Erster Valleyer Kulturtage Abend in der Zollingerhalle

Der musikalische Nachwuchs auf der Valleyer Kulturtage-Bühne: (v.l.) Theresa Adelsberger , Bernadett Huber, Theresa Frey. Foto: Annemarie Hagn

Endlich wieder Kultur in Valley!

Statt drei Tage ein Abend: Am vergangenen Freitag starteten die Valleyer Kulturschaffenden mit dem „Valleyer Kulturtage Abend“ ein neues, sich wiederholendes Format – vorerst anstelle der Kulturtage, die letztes Jahr wegen Corona abgesagt werden mussten. Für alle, Mitwirkende und Publikum, war es wie eine seelische Kur – endlich wieder gemeinsam hören, sehen, staunen. Und die Ukraine mittendrin.

Es hat einfach wahnsinnig gutgetan – sich treffen, Musik und Bilder genießen. Sich entführen lassen in die Welt der Kultur. In die Welt der Valleyer Kultur am ersten Valleyer Kulturtage Abend dieses Jahres. Der nächste Abend dieses Formats steht mit dem 13. Mai 2022 bereits in den Startlöchern.

Aus der Not eine Tugend machen

Eigentlich war dieser Abend eine Notlösung, nachdem die Valleyer Kulturtage 2021 wegen Corona ausgefallen sind. Das Programm stand, die Motivation der Mitwirkenden war hoch – warum also die Energie verpuffen lassen? So wurde aus der Not eine Tugend und das Format „Abend der Valleyer Kulturschaffenden“ war geboren. Am vergangenen Freitag trafen sich Mitwirkende und Publikum erstmals in der Zollingerhalle. Dr. Sixtus Lampl persönlich eröffnete den von Chef-Organisator Bernhard Wolf moderierten Abend mit einem „Organoappetizer“ an der großen Steinmeier-Orgel. Die Spenden, die nach dem Konzert gesammelt wurden, gingen als Reinerlös komplett an die erst kürzlich ins Leben gerufene „Dr. Sixtus und Inge Lampl Stiftung“.


Hausherr Sixtus Lampl begrüßte das Publikum mit einem „Organoappetizer“ und sorgte am Ende auch für den musikalischen „Rausschmeisser“. Foto: Annemarie Hagn

Danach wurde es still und dunkel im großen Raum. Der Fotograf Manfred Lehner entführte das Publikum nach Venedig. Venedig bei Nacht, Venedig am Morgen, die Gassen der Stadt, Menschen, Plätze, Tauben, Wasser. Das von ihm bevorzugte Format „Fotofilme“ berührt durch die Kombination von traumhaften Fotos in Schwarz-weiß und Farbe, unterlegt mit Tönen, Geräuschen, Musik Atmosphäre. Der Betrachter ist mittendrin.

Dann folgte der musikalische Teil des Abends: Die Valleyer Saitenmusi mit den jungen Musikerinnen Theresa Adelsberger (Harfe), Theresa Frey (Hackbrett) und Bernadett Huber (Gitarre) lösten mit ihrem vielfältigen Repertoire – vom Bauernschottischen über ein Menuett aus Mozarts „Don Giovanni“ bis hin zum Kitchen-Ragtime – Begeisterung aus.

Den Menschen in der Ukraine gewidmet

Das Duo Querbalg mit Barbara Bertram am Akkordeon und Gritt Fried-Pittermann an der Querflöte lenkte die Aufmerksamkeit auf den Krieg in der Ukraine. Die beiden Frauen, die zum ersten Mal bei den Kulturtagen 2019 gemeinsam auftraten, widmete ihr erstes Stück, das ukrainische Lied „Eine Mondlichtnacht“, zwei jungen Besucherinnen aus der Ukraine, die mitten im Publikum saßen: Gloria und Polina, zwei Mädchen aus Charkow, die zusammen mit ihren Familien in Valley privat untergekommen sind und an diesem Freitag beide ihre Geburtstage feierten.


