Wege transzendeten Naturverstehens
Mark Angus: Kampf Jakobs mit dem Engel. Foto: Ines Wagner
Thementag in Fratres/Niederösterreich
Das Sein des Menschen in der Natur und das Sein der Natur in dem Menschen zeigten gestern in der Kulturbrücke Fratres Kunst, Literatur und Musik. Wie ist es möglich, wieder vom per Sie zum per Du mit der Natur zu kommen?
Den Weg der Transzendenz eröffnet das Glas, denn Glas ist transparent und kann aus irdischem Licht sakrales schaffen. Dies haben Glaskünstler von Kirchenfenstern schon lange erkannt. Der britische Künstler Mark Angus zeigt unter dem Titel „Ungewiss“ eine faszinierende Ausstellung im Gutshof Fratres. Katharina Eich-Angus führte in das Werk des Künstlers ein. Engel sind die Grenzgänger zwischen Himmel und Erde, diese stellt er in verschiedener Form dar.
Aber er geht auch in die Moderne und hat eine Figur geschaffen, die kurz vor einer Entscheidung steht: Springt sie oder springt sie nicht? Eine typische Situation des Menschen, der Verantwortung übernehmen muss. Und Mark Angus nimmt die biblische Geschichte des Kampfes von Jakob mit dem Engel als Symbol für die heutige Auseinandersetzung mit dem Fremden und zeigt die Ambivalenz zwischen Kampf und Umarmung.
Kateřina Tučková. Foto: Monika Ziegler
„Das Vermächtnis der Göttinnen“ heißt ein Roman der jungen tschechischen Autorin Kateřina Tučková. Darin erzählt sie die Geschichte von weisen Frauen in einem Dorf in den Karpaten, die die Kräfte der Natur für das Leben der Menschen nutzten, in weißer und zuweilen auch in schwarzer Magie. Die Autorin berichtete, dass über die Existenz dieser Frauen zwar erstmals im 17. Jahrhundert berichtet wird, aber die Anfänge in das 6. Jahrhundert zurückreichen.
Im Jahr 2001 verstarb die letzte der „Göttinnen“ und nahm die Geheimnisse des jahrhundertelangen Wirkens mit ins Grab. Sie wurden von der katholischen Kirche ebenso verfolgt wie unter sozialistischer Herrschaft. Kateřina Tučková las einen Abschnitt aus ihrem Buch, in dem mit Hilfe der weisen Frau ein Mann zur Hochzeit mit einem verliebten jungen Mädchen gebracht wird. Das Rezept wird verraten!
Lenka Ovčáčková, die mit Elmar Csaplovics und Klara Benes den Tag gestalteten, und Thomas Sautner. Foto: Monika Ziegler
Ein ähnliches Thema, aber mit anderem Hintergrund bearbeitet der österreichische Schriftsteller Thomas Sautner in seinem Roman „Die Älteste“. Hier geht es um eine weise Frau aus der Ethnie der Jenischen, einem fahrenden Volk, ähnlich der Sinti und Roma, die als Heilerin bekannt war. Seine Roman basiert auf einer wahren Begebenheit, diese Frau lebte wirklich im oberen Waldviertel in einem Wohnwagen an einem Moorteich im Wald.
Zu ihr kommt Sophie, eine an Krebs erkrankte Wienerin. Thomas Sautner las die ersten Kapitel, die die Hoffnung der Kranken,ihre Skepsis, die zunächst merkwürdig erscheinende Haltung der Heilerin und den Umschwung zeigen. „Es war der Moment, als die Alte meine Lehrerin geworden ist“, sagt Sophie. Und die Heilerin sagt: „Nur du kannst dir helfen.“
Den Abschluss des Thementages, der keine einfachen Antworten auf das große Thema „Wege transzendenten Naturverstehens“ lieferte, sondern Fragen aufwarf und Denkanstöße mittels Kunst und Literatur gab, gestaltete der Musiker Marc Bruckner im Garten des Gutshofes, wo er seine Technik und zehn Instrumente installiert hatte. Seine meditative Musik rundete den inspirierenden Thementag ab.