Weltspitze an der Harfe
Uschi Laar. Foto: KN
Konzert in Miesbach
„Die Harfenspieler des heutigen Abends sind weltweit the Number One auf ihren Instrumenten“ – starke Worte der Initiatorin und Harfenistin Uschi Laar am Anfang des 11. Internationalen Harfenfestivals in Miesbach. Vor ausverkauftem Haus entlockten drei Harfenvirtuosen aus Schottland, USA und Deutschland ihren Instrumenten eine faszinierende Welt der Klänge, von Folklore über Jazz bis hin zu Rock. Der musikalischen Vielfalt entsprach die Vielfalt der Harfen. Auf die keltische Hakenharfe folgten Konzert- und Volksharfe. Uschi Laar selbst zeigte sich virtuos an ihrem Instrument. Begleitet von keinen geringeren als dem italienischen Gitarristen Nuntio Barbieri und dem Jazz-Kontrabassisten Dino Contenti. Mit dem Tiroler Duo Heidi Pixner (Harfe) und der Erzählerin Barbara Beinsteiner sollte sich die starke Seite der Harfe als Begleitinstrument für alle weiteren künstlerischen Ausdrucksformen zeigen.
Meisterliches Handwerk an der schottischen Hakenharfe
Die Virtuosität der Schottin Savourna Stevenson zu Beginn des Abends machte unmissverständlich klar, dass die Instrumentalisten halten werden, was Uschi Laar versprochen hat. Die Harfenistin und Komponistin Stevenson holte alles Erdenkliche aus der kleinen keltischen Hakenharfe heraus. Mit unglaublicher Ausdrucksstärke und Präzision entführte sie das Publikum in ihre Schottische Heimat. Sie interpretierte das Auf und Ab der Berge, das Flirren von Flüssen bis hin zu einer Liebeserklärung an ihre Tochter mit dem wunderbaren Stück „Emily’s Calling“.
Faszinierend vor allem die Geschwindigkeit, mit der sie im Spiel die kleinen Haken der Harfe hinauf- und hinunterklappte, dadurch mitten in der Melodieführung die Tonarten wechselten. Sie erzeugte mit den Haken Tremoli und fing mit Flageoletttönen die irisierende Stimmung der schottischen Landschaft. Auch für Laar eine besondere Begegnung: „Ich kannte sie bisher nur musikalisch, nie persönlich. Jetzt ist es mir endlich gelungen, sie hierher zu holen.“ Es sei eine grandiose Leistung, die Musik weiterfließen zu lassen, während die linke Begleithand immer wieder die Saiten verlassen und die Haken klappen muss. Aus dieser Not heraus entwickelte sich die Pedalharfe, die sich weitgehend durchgesetzt hat. Jedenfalls solle man dem Jazzharfenisten Park Stickney beim Spiel unbedingt auch auf die Füße schauen, so Uschi Laar bei ihren einführenden Worten zum nächsten Highlight.
Park Stickney – Weltklasse im Waitzinger Keller
Der kam mit seiner klangstarken Konzertharfe gerade aus China. Stieg mit Paul Desmonds „Take Five“ virtuos interpretiert und improvisiert ein. Sein großer Körper verschmilzt beim Spiel mit dem Instrument. „Er macht auf der Harfe all das, wovon ich immer sagte, man könne es nicht“. Es ist der Wechsel von stark akzentuierten einzelnen Tönen in einer Tonfolge und großen Spannungsbögen. Klar erkennbar die Melodien. Aber sein Spiel entwickelt ein Eigenleben und löst die Melodien in unendlichen Variationen auf. Seine Finger zupfen die Saiten mal zart und mal kraftvoll. Er kündigte von vornherein an, dass er vieles spielen wird, was bekannt ist. Aber letztlich ist es sein eigener Stil, der fasziniert und im Ohr bleibt – egal, ob Welthits wie „Georgia“ oder Eigenkompositionen wie „Surprise Corner“. Seine Musik mäandert zwischen Elementen aus Klassik und Jazz. So wie er selbst in seinem Leben zwischen verschiedenen Kulturen wechselt: Ist er mal nicht auf Tour, lebt er entweder in Brooklyn oder auf einem Bauernhof in der Schweiz. Der Mann mit dem Pferdeschwanz, dem kleinen Kinnbärtchen und der Brille hinterlässt ein tiefbeeindrucktes Publikum. Uschi Laar hat nicht zu viel versprochen: Mit Park Stickney spielte einer der ganz Großen seines musikalischen Fachs auf der Bühne des Waitzinger Kellers.
Harfe(n), Gitarre, Kontrabass – der krönende Abschluss
Der Abend bewegte sich von einem Höhepunkt zum anderen. Waren die Schottin und der US-Amerikaner schon grandios, folgte in der zweiten Halbzeit mit dem Trio Laar (Harfe), Barbieri (Gitarre), Contenti (Kontrabass/Cello) ein weiterer Ohrenschmaus. Es war ein absolut professionelles Zusammenspiel zwischen drei Musikern, die in intensivstem musikalischen Austausch standen, ohne sich im anderen zu verlieren. Für Laar ebenfalls ein Highlight. Denn in der Vergangenheit war Barbieri, ehemals Gitarrist während der Europa Tourneen von Paolo Conte, stets schon gebucht. Sie spielten also zum ersten Mal zusammen. Einen Raga, eine nordafrikanisch anmutende Eigenkomposition von Laar, „Azzuro“ von Paolo Conte und schließlich Jimi Hendrix – das Klangprisma der Harfe schien jetzt vollends entfaltet. Hochachtung auch vor Barbieri und Contenti. Der Gitarrist begleitete und führte frei improvisierend, teils mit einer hoch einfühlsam gespielten E-Gitarre, durch die verschiedenen musikalischen Stilrichtungen. Und der Kontrabassist Dino Contenti strich, zupfte, klopfte die Saiten seiner Instrumente und webte für Harfe und Gitarre einen wunderbar tragenden Klangteppich.
Eins, eins, eins – ein Ausblick in die Zukunft
Stand am Anfang des Abends die kleine keltische Harfe alleine auf der Bühne, so füllte sich der Raum am Ende mit fünf Harfen, einer Gitarre und einem Kontrabass. Selbst die Erzählerin zupfte die Saiten. Mit dem weltbekannten russischen Lied „Schwarze Augen“ verabschiedeten sich „the Number Ones“ von einem begeisterten Publikum in Miesbach. Nicht ohne Ausblick von Uschi Laar auf die Zukunft nach dem 11. Harfenfestival: „Elf ist eine Eins und noch eine Eins. Vielleicht kommt ja noch eine Eins hinzu.“