Warum die Wirtschaftswissenschaft eine plurale Erneuerung braucht
Nils Goldschmidt, Professor für Kontextuale Ökonomik und ökonomische Bildung an der Universität Siegen. Foto: Konrad Adenauer Stiftung
Gedanken zur Zeit
Im Denkwerk Zukunft, von Sozialwissenschaftler Meinhard Miegel gegründet, werden auf breiter Ebene neue Ansätze unseres gesellschaftlichen Lebens diskutiert. Heute publizieren wir einen Aufruf des Ökonomen Nils Goldschmidt von der Universität Siegen, Initiator des deutschlandweit ersten Masterstudienganges „Plurale Ökonomik“:
„Die ökonomische Welt ist in Bewegung: der Zusammenbruch des Sozialismus, die rasanten Entwicklungen im asiatischen Raum, Globalisierung und Digitalisierung, der arabische Frühling, die Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise – um nur einige Ereignisse zu nennen – haben unsere tradierten Vorstellungen vom Verlauf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse ins Wanken gebracht.
Offensichtlich müssen wir unsere gewohnten wirtschaftstheoretischen und wirtschaftspolitischen Überzeugungen auf den Prüfstand stellen – und vor allem müssen Ökonomen wieder lernen, Ökonomie und Gesellschaft zusammen zu denken. Grundvoraussetzung dafür ist die Einsicht, dass es nicht nur eine Perspektive auf die Dinge gibt, sondern dass wirtschaftliche Phänomene im Kontext historischer und kultureller Prozesse verstanden und interpretiert werden müssen.
Eine solche vielschichtige und plurale Sicht muss sich auch in der universitären Ausbildung wiederfinden. Doch die Lehre ist fokussiert auf die Modelle des neoklassischen Mainstreams und deren Weiterentwicklung. So wichtig dieser Kernbestand des Faches ist – für die Herausforderungen der Zukunft braucht es mehr. Wirtschaftsethik, Geschichte des ökonomischen Denkens, Institutionenökonomik, Entwicklungsökonomik, ökologische Ökonomik und viele weitere, ergänzende Ansätze sollten mehr sein als Nebenschauplätze der volkswirtschaftlichen Lehre. Sie sind unentbehrlich, wenn wir unsere Studenten zu dem ausbilden wollen, was die Gesellschaft braucht: Verantwortliche und handlungsfähige Ökonomen!“
Am 2. Oktober organisiert das Denkwerk Zukunft – Stiftung kulturelle Erneuerung in Berlin eine Konferenz, bei der folgende Fragen zur Debatte stehen:
Die überwältigende Mehrheit der Menschen will nachhaltig leben und wirtschaften, aber nur eine Minderheit tut es. Ursächlich hierfür dürften nicht zuletzt mentale Prägungen sein, die nachhaltigem Handeln entgegenstehen. Was sind die historischen sowie philosophisch-religiösen Wurzeln dieser Prägungen? Gibt es Wertesysteme, die nachhaltigem Leben und Wirtschaften zuträglicher sind als das unsere? Und schließlich: Können wir solche Systeme nutzen, um dem Ziel der Nachhaltigkeit näher zu kommen?
Fragen wie diese sollen auf der Konferenz des Denkwerks Zukunft – Stiftung kulturelle Erneuerung „Warum wir nicht tun was wir für richtig halten – Über die Macht tradierten Denkens“ am Sonntag, den 2. Oktober 2016 im Umweltforum Auferstehungskirche Berlin, Pufendorfstraße 11, 10249 Berlin von 9.30 Uhr bis ca. 16 Uhr diskutiert werden.
Wie bei den vorherigen Konferenzen findet auch diese in Verbindung mit einem Benefizkonzert der Stiftung NaturTon zugunsten von Eben!Holz e.V. statt. Am Konferenztag, dem 2. Oktober 2016 um 17.00 Uhr wird Gustav Mahler: Das Lied von der Erde in einer Kammermusikfassung und Olivier Messiaen: Oiseaux Exotiques – Exotische Vögel – in der Lokhalle aufgeführt.
Weitere Informationen unter: http://www.denkwerkzukunft.de/index.php/aktivitaeten/index/4.%20Konferenz