Wie Sie Gehirnfehler richtig anwenden
Bernhard Hoëcker handsigniert. Foto: Veranstalter
Comedyshow in der Winners Lounge, Bad Wiessee
Mit seinem Bühnenprogramm „Hier liegen Sie richtig falsch“ erklärt Comedian Bernhard Hoëcker einmal mehr die Welt in labyrinthischen Denkwegen. Er ist witzig, spritzig, schnell. Wenn man mitkommen möchte, muss man ebenfalls schnell sein. Man muss die Ohren spitzen und die Hirnwindungen schmieren, um alle Seitensprünge, Abzweige, Irrwege und Schleichpfade seiner Gedankengänge zu verfolgen. Er interagiert, fragt seine Gäste aus, baut neue Geschichten, Gedanken, Konzepte aus dem, was er dem Publikum entlockt. Man fühlt sich schnell wie eine Familie, die er um sich schart und unterhält. Er ist ganz nah dabei, und mit dieser Gabe entlockt er den Leuten private Details, ohne zu überrumpeln oder Scham zu erzeugen. Hoëcker spielt ganz authentisch eine lebendige Show, die es nur einmal geben wird: an diesem Abend, mit diesen Menschen. Mit den Touristen aus Egelsbach, dem Apothekerehepaar in der letzten Reihe, dem Heavy Metal Fan vorne rechts. Am Ende des Abends meint man, man kenne alle schon lange. Wie in einer richtigen Familie. Bis dahin ist es aber noch ein zweistündiger Weg, auf dem sich alle gemeinsam durch Hoëckers Gehirnwindungen schrauben.
Klassische Korrelationen ohne Kausalitäten
Die Hirnforschung ist Bernhard Hoëckers Steckenpferd. Selten wurde sie so rasant und anschaulich erklärt, gewürzt mit abstrusen Beispielen aus der menschlich-göttlichen Ursuppe. Er benutzt eine Videowand und lässt sein Publikum Testfragen per Smartphone beantworten, immer auf der Spur von Irrtümern, die dem menschlichen Gehirn gern unterlaufen. Und Beispielen, die das auf aberwitzige Weise belegen. Größte Fehlerquelle: Das Gehirn möchte immer gleiche Strukturen erkennen. Dabei sucht es nach den kompliziertesten Möglichkeiten, obschon das Einfache doch so nahe liegt. Deswegen haben es die Verschwörungstheoretiker ja auch so einfach, meint Hoëcker, und versucht, gemeinsam mit dem Publikum das Geheimnis von Angela und ihrem Merkeldreieck zu lüften. Ein geheimes Zeichen der Illuminati? Oder doch eine Geste des Sich-Sammelns?
Und in welcher Beziehung steht der steigende Käseverbrauch in den USA mit dem in gleichem Maße ansteigenden Todesfällen durch Einwickeln in Bettzeug?
Die Atome zwischen Mund und Ohr spielen „Stille Post“
Das Gehirn macht Fehler, spielt Streiche. Es überhöht negative Einzelerlebnisse. Oder meint nicht etwa jeder, ER sei IMMER derjenige, der an der langsamsten Kasse stünde?
Zwischendrin immer Mal wieder ein Kurzausflug zum Fußball: „Tobi, wie stehts?“, fragt er den Techniker. Es steht immer 0:0. Fast will man meinen, das wäre ein Running Gag in der Show.
Zurück zum Denkorgan. Hoëckers Appell: Denkt mit, nutzt Euer Hirn, darauf es wächst und gedeiht, damit keine Lücken entstehen! In die Lücken können Euch andere Leute reinlabern. Müll meint er. Pegida meint er. In einer Sendung des NDR hat er kürzlich spontan zwei Menschen aus dem Publikum heraus gegriffen, nachdem er die Studiogäste in die Bewohner der Bundesrepublik und den Anteil der 2015 hinzu gekommenen Flüchtlinge umgerechnet hatte. Dazu meinte er, wer jetzt noch aufstünde und der Meinung sei, diese wenigen Menschen würden die Kultur des Studios überfluten, hätte ein Problem.
Hoëcker ist witzig, lebendig und schlau. Er ist menschlich und vor allem ungemein sympathisch. Ganz zum Schluss hat er für sein begeistert klatschendes Publikum noch ein Geschenk. Er singt „Vorbei, vorbei, es ist noch nicht vorbei“ als personalisierte Zusammenfassung der Show, inklusive der Liebesgeschichte der Gäste aus Egelsbach, die Techniker Tobi inzwischen auf die Videowand gebastelt hat.