Wo sich Skulptur und Fotografie begegnen
Thomas Jarzina und Tatjana Raum vor „Forellenteich“ und „Shaya“. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Bad Wiessee
„Baumfrau“ nennt die Rosenheimer Künstlerin ihre Skulptur, aus deren Kopf knorrige Wurzeln wachsen. Sie geben der weiblichen Büste etwas Märchenhaft-Mystisches. „Tabea“, die Frau deren Name sich von „Gazelle“ ableitet, hat zwei große Spiralen am Kopf. Und Shaya wartet mit gedrehtem Haarschmuck auf.
Im Fenster der neuen Galerieräume in der Adrian-Stoop-Straße 8 steht „Lachender“. Wir sind uns nicht einig, einige Gäste meinen durchaus, das sei ein Jüngling, andere meinen es sei eine Frau, ich tendiere zu dieser Meinung. Sofort wird die Assoziation zu einem Medusenhaupt geweckt, denn aus dem Kopf züngeln wilde Äste oder Wurzeln.
Was das Gesicht fordert
Die meisten der Skulpturen sind eine Kombination aus Ton und Naturmaterialien, einige aber, ein Torso und der „Gehörnte“, ein Mann mit einem offenen Kopf und einem einseitigen Horn, sind nur aus Ton gefertigt. Sie alle haben ausdrucksstarke, individuelle Gesichter mit bestimmten Charakteristika. Sehr realistisch und fein gearbeitet wirken sie trotz des eher rauen Materials.
Die Kombination mit Naturmaterial wie Schilf, Baumrinde, Wurzeln und Textil gibt den Gesichtern eine fantasievolle Wirkung, die den Betrachter zu verschiedensten Ideen inspiriert. Sie arbeite zumeist intuitiv, verrät Tatjana Raum. Zunächst modelliere sie das Gesicht und frage dann, was es fordere. Habe sie vorher Vorstellungen oder Visionen, scheitere sie zuweilen. „Ich kämpfe nicht mit den Gesichtern, sondern ich schaue, was daraus erwächst“, erklärt sie ihren Schaffensprozess.
Verzerrungen, Filter und Farbverschiebungen
Ähnlich ist auch der die Vorgehensweise von Thomas Jarzina, wenn auch auf ganz anderem Gebiet. Der Holzkirchner Fotograf bearbeitet Fotos am Computer durch Verzerrungen, Überlagerungen, Farbverschiebungen und Filter so lange, bis das ursprüngliche Motiv oft kaum noch erkennbar ist. Ein Plastikschneidebrett, das er für ein Buchcover fotografieren musste, ließ er durch all diese Prozesse so lange verfremden, bis wie von selbst wieder etwas Figürliches empor wuchs. „Phönix“ nannte er deshalb die Arbeit.
Ein Foto eines selbst bemalten und gedrehten Ostereis kombinierte er mit einer Eisvitrine in verschiedenen Ebenen und nannte das Ergebnis „Verwandlung“. Die Kunst bestehe darin, zu wissen wann man aufhöre mit der Bearbeitung, sagt Jarzina. Auch er habe kein Konzept, sondern lasse die Dinge sich entwickeln.
Sogwirkung verstärkt
Nur minimal bearbeitete er das Foto des Forellenteiches bei Siebenhütten, in dem man in Violett die schwimmenden Fische noch recht gut erkennen kann. Das goldene Wasser überzeichnete er ein wenig, so dass es nun in einem satten kräftigen Gelb erstrahlt.
Auch seine Bilder von der Kogelallee in Holzkirchen sind nur wenig bearbeitet. Dieser ausgefallene gewundene Weg hat eine so starke natürliche Wirkung, dass es nur einer zusätzlichen Insichdrehung bedurfte, um den Sog in das Bild zu verstärken. Mit diesen Bildern nähert sich Thomas Jarzina der Aussage der Skulpturen von Tatjana Raum, in denen die Natur eine wesentliche Rolle spielt.