Folge deiner eigenen Vision
Ungewöhnliche Unternehmerinnen. Foto: Felicitas von Aretin
Buchvorstellung im Zukunftsforum
Was macht Frauen zu Unternehmerinnen? Gibt es ein Geheimnis für ihren Erfolg? Felicitas von Aretin macht in ihrem eben erschienenen Buch anhand von Beispielen Frauen Mut, trotz gesellschaftlicher Versäumnisse, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Im Online-Dialog kamen überraschende Fakten zum Vorschein.
Der dritte Impuls im Rahmen des Zukunftsforums von „anders wachsen“ war dem Thema Frauen als Unternehmerin gewidmet. Nach „Resilienz“ und „Wege ins Ungewisse“, beides Vorträge von Männern, sollte jetzt die Rolle der Frau im Fokus stehen.
Mit Felicitas von Aretin war eine Autorin und Historikerin zu Gast, die sich in ihren Büchern Menschen widmet, die die Welt im Kleinen und Großen verändert haben. In ihrem Buch „Ungewöhnliche Unternehmerinnen und das Geheimnis ihres Erfolges“ porträtiert sie 20 Unternehmerinnen aller Altersgruppen aus Vergangenheit und Gegenwart.
Felicitas von Aretin in der Zoomveranstaltung. Foto: Screenshot Becky Köhl
Anja Gild aus dem „anders wachsen“-Team gestaltete mit der Autorin in Frage und Antwort eine lebendige Sonntagsmatinee, die ausschließlich von Frauen besucht war. Die gesellschaftliche Situation listete Felicitas von Aretin so auf: „Frauen bekommen weniger Kredite, nur vier Prozent aller Start-Ups sind nur von Frauen gegründet.“ Das läge auch daran, dass Frauen weniger technologisch ausgerichtet seien und die meisten Start-Ups aus diesem Bereich kämen. Frauen seien aber auch vorsichtiger als Männer und müssten Beruf und Familie unter einen Hut bringen. Und nur 30 Prozent der Vorstandsposten seien von Frauen besetzt, in Daxunternehmen sogar nur knapp 13 Prozent, ergänzte Anja Gild.
Ungewöhnliche Unternehmerinnen: Luise Händlmaier
Trotz der gesellschaftspolitischen Umstände fand die Autorin mutige Frauen, die das Risiko auf sich nahmen und somit geeignet sind, anderen Frauen Mut zu machen. Als Beispiel erzählte Felicitas von Aretin die Geschichte der Luise Händlmaier, die 1964 nach dem Tod ihres Mannes zunächst in ihrer Küche süßen Senf nach dem gehüteten Rezept der Schwiegermutter produzierte und damit den Grundstock für den Weltmarktführer legte.
Die Übernahme eines vorhandenen Betriebes sei eine Voraussetzung, die sie bei ihrer Recherche vorgefunden habe, berichtete die Autorin. Oft hätten die Frauen aus einer Notsituation heraus, etwa dem Tod des Ehemannes, die Zügel in die Hand genommen. Auch die Firma Dallmayr in München sei dafür ein Beispiel, wo die Witwe mit fünf Kindern den Betrieb übernommen habe.
Pauline Zimmerli und George Clooney
Unternehmerisches Denken habe auch Pauline Zimmerli bewiesen, die, durch die Arbeitslosigkeit des Mannes in Not geraten, eine eigene Strickmaschine entwickelte und damit eine Weltmarktfirma für feine Unterwäsche gründete, für die heute George Clooney Reklame mache. Die Situation der Frau in der Vergangenheit sei aber mit der der modernen Frau nicht vergleichbar, betonte die Autorin. Heute würden Frauen studieren und seien somit gerüstet. Allerdings spiele die Sozialisation eine große Rolle, die meisten Unternehmerinnen kommen auch aus Unternehmerfamilien. „Es ist ein Manko der deutschen Gesellschaft, dass Frauen aus Arbeiter- oder Migrantenfamilien weniger Chancen haben.“
„Ohne Mann gehts nicht“
Auch die Rollenklischees haben sich verändert. So fand Felicitas von Aretin, dass Männer sehr oft ihre Frauen unterstützen, sogar zugunsten der Frau zurücktreten. „Ohne Mann geht’s nicht“, betonte sie. Was das Erfolgsrezept anbelange, da gebe es nur einen Rat: „Folge deiner eigenen Vision, verlass dich auf dich selbst und lass dich nicht entmutigen.“ Die Wege der Frauen heute seine sehr individuell und jede habe ihr eigenes Rezept.
Mit Isabelle Zapf stellte sie eine junge Unternehmerin vor, die in Coronazeiten sehr mutig ihr Onlineunternehmen Z-Ora gründete. „Das ist ein typisches Beispiel für open end“, sagte Felicitas von Aretin. Auf die Frage von Anja Gild, welche ihrer Geschichten ihr am besten gefalle, musste sie passen: „Ich finde sie alle toll.“ Die Moderatorin meinte, dass sich bei allen Geschichten ein Grundgefühl für Mut entwickle, sie aber insbesondere von Sophie von Schweisfurth überzeugt sei, die die Hermannsdorfer Landwerkstätten übernahm, als eine Nachfahrin von insgesamt acht Enkeln des bekannten Spurwechslers Karl Ludwig Schweisfurth. Ehemals Besitzer von „Hertha“, später Biobauer, verstarb der Unternehmer im vergangenen Jahr.
Moderatorin Anja Gild. Foto: Screenshot Becky Köhl
In der Diskussion kamen die mangelnden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, wie geringerer Lohn für Frauen, zu wenig Betreuungsplätze für Kinder zur Sprache. Auch Corona, betonte Anja Gild, betreffe Frauen sehr stark, insbesondere alleinerziehende Frauen. Hilfreich sei es, in einem Netzwerk zu arbeiten. Sie erwähnte eine Initiative, bei der ausschließlich Frauen mit Kindern eingestellt werden und für diese eine Betreuung im Unternehmen stattfindet.
Auch die Position von Frauen in der Kirche kam zur Sprache und Felicitas von Aretin betonte, dass es hier nicht nur die katholische Kirche sei, in der Machtstrukturen verändert werden müssen, sondern das betreffe ebenso den Buddhismus. Frauen in buddhistischen Klöstern seien vollkommen den Männern untergeordnet. Aber, so hoffte sie, „Religion wird wieder weiblich“.
Eine erfolgreiche Unternehmerin wird die nächste Sonntagmatinee des Zukunftsforums gestalten: Katharina Schüller, kürzlich als Beraterin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel, spricht am 7. März um 11 Uhr über Datenkompetenz. Anmeldungen beim KBW Miesbach.