Wenn der Fürst auf den Weisen hört

Max (Markus Herzog) mit dem Ensemble des Freien Landestheaters Bayern. Foto: FLTB

Opernpremiere in Miesbach

Mit begeistertem Applaus bedankte sich gestern Abend das Publikum bei den Mitwirkenden der überaus gelungenen Jubiläumspremiere „Der Freischütz“ des Freien Landestheaters Bayern, bei der die Hauptperson Rudolf Maier-Kleeblatt leider fehlen musste.

Krankheitsbedingt musste er das Bett hüten und Codirigent Ulrich Pakusch übernahm im ausverkauften Saal des Waitzinger Kellers die musikalische Leitung des Abends. Die Spielfassung mit Mundart-Dialogen aber war das Werk von Maier-Kleeblatt, der vor 35 Jahren den Vorgänger des heutigen FLTB gründete. Diese Übertragung der Sprechtexte klassischer Opern in das Bairische ist man von Maier-Kleeblatt gewohnt. Bei der romantischen Oper von Carl Maria von Weber wird dadurch eine heitere, bodenständige Note in den eher schwermütig, mystisch-magischen Inhalt gebracht.

Auch die Regie von Julia Dippel bringt moderne, psychologische Züge in das Geschehen um Max, den Jäger, der plötzlich vom Unglück verfolgt wird und vom Pfade der Tugend abweicht, um doch noch zum Ziel, nämlich der Heirat mit seiner Agathe zu gelangen.

Gewehre als Luftgitarren

Während der bekannten Ouvertüre wird dieses Geschehen auf der Bühne bereits sehr symbolhaft angedeutet. Die beiden Verkörperungen von Gut und Böse, der Eremit (Damian Bugla) und Samiel (Philipp Gaiser), sitzen sich gegenüber, vollführen dieselben Bewegungen und reichen sich sogar die Hand, bevor sich die Bühne mit bunten, aber maskierten Sängerinnen und Sängern füllt. Der hoch qualitative Chor des FLTB stellt in seiner choreografisch fein akzentuierten Weise die angepasste Masse dar, die den vom Unglück verfolgten Max zunächst auslacht, ihm aber am Ende verteidigt. Sängerisch und choreografisch ein Hochgenuss ist natürlich der bekannte Jägerchor. Ein lustiger Regieinfall ist die Verwendung der Gewehre als Luftgitarren.

Markus Herzog gibt dem Max die Zerrissenheit von Angst und Melancholie, von Gut und Böse. Mit hell tönendem Tenor singt er sein „Durch die Wälder, durch die Auen“ und wechselt von Freude zu dramatischer Verzweiflung. Der Verführer Kaspar wird von Torsten Frisch charismatisch in Stimme und Auftreten verkörpert. Sein kräftiger Bass gibt der selbstbewussten Figur Format. In der Wolfsschlucht meistert er den schauspielerisch anspruchsvollen Part mit Bravour. Die düstere, unheimliche Stimmung wird von der Inszenierung, von Licht und Ton ausgezeichnet transportiert.

Kokettes Ännchen als Publikumsliebling

Heidelinde Schmid ist eine liebende, aber sorgenvolle Agathe. Ihr voll tönender, gefühlvoller Sopran gibt einen reizvollen Kontrast zum koketten Ännchen. Christine Gerstberger avanciert mit ihrer komisch-geschwätzigen Art und und ihrer Arie „Kommt ein schlanker Bursch gegangen“ zum Publikumsliebling.

Agathes Vater, der Erbförster Kuno, wird von Marcus Weishaar, langjährigem Ensemblemitglied des FLTB, gegeben. Sein tiefer, sonorer Bass verleiht der gütigen Figur den passenden Rahmen. Fürst Ottokar (Tibor Brouwer) ist weniger gütig. Er will den vom Pfad der Tugend abgekommenen Max verurteilen und des Landes verweisen. Jetzt aber tritt der Eremit auf, der ebenso wie Samiel immer im Geschehen stumm präsent war, damit den Widerstreit von Gut und Böse zeigend. „Wer wirft den ersten Stein?“ fragt er und letztlich folgt der Fürst seinem Rat und auch Gut und Böse verneigen sich voreinander.

Ambivalenz des Geschehens

Die gelungene Inszenierung lebt nicht nur von der Qualität des Orchesters, des Chors und der Solisten, sondern auch von der Ausstattung, Kostümen (Anne Hebekker) und vom Bühnenbild. Auch hier wird die Ambivalenz des Geschehens deutlich, die Bäume haben zwei Seiten und sie stehen in der Wolfsschlucht Kopf, hier werden die Äste zu Wurzeln. Ein Gesamtkunstwerk haben alle Akteure des FLTB geschaffen. Es ist ihnen gelungen, die düstere Handlung zu modernisieren, bodenständig zu gestalten und mit heiteren Momenten zu durchsetzen.

Text: Monika Ziegler

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