Wahl-O-Mat-Ratsch, zumeist freundlich

Initiator und Moderator Girgl Ertl. Foto: MZ

Diskussion in Weyarn

Zur Wahl-O-Mat-Ratscherei hatte WeyHalla-Wirt Girgl Ertl eingeladen. Sein Plan, in freundlicher Atmosphäre unterschiedliche Auffassungen zu diskutieren, ging zumeist auf. Nicht alle 38 Fragen konnten besprochen werden, aber es gab ein Ergebnis.

Im Februar sollte der erste Gentle Evening, also jeder 2. Donnerstag im Monat, an dem die WeyHalla zum eintrittsfreien Miteinander zu unterschiedlichen Themen einlädt, der Bundestagswahl gewidmet sein. „Politik ala WeyHalla – Hauchzart improvisiert“, schrieb Girgl Ertl in gewohnt lässiger Weise in seiner Einladung und weiter: „Wir sind ein Veranstaltungs-, ein Kulturbetrieb, hier geht’s nicht darum, wer recht hat, sondern wie wir am besten miteinander können!“

Wahl-O-Mat
Einladung zum Wahl-O-Mat. Foto: MZ

Er hatte zehn bis 15 Leute erwartet und erhoffte sich, dass zu den 38 Fragen im Wahl-O-Mat einige kontrovers diskutiert werden. Es waren dann 13 Gäste und seine Erwartungen erfüllten sich zum Teil. „Es hätte spannender sein können“, konstatierte er danach, „es war niemand von der AfD da und das war vielleicht besser so.“

Unter dem WeyHalla-Slogan „Love, Peace and Happiness” startete er den Abend und gestand, dass ihn das Münchner Attentat doch sehr belaste, aber es solle an diesem Abend ausgespart werden.

Freundlich miteinander reden

„Der Plan ist, freundlich miteinander zu reden, nicht wie die Realpolitiker, sondern wie es sich bei jedem von uns anfühlt.“ Die Teilnehmenden zogen der Reihe nach Zettel aus dem Zylinder und Girgl Ertl platzierte mit dem Beamer die entsprechende Wahl-O-Mat-Frage, zu der das Publikum sich für „stimme zu“, „neutral“ oder „stimme nicht zu“ entscheiden konnte. Die mehrheitliche Meinung klickte der Moderator an. Zuvor aber durften Meinungen geäußert werden.

Schon die erste Frage 9 „Alle Beschäftigten sollen bereits nach 40 Beitragsjahren ohne Abschläge in Rente gehen können“ brachte unterschiedliche Auffassungen zutage mit dem Tenor, wie das finanziert werden solle. Einhellige Meinung, ein neues Rentensystem sei erforderlich und die Mehrheit stimmte dagegen.

Schuldenbremse

Dagegen war auch die mehrheitliche Meinung bei Frage 33 „Unter 14-Jährige sollen strafrechtlich belangt werden“, denn man war sich einig, dass Kindern und Jugendlichen mit Strafrecht nicht geholfen werden könne.

Neutral indes herrschte bei Thema 22 vor: „Die Schuldenbremse im Grundgesetz soll beibehalten werden“. Einig war man sich, dass in vielen Bereichen, etwa der Bildung, Investitionen dringend erforderlich seien.

Einheimische und Zugezogene

Die heftigste kontroverse Diskussion entzündete sich bei Thema 6: „Bei Neuvermietungen sollen die Mietpreise weiterhin gesetzlich begrenzt bleiben.“ Verständlicherweise haben Vermieter und Mieter hier unterschiedliche Meinungen, die Debatte aber ging um die hohen Grundstückspreise im Oberland. Die reichen zugezogenen Preißn würden den Einheimischen das Wasser abgraben, hieß es polemisch. Dem entgegnet wurde, dass gerade Einheimische die teuren Wohnungen im Weyarner Klosteranger gekauft hätten. Hier wurde es heftig und auch unfreundlich.

Viel Einigkeit

Letztlich aber war man sich einig, dass die spekulativen Bodenwertsteigerungen gegen das im Grundgesetz verankerte Gemeinwohl verstoßen und Girgl Ertl konnte „stimme zu“ anklicken.

Viele weitere Themen, wie zum Mindestlohn, zur Kernenergie, Klimaneutralität, Ausbau erneuerbarer Energie und anderer gingen ohne nennbare Diskussion einheitlich durch.

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Thema 11. Foto: MZ

Diskutiert wurde dagegen das Thema 11 „Deutschland soll weiter die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland fördern“, das Thema 1 „Deutschland soll die Ukraine weiterhin militärisch unterstützen“ oder Thema 26 „Schwangerschaftsabbrüche sollen in den ersten drei Monaten weiterhin nur nach Beratung straffrei sein“. Dass man damit Frauen Verantwortungslosigkeit unterstelle, wurde negativ bewertet und der Moderator klickte „stimme nicht zu“ an.

„Ich fand es relativ angenehm“, konstatierte Girgl Ertl nach drei Stunden Debatte. Natürlich gebe es immer Leute, die meinten mehr zu wissen als alle anderen, aber das müsse man eben aushalten. Seine Idee, an diesem Abend so miteinander zu sprechen, wie man empfinde, sei aufgegangen. „Wir wollten das Politikgedöns, wie die miteinander umgehen, draußen lassen“, bekräftigt er seine Philosophie.

Eine Frage der Kommunikation

Auch andere Teilnehmende fühlten sich durch ausufernde Diskussionsbeiträge genervt. „Ich kann gut mit anderen Meinungen leben, aber die Art und Weise, wie manche Leute kommunizieren, das Dozieren oder unreflektierte Schwarz-Weiß-Darstellen, das ist anstrengend“, sagte eine Teilnehmerin.

Von den 38 Themen wurden mehr als zwanzig besprochen und ein Ergebnis ermittelt. Das aber soll hier nicht verraten werden, denn auch wir sind ein Kulturbetrieb und machen keine Wahlwerbung.

Das Programm der WeyHalla finden Sie auf der Webseite.

Zum Weiterlesen: Vom Glück der Demokratie

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