stolpert über die Bühne, wechselt von Bariton in Alt und weiß am Ende (O-Ton) selber nicht mehr, ob er Mann oder Frau ist. Eine Paraderolle für den Schauspieler und Regisseur, die er mit Bravour absolviert.
Aber auch die beiden Studenten Tscharley (Flo Rian Bauer) und Fritz (Felix Holzapfel) sorgen für gehörige Lacher im Publikum. Tscharley imitiert köstlich mit gebeugtem Rücken und devotem Verhalten den Butler und Fritz, der Adlige, ist immer bemüht, alles unter Kontrolle zu haben, selbst seine Liebeserklärung an Lotte, die sie ihm dann sicherheitshalber abnimmt.
Oli Männer und Andreas Kern. Foto: Monika Ziegler
Lotte also, das naive Mädchen aus dem Schwarzwald (Claudia Loy) und die eher kühle Karin (Anja Raich) wagen sich in die Höhle der beiden Studenten, angetan in weit schwingenden Röcken und immer in Angst vor dem Onkel bzw. Papa, der auf Anstand, Zucht und Ordnung hält und ein solches Treiben zutiefst missbilligt. Hanno Sollacher ist in dieser Rolle zunächst der strenge Bayer, wird aber dann zum Lebemann, der um die Gunst der schönen Donna Lucia buhlt. Seine Annäherungsversuche und Tanzeinlagen sind zum Brüllen komisch.
Das Septett komplett macht der Vater von Fritz. Oli Männer gibt den ziemlich angetrunkenen Donaudampfschiffskapitän in feiner Uniform und hat es ebenso auf Donna Lucia abgesehen, schließlich ist sie Multimillionärin und er verarmter Adel.
Das Stück ist so zum einen durch die schauspielerische Leistung der Mitwirkenden ein Genuss, zum anderen aber auch durch die köstlichen kleinen Bemerkungen und Regieeinfälle. Da ist von einer schweren Bergtour zum Nockherberg die Rede und der schlanke Oli Männer fragt den eher beleibten Hanno Sollacher mit einem kritischen Blick „Sie?“ als der mitteilt, er sei durch Wandern abgehärtet. Zu Sollacher, der Donna Lucia seine Lotosblume nennt, sagt Andreas Kern: „Wenn sich die Lotosblüte entblättert, wird er sein blaues Wunder erleben.“
Beim Bossa Nova, links Hanno Sollacher. Foto: Monika Ziegler
Eine wichtige Rolle im Stück spielt der Bossa Nova, denn Donna Lucia kommt aus dem Land des Tanzes. Und so wird bei der Party im zweiten Teil kräftig gesungen, getanzt, ja, auch geknutscht. Und dann taucht die echte Tante auf. Barbara Kutzer macht nicht nur das Chaos komplett, sie ist auch eine große Überraschung für Werner, der jetzt nur noch ganz schnell seine Frauenkleider los werden will.
Wie immer bei der Premiere gab es am Ende Freibier und Leberkässemmeln für alle. Das gesamte Ensemble versorgte die Gäste im Saal, die sich begeistert über das Stück äußerten.