Jubel, Jubel, Jubiläum
Dirigent Timm Tzschaschel mit Starviolinist Wolfgang Hentrich und dem Schlierseer Orchester Herbst. Foto: Ines Wagner
Konzert in Schliersee
Timm Tzschaschel und Wolfgang Hentrich – eine jahrelange Verbundenheit in Musik und Freundschaft. Vor zehn Jahren eröffneten sie – herausragend – den ersten Schlierseer Kulturherbst mit Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. War das noch zu toppen?
Es klingt schwärmerisch, aber von diesem Konzertabend muss man schwärmen. Denn nicht nur die musikalische Leistung des inzwischen weltweit berühmten Konzertmeisters der Dresdner Philharmonie Wolfgang Hentrich ist außergewöhnlich. Auch das Orchester Schlierseer Herbst unter der Dirigentschaft von Timm Tzschaschel hat sich in den vergangenen zehn Jahren in seiner Virtuosität gesteigert. Es ist eine gewachsene Leidenschaft. Fünf mal hat der Dresdner bereits den Schlierseer Kulturherbst mit seinem außergewöhnlichen Violinenspiel begleitet.
Das kommt nicht von ungefähr, sondern von der engen