Rettet Humus unser Klima?
Humusboden – wichtige, schützenswerte Ressource weltweit. Foto: pixabay
Vortragsreihe in Tegernsee
„Boden begreifen und bewahren“ hieß das Thema der 17. Tegernseer Wissenschaftstage. Nicht allgemein der Boden – sondern der Boden hier im Oberland und im alpinen Raum stand im Mittelpunkt. Denn: der Alpine Felshumusboden ist der Boden des Jahres 2018.
Wussten Sie schon? Es gibt nicht nur den Vogel, den Baum, die Blume des Jahres – auch den Boden des Jahres. In diesem Jahr steht ein Boden im Fokus, der auch in unserer Gegend vorzufinden ist. Ab Mitte Wallberg bis hinauf zum Risserkogel, auch Fockenstein, Hirschberg, Kampen und Baumgartenschneid gehören zu diesem Bodengebiet. Zwischen 1.300 und 2.000 Höhenmetern etwa liegt der Alpine Felshumusboden. Er findet jetzt besondere Aufmerksamkeit als Boden des Jahres 2018. Was also läge näher, als den Fokus der 17. Tegernseer Wissenschaftstage auf dieses Thema zu lenken?
Alpiner Humusboden auf einer Höhe von 1.300 bis 2.000 Metern. Foto: pixabay
Mit einem umfangreichen Haupt – und spannendem Begleitprogramm stand vom 9. bis 11. November am Tegernsee der Boden im Mittelpunkt zahlreicher wissenschaftlicher Vorträge, Dialoge und Diskussionen. Die Stadt Tegernsee und die Initiative „Wissenschaftstage Tegernsee“ hatten dazu wieder hochkarätige Wissenschaftler geladen.
Landwirtschaft im Oberland: gestern – heute – morgen
Die landwirtschaftliche Bodennutzung im Tegernseer Tal blickt auf eine knapp eintausend-jährige Geschichte zurück. Sie ist eng mit dem Kloster Tegernsee verbunden. Die Geschichte ist eine interessante Angelegenheit an sich – und wo steht die Land- und Almwirtschaft heute? Welche Perspektiven für die Landschaftspflege im Landkreis ergeben sich daraus? Mit diesen Themen und Fragen beschäftigten sich die Vorträge von Roland Götz, Michael Hinterstoißer und Josef Faas am Eröffnungstag. Neu im Programm war diesjährig erstmals die Veranstaltung „Von Schülern für Schüler“ am Gymnasium Tegernsee. Die Vorträge der vier Achtklässler Lisa, Markus, Lea und David reichten von der Nützlichkeit von Regenwürmern in unserem Boden bis zu den Weidetieren in Oberland und Bodenschätzen rund um den Tegernsee.
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Perspektiven regionaler Landwirtschaft
Hochkarätig ging die Vortragsreihe in der Winners Lounge der Spielbank Bad Wiessee am Samstag weiter. Neuen Perspektiven für die Züchtungsforschung wie das sogenannte „genome Editing“ standen Erfahrungen aus der ökologischen Landwirtschaft gegenüber. Hier diskutierten Sarah Bechtold von der LMU mit Biobauer Sepp Braun aus Freising und Manfred Epp, EM-Technologiezentrum Süd, der das Thema „Warum effektive Mikroorganismen?“ beisteuerte.
Angefeuert wurde die Diskussion durch zahlreiche interessierte Fragen aus dem Publikum, an der sich auch unser Grüner Landrat Wolfgang Rzehak und Johann Graf vom Deutschen Bauernverband beteiligten.
Wissenschaft vor besonderer Kulisse
An einem zurückgezogenen, über den See thronenden Ort am Tegernsee, an den die Wissenschaft das ganze Jahr über zu Hause ist, fanden die Tegernseer Wissenschaftstage am Sonntag ihren Abschluss. „Böden im bayerischen Alpenraum“ war das Thema der beiden letzten Vorträge auf Schloss Ringberg, dem Sitz der Max-Planck-Gesellschaft.
Schloss Ringberg öffnete seine Pforten zu den Tegernseer Wissenschaftstagen. Foto: IW
Wussten Sie, dass in Kreuth eine der drei bayerischen Waldklima-Stationen steht, mit der das Ökosystem Wald wissenschaftlich untersucht wird? Nicht nur die Bodenphysik und -chemie werden dort akribisch beobachtet, auch die Bodenvegetation wird untersucht, die Bodenfeuchte, das Sickerwasser, das Waldwachstum. Wie stresst die Sommertrockenheit unsere Waldböden und müssen diese irgendwann womöglich gedüngt werden, so wie die landwirtschaftlichen Böden?
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Lothar Zimmermann, promovierter Forstwissenschaftler an der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft hat mit seinem wissenschaftlichen Team die Waldböden im Blick – und einen Vorsorge-Check entwickelt. „Waldschutz ist Bodenschutz“ meint er und ist sich der Problematik des Abwägens zwischen Totholz-Verbleib und Borkenkäferhygiene sehr wohl bewusst. Für eine nachhaltige Humuswirtschaft brauche es ungleichaltrige, gestufte Bergmischwälder mit Totholz, so sein Fazit.
Humus – ein Klimaretter?
Die Rolle von Böden im Klimawandel war das Thema des promovierten Bodenwissenschaftlers Martin Wiesmeier. Seine wissenschaftlichen Erläuterungen reichten von der Beschaffenheit von Humus und seiner Verbreitung in Bayern bis hin zu den Ursachen von alarmierenden Humusverlusten. „Spätestens seit der Klimakonferenz in Paris ist Humus in aller Munde“, sagte er. Denn Humus spiele eine entscheidende Rolle beim Weltklima. Deshalb sei es notwendig, weltweite Maßnahmen beim Humusaufbau zu ergreifen, beispielsweise Agroforstwirtschaft zu betreiben oder Ackerland in Grünland umzuwandeln.
Die Fans von Terra Preta und ökologischer Landwirtschaft haben allerdings leider vergeblich auf einen eindeutigen Beweis gewartet, dass die ökologische Landwirtschaft mit Regenwürmern, Mikroorganismen und sanfter Maschinenbehandlung deutliche Verbesserung beim Humusaufbau erzielt. Jedoch, so räumte Wiesmeier ein, seien die Bodenuntersuchungen eine äußerst langwierige Sache, bis sich nachweisliche Unterschiede einstellten. Das Thema wird auf jeden Fall weiter erforscht.
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