Das Riesenprojekt „West Side Story“
Über 200 Mitwirkende inszenieren das berühmte Musical „West Side Story“. Foto: H. Roßberger
Inszenierung des Musicals „West Side Story“
Es ist das größte Projekt, welches die Sing- und Musikschule Bad Tölz gemeinsam mit dem Gabriel-von-Seidl-Gymnasium Bad Tölz jemals auf die Beine gestellt hat – das Musical „West Side Story“. Knapp 200 Mitwirkende haben diese Kooperation möglich gemacht und heute Abend wird vor ausverkauftem Haus endlich ein lange geplanter Traum wahr.
Eva Emmler und Harald Roßberger sitzen zwischen Regalen für Sportgeräte und einem provisorisch aufgebauten Büro in einem kleinen Raum in der Turnhalle des Gymnasiums. Zwischen den Aufbauarbeiten und Proben, dient dieser kleine Ort als momentane Zentrale für alle organisatorischen Arbeiten, die ein solches Projekt mit sich bringt. Und dieses ist gewaltig: gemeinsam haben sich die beiden Schulen eines der bekanntesten Musicals der Welt ausgesucht, um dies gemeinsam mit aktuellen und ehemaligen Schülern, Lehrkräften, Eltern und Profis auf die eigens dafür gebaute Theaterbühne in der Schulturnhalle zu bringen – „West Side Story“.
„West Side Story“ in Bad Tölz
Eva Emmler ist mit Harald Roßberger, der Leiter der Musikschule und damit auch der musikalischen Parts, für die Projektleitung zuständig. Regisseurin ist Elisabeth Artmeier-Mogl, die von den Regieassistentinnen Stefanie Regus und Christina Strobel unterstützt wird. Markus Eberhard zeichnet für die Dialogregie und Theaterpädagogin Sarah Thompson aus Holzkirchen für die Dramaturgie des Musicals verantwortlich. Sämtliche Choreographien sind von Susanne Molendo konzipiert, die Coaches der Akrobaten sind Katharina Kleehaupt und Christian Penzholz.
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Knapp 100 aktuelle Schüler und Ehemalige bringen die legendäre Liebesgeschichte, welche in den 1950er Jahren in New York City spielt, auf die Bühne. In „West Side Story“ bekriegen sich zwei rivalisierende Jugendbanden – die US-amerikanischen Jets und die puerto-ricanischen Sharks. Mittendrin in den Kämpfen steht das Liebespaar Tony und Maria, deren Liebe aber durch den blutigen Höhepunkt der Rivalitäten zerstört wird.
Das berühmte Musical „West Side Story“ auf der Bühne in Bad Tölz. Foto: Auszug Musicalplakat
Es ist nicht die erste Kooperation der beiden Schulen. „Wir arbeiten schon seit etwa 20 Jahren zusammen“, erinnern sich Eva Emmler und Harald Roßberger, der aus Holzkirchen stammt. Sowohl Schüler als auch Lehrer sind in beiden Institutionen tätig, es gibt eine gemeinsame Big Band, einige Tanztheater-Produktionen wurden schon gemeinsam realisiert.
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Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Gymnasiums, wollte man etwas großes gemeinsam schaffen. So begannen die ersten Planungen für „West Side Story“ schon vor rund vier Jahren. „Dann machte uns Corona einen Strich durch die Rechnung“, erinnert sich der Musikschulleiter. Zu Beginn standen noch 20 weitere Musicalproduktionen auf der Liste. „Uns war von Anfang an ganz wichtig, dass das eine ehrliche Veranstaltung ist. Also mussten wir uns fragen, was ist machbar, mit dem was wir zur Verfügung haben“, erklären die beiden.
Profis und Schüler auf einer Bühne
Dass es dann doch eines der bekanntesten Musicals der Welt sein sollte, sei Herausforderung und Anreiz zugleich. „Uns war klar, wir wollen nicht irgendein Musical machen. Wenn, dann was wirklich Tolles, mit dem wir auch Profis gewinnen können. So fiel die Entscheidung auf West Side Story“, sagt das Projektleiter-Team. Denn zu den ehemaligen Schülern gehören mittlerweile auch schon professionelle Musiker – „und keiner der Darsteller und Musiker bekommt seinen Einsatz bezahlt, da mussten wir schon mit was richtig Gutem locken“, schmunzelt Harald Roßberger.
