Villa Stuck

Ein Rundgang durch die Villa Stuck in München

Durchgang zum Musikzimmer. Foto: Isabel Sophie Oberländer

Die historischen Innenräume der Villa Stuck in München

Dem Zeitgeist des 20. Jahrhunderts auf der Spur? Das ist Dank der historischen Räume der Villa Stuck in München auch ohne eine Zeitmaschine möglich. Treten Sie ein, liebe Lesende, und entdecken Sie anhand der teilweise noch original ausgestatteten Zimmer die Welt des Malerfürsten Franz von Stuck!

Ein Bauprojekt, das Seinesgleichen suchte

Kaum eine Person hat die Münchner Raumkunst und Malerei der Jahrhundertwende derart geprägt wie Franz von Stuck (1863-1928). Im Alter von 34 Jahren ließ der Maler im Jahre 1897 ein pompöses Wohnhaus für sich und seine Familie in nächster Nähe zum heutigen Friedensengel erbauen. Die Fertigstellung nach eigenen Entwürfen des Künstlers dauerte drei Jahre. Bis zur noch so kleinen Feinheit wurde nichts dem Zufall überlassen, denn die dreigeschossige Villa sollte in ihrer Gestaltung Franz von Stuck durch und durch widerspiegeln und den Höhepunkt seiner Karriere bilden. Modern, repräsentativ und eindrucksvoll sollte sie wirken – eben genau das Richtige für einen Mann von Welt.

Besonders hervorzuheben ist die moderne Infrastruktur der Villa, denn sie verfügte schon damals als eines der ersten Privatgebäude der Stadt über Annehmlichkeiten wie fließendes Wasser und elektrisches Licht.

Villa Stuck
Die Schlange als Schutzsymbol des Hauses. Foto: Isabel Sophie Oberländer

Hereinspaziert beim Malerfürst

In Sachen Luxus und Dekor steht die Innenraumgestaltung dem äußeren Erscheinungsbild des Wohnhauses um nichts nach. Die Liebe zum Detail wird bereits beim Betreten des Gesamtkunstwerks deutlich. Was heute durch eine unauffällige Seitentür geschieht, passierte in der Vergangenheit in deutlich repräsentativerer Manier: Ein schweres Portal aus Bronze empfing Besuchende, wirkte jedoch durch ein aus demselben Material gegossenes Gorgonenhaupt ebenso respekteinfloßend. Eine weitere Medusa Rondanini ziert die gegenüberliegende Wand im Innenraum des Vestibüls. Dieses und andere Bronzereliefs nach antikem Vorbild, teilweise eigenhändig von Franz von Stuck nachträglich farbig gefasst, schmücken den Empfangsraum des Hauses.

Insgesamt hält sich das Eingangszimmer im Vergleich zur Ausgestaltung der folgenden Räume farblich zurück. Es ist in dezenten Weiß-, Bronze-, und Ockertönen gehalten. Quadratische weiße Natursteine bilden ein Fußbodenmosaik, das anhand der verwendeten Materialien und der naturnahen Optik eine Verbindung zwischen Außen- und Innenraum schafft. Auch der Boden ist ganz der Antike nachempfunden: Schwarze Steine formen eine Schlange, welche von einem Löwen und einem Adler flankiert wird. Letztere symbolisieren die Kraft und Stärke der Hausbewohner wohingegen die Schlange für ihren Schutz steht.

„Dies Haus ist der Mann“ [Fritz von Ostini, 1909]

Villa Stuck
Der Empfangssalon glänzt ganz in Gold. Foto: Isabel Sophie Oberländer

Die Zeitgenossen des 20. Jahrhunderts schätzten den Stil des Historismus, welcher sich an Stilelementen vergangener Epochen bedient, beispielsweise an der Antike oder der Renaissance-Zeit. Somit wirken selbst Profanbauten dieser Zeit wie altrömische Paläste oder barocke Schlösser. Auch Franz von Stuck mischte in wildem Eklektizismus marmorne Pilaster, Möbelbeschläge des Stil Empire und individuelle extravagante Gestaltungselemente, um sein Innerstes auszudrücken und um sich und seine Gemälde vor Gästen repräsentativ in Szene zu setzen.