Stimmgewaltig: Annemarie Hagn darf bei keinem musikalischen Valleyer Kulturevent fehlen. Foto: Barbara Bertram

Annemarie Hagn, die den zweiten Teil des Abends einleitete, holte die beiden auf die Bühne, überreichte ihnen zwei kleine Päckchen und der ganze Saal sang „Happy birthday to you“. Eine derart harmonische und in Gedanken an die Menschen in der Ukraine geeinte Atmosphäre hat das Klangwunder Zollingerhalle sicherlich noch nicht so oft erlebt.

Mit ihrer warmen, variantenreichen Stimme fesselte Annemarie Hagn, die sich mit der Gitarre begleitete, den fast voll besetzen Saal. Vom selbstkomponierten 1001-Nacht-Jodler, über die alte Volksweise „die kropferte Pinzgerin“, bis hin zu beinahe kabarettistisch anmutende Worteinlagen zeigte die gebürtige Hohendilchingerin die ganze Bandbreite ihres riesigen Programms – präsentiert in ihrer gewohnt lässigen, witzigen, hintergründigen Manier.

Ganz nebenbei verlieh Hagn einen Orden an Bernhard Wolf und Ralf Lorenzer – für ihr Engagement für den heutigen Abend.


Mit einem „Orden“ bedankte sich Annemarie Hagn bei Bernhard Wolf für die Organisation und bei Ralf Lorenzer für die Bereitstellung seines gesamten Musikequipments. Foto: Annemarie Hagn

Jazzimprovisationen, greislige Masken, kafkaeske Aphorismen

Die Valleyer Kultur- und Musikerszene zeichnet sich schon seit Jahren durch ihre Vielfalt aus. Tradition und Moderne, Klassik und Jazz, Bewährtes und Überraschendes – sämtliche Spielarten von Kultur finden sich in einem Dorf. Eine Kostprobe davon gaben Ralf Lorenzer (Klavier) und der Geiger Christoph Bencic. „Was Euch gerade zu Ohren gekommen ist, war und bleibt einmalig,“ kommentiert Moderator Wolf. Jazz vom feinsten, von Ralf Lorenzer selbst komponiert und im Zusammenspiel frei improvisiert. Themen, Harmonien, Antworten, Akzente – Geige und Klavier im musikalischen Dialog, einmalig einzigartig.


Zwei Profis am Werk: Die Jazzimprovisationen von Geige (Christoph Bencic) und e-Piano (Ralf Lorenzer) waren ein Lehrstück für ein feinsinniges, von höchster Musikalität getragenes, aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel. Foto: Annemarie Hagn

Einzigartig auch die „greisligen Masken“ von und mit Andreas Ringk, die allesamt handgefertigte Originale sind und einem das Fürchten und Staunen lehren. Der Künstler präsentierte eine Auswahl seiner teils schaurigen, kunstvoll gestalteten Fratzen am Eingang und bei einem Gang durchs Publikum.


Andreas Ringk hat eine blühende Fantasie und geschickte Hände – in seiner Freizeit gestaltet und fertigt der junge Mann außergewöhnliche Masken. Foto: Bernhard Wolf

Auch als Überraschungseffekt gedacht, garnierten kurze, philosophische Aphorismen von Franz Kafka, eingestreut zwischen den Darbietungen, den Abend – vorgetragen im Dialog von Anja Gild und Ralf Lorenzer.

Organist und Hausherr Sixtus Lampl griff nach zwei Stunden inklusive Pause die modernen Elemente der zweiten Halbzeit auf und servierte dem begeisterten Publikum als Rausschmeißer ein frech-modernes „Organodessert“, das die hölzerne Deckenkonstruktion zum Beben brachte. Immer wieder Gänsehaut, wenn die große Steinmeier-Orgel in ihrer ganzen Klangfülle zum Leben erwacht.

Ausblick
Und wie geht es weiter mit der Valleyer Kultur? „Es gibt einen zweiten Kulturtage Abend. Am 13. Mai 2022 um 19 Uhr im Valleyer Schloss Bräu.“ Bernhard Wolf hat das Programm fast schon in trockenen Tüchern. Wieder werden Spenden gesammelt – dann für die Ukraine.

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