Die Rechnung ging auf, im 50-köpfigen Orchester sitzen unter anderem der bekannte Jazzmusiker Peter Zoelch, der Schlagzeuger der Bananafishbones Florian Rein und Violinistin Elisabeth Heuberger. Sogar der Tölzer Landrat, Josef Niedermaier, ist als ehemaliger Musikschüler an der Klarinette mit dabei.
50 aktuelle und ehemalige Musikschüler bilden das Musical-Orchester. Foto: H. Roßberger
Musikalisch musste sich Harald Roßberger mit seinem „Luxusorchester“, wie er es nennt, stark an das Original halten. „Wir haben da strikte Vorgaben vom Verlag erhalten. West Side Story ist eine eigene Marke, die Rechtevergabe an nicht-professionelle Bühnen ist enorm streng“, erklärt er. Er ist stolz darauf, wie die 50 aktuellen und ehemaligen Musikschüler die „facettenreiche Musik, mit ihrer komplizierten Rhythmik und schwierigen Harmonik“, die von Leonard Bernstein stammt, spielen.
Mehr Spielraum hatte das Leitungsteam bei den Choreographien, welche Susanne Molendo eigens für das Musical konzipiert und mit den Schülern eintrainiert hat. „Es sind aber nicht nur ausgewählte gute Tänzer auf der Bühne, alle Schauspieler werden multi-eingesetzt“, erklärt Eva Emmler. Hätte den vielen jungen Männern die mitspielen, zu Beginn jemand gesagt, dass sie so viel tanzen müssten, „hätte wahrscheinlich keiner mitgemacht“, lacht das Team.
200 Mitwirkende bei „West Side Story“
Über 100 interessierte Schüler hatten sich angemeldet, um bei „West Side Story“ dabei zu sein. Für die Hauptrollen fanden sogar richtige Vorsingen statt. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir uns die Darsteller aussuchen und alle 21 Hauptrollen doppelt besetzen konnten“, freut sich der Musikschulleiter. Nachdem das Musical jedoch pandemiebedingt um zwei Jahre verschoben werden musste, wurden sowohl ein paar Rollen, als auch der Probenplan nochmal umgelegt.
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Die Rolle der Maria spielt die 18-jährige Charlotte Rein, Tony wird von Anton Weinmann verkörpert. Ein Jahr lang fanden die Proben immer ein bis zweimal im Monat ein ganzes Wochenende lang statt, seit Dezember wird jedes Wochenende für West Side Story auf der Bühne gestanden. Für diese Woche wurden alle Gymnasiasten vom Unterricht freigestellt. „Das kostet natürlich alle viel Energie, aber es gibt auch allen so viel zurück“, sagt Eva Emmler. Einige Schüler hätten schon gescherzt, dass das Musical-Team zu ihrer zweiten Familie geworden wäre.
Von den Kostümen, über das Bühnenbild bis hin zum Ticketverkauf – alles wurde in Eigenregie gemacht. Foto: H. Roßberger
Das gesamte Organisationsteam ist aufgeregt, „aber voller positivem Adrenalin“, wenn es heute Abend zur Premiere von „West Side Story“ auf die Bühne geht. Voller Stolz schwärmen sie über den Zusammenhalt hinter den Kulissen. „Die Logistik hinter so einem Projekt ist enorm. Wir haben von der Planung, über die Kostüme, den Bühnenbau bis hin zum Marketing und Ticketverkauf alles selbst gemacht. Das wäre ohne so viel Hilfe von allen möglichen Leuten nicht möglich gewesen“, erklärt Harald Roßberger. Lediglich für Gerüstbau sowie Licht- und Tontechnik hat sich das Team Profis an die Seite geholt, die von den Technikschülern des Gymnasiums unterstützt werden. „Überall sind Menschen, die noch nie zusammengearbeitet haben, das ist eine Herausforderung, aber gleichzeitig das Tolle an der Sache.“
Musicalvorstellungen ausverkauft
Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, der wird an dieser Stelle enttäuscht sein. Denn alle sechs Vorstellungen, insgesamt 3600 Eintrittskarten, sind schon komplett ausverkauft. „Das ging so wahnsinnig schnell und freut uns natürlich enorm. Auch wenn es uns für alle leid tut, die nicht kommen können“, sagt Harald Roßberger. Die Nachfrage wäre immer noch groß – „wir hätten noch zwei weitere Vorstellungen füllen können.“ Ein Feedback, dass die Organisatoren des Musicals „West Side Story“ in Bad Tölz ganz bestimmt beflügelt, sich einem solch großen und besonderen Projekt bestimmt noch einmal anzunehmen.