Am deutlichsten kommt der eigensinnige und extravagante Charakter des Künstlers im Empfangssalon zur Geltung, den man durch eine goldbeschlagene Schiebetür betritt. Man möge anfangs denken, sich in der Tür geirrt zu haben, denn die Ästhetik des Raumes gleicht eher dem Inneren eines byzantinischen Gotteshauses. Es herrschen Prunk und Ornamentik vor, ganz gemäß dem Motto „klotzen statt kleckern“. Allerdings sind hier edle Möbel, Kunstwerke und Materialien anstelle von Heiligtümern in Szene gesetzt. Rote Marmorverkleidungen an der Wand und ein schillerndes Mosaik reflektieren die Lichter, welche von der schweren Kassettendecke und einer verspiegelten Wand strahlen. Dieselbe Farbigkeit findet sich ebenso in der Gestaltung der Nischen an der Südwand wieder. Auch hier wurde nach antikem Vorbild dekoriert – mit steinernen Häuptern antiker Götter, nachkoloriert von Stuck persönlich. Im ausladenden Serpentinstein-Kamin musste zu Stucks Lebzeiten ein gemütliches Feuer für den Hausherren und seinen Besuch geknistert haben.

Auf dem vom Künstler selbst entworfenem Parkettfußboden mit geometrischem Muster ist ein Ensemble filigraner Polstermöbel platziert, das die Raumgliederung bestimmt. Sitze, Bänke und Tische sind im wahrsten Sinne des Wortes preisgekrönt, denn damit gewann der Malerfürst auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 die Goldmedaille.

Geschnörkelte Bilderrahmen, Appliquen in Form altgriechischer Koren und etruskischer Löwenköpfe, Intarsienmuster – dies alles ist im Originalzustand. Lediglich die hellen Bezüge aus Seidendamast mussten aufgrund von Beschädigungen durch eine Kopie des Originalstoffes ersetzt werden.


Auch die Rahmen für seine Gemälde entwarf Franz von Stuck selbst. Foto: Isabel Sophie Oberländer

Der rote Gestaltungsfaden setzt sich in der weiteren Raumfolge fort. Die Bibliothek und der Musiksalon sind dem Empfangssalon nachempfunden. Ursprünglich ist dies auch in den weiteren Räumen des Erdgeschosses der Fall gewesen, doch diese Räume wurden im zweiten Weltkrieg zerstört. Nun sind nach dem Wiederaufbau anstelle von Möbeln Gemälde von Stuck zu bewundern. Außerdem hat man einen herrlichen Blick auf die Terrasse und den Garten mit Pergola.


Das alte Atelier im Obergeschoss. Foto: Isabel Sophie Oberländer

Das Obergeschoss beherbergte bis zum Anbau eines neuen Gebäudeteils an der Westseite (1909) das Atelier des Künstlers. Hier entstand während seiner erfolgreichsten Schaffensphase ein Großteil der Meisterwerke, wie sein berühmtestes Werk „Die Sünde“. Insgesamt existieren zehn Fassungen des Gemäldes, die jeweils in einem altarartigen Rahmen in Szene gesetzt werden. Nur eine „Sünde“ ist in der Villa Stuck geblieben. Sie wurde 1905 fertiggestellt und thront würdevoll auf einem tempelhaften Aufbau, welcher zu Lebzeiten des Malers seinen Modellen als Umkleide gedient hatte.


Der Altar der Sünde im alten Atelier. Foto: Isabel Sophie Oberländer

Nicht zu vergessen ist die Rolle der Wohnräume der Villa Stuck als Epizentrum gesellschaftlichen Lebens. Bei den rauschenden Festen der von Stucks ging die zeitgenössische Elite ein und aus. Man kostümierte sich und tanzte, aß und diskutierte.

Bedauerlicherweise sind die meisten Künstlerhäuser heute nicht mehr erhalten. Von umso höherem Wert ist die Villa Stuck als materielle Zeitzeugin und Spiegel der Fantasiewelt ihres Schöpfers.

Museum Villa Stuck, Prinzregentenstraße 60, 81675 München, Tel: 089-45 55 51-0, Di-So, Feiertage: 11-18 Uhr. Weitere Veranstaltungen:

EINBLICKE: In den EINBLICKE-Führungen führen Künstler*innen, Kurator*innen und Mitarbeiter*innen des Hauses und vermitteln im persönlichen Gespräch Inhalte und Hintergründe der aktuellen Ausstellungen. Jeweils Mittwoch, 16.30 Uhr.

Öffentliche Führungen der Volkshochschule: Die Münchner Volkshochschule (MVHS) bietet zu jeder Ausstellung öffentliche Führungen mit einer Dauer von 60 oder 90 Minuten an. Eine Teilnahme ist nur nach vorheriger Anmeldung bei der MVHS möglich: telefonisch montags und dienstags 9–13 Uhr, mittwochs und donnerstags 14–19 Uhr unter Tel. 089-4 80 06 62 39 oder auf https://www.mvhs.de.
Die nächsten Führungen der MVHS finden statt am: Sonntag, 18. September um 14:00, Sonntag, 2. Oktober um 14:00, Dienstag, 20. September: Online Vortrag der MVHS „Prunk und Pracht um 1900. Die Münchner Künstlervillen von Stuck, Lenbach, Hildebrand“, 18:00

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