„Und alles, alles wird gut“
Regisseur Celino Bleiweiss liest Eichendorff. Foto: Monika Ziegler
Lesung in Holzkirchen
Die Eichendorff-Novelle sei das Buch, das er mit auf die Insel nehmen würde, gestand vhs-Leiter Thomas Mandl, der die Lesung gemeinsam mit der Bücherecke organisiert hatte. Es sei ein Lobpreis auf die Liebe und die Natur, ein Gottesdienst mit anderen Mitteln, in dem weniger die Menschen als die Natur als Hauptakteur agiere.
Es geht um den Müllerssohn, der vom Vater wegen seines Müßiggangs aus dem Haus gejagt wird und der sich auf den Weg nach Italien begibt. Unterwegs begegnet er zwei Damen in einer Kutsche und verliebt sich unsterblich in die Jüngere der beiden. Sie nehmen ihn mit aufs Schloss, er verdingt sich als Gärtnerbursch, hat da aber leider viel zu tun.
Auf nach Italien
So gefällt ihm der nächste Job als Zolleinnehmer, bei dem er nichts zu tun hat und im Schlafrock auf der Bank sitzen kann, bedeutend besser. Als er die Geliebte verheiratet wähnt, flieht er und macht sich auf nach Italien. Auf der Reise hat er zahlreiche Abenteuer zu bestehen, mit einem verkappten Liebespaar, einem Hund, Räubern, unangenehmen Schlossbewohnern und anderen.
Letztlich erreicht ihn ein Briefchen seiner Schönen, er kehrt heim und die Novelle endet mit den wunderbaren Worten: „Und es war alles, alles gut.“ Celino Bleiweiss hat die Fassung so geschickt gekürzt, dass der die Novelle nicht kennende Zuhörer meint, die gesamte Geschichte gehört zu haben, die fehlenden Abschnitte fallen überhaupt nicht auf.
Ausdrucksstarke Lesung
Er liest ausdrucksstark, mit zurückhaltender, aber passend eingesetzter Mimik und Gestik. Seine Sprache ist so klar und verständlich und gut akzentuiert, wie man sie sich bei vielen heutigen Schauspielern wünschen würde, die zumeist nuscheln und die Hälfte der Silben verschlucken.
Witzige Passagen versieht er mit einem Schuss Ironie, so dass die Lesung zu einer abwechslungsreichen und unterhaltsamen Veranstaltung wird. Sie macht große Lust darauf, den immerhin 43 Jahre alten Film des Otterfinger Regisseurs anzuschauen.
Er wird am 28. Juni um 18.30 Uhr in der vhs gezeigt. Thomas Mandl lud die zahlreichen Gäste in der Bücherecke zu dieser Veranstaltung mit Verköstigung ein, bei der sie, wenn sie gut aufgepasst haben, einen Bonus bekommen.
Die Hauptrolle in dem Film spielt der amerikanische Protestsänger Dean Reed, der freiwillig in die DDR übergesiedelt war. Interessant ist auch, dass es Celino Bleiweiss gelang, für die Rolle der Gräfin die westdeutsche Schauspielerin Hannelore Elsner in die DDR zu holen, nach dem Bau der Mauer war es das erste Mal, dass eine BRD-Schauspielerin in einem Defa-Film mitspielte. Seine Ehefrau, die in der DDR sehr populäre Monika Woytowicz, spielte die Kammerzofe.
Thomas Mandl sagte, dass die Figuren in der Novelle wenig beschrieben seien, sie seien eher wie gemalt. Diese Charakterisierung trifft auf den gesamten Film zu, er ist eine romantische Malerei, zeitlos und wunderschön anzusehen. Und gleichzeitig gelang es dem Regisseur, gut verpackt, aber für die Insider verständlich, Systemkritik einzubauen. So singt Dean Read „Die Gedanken sind frei“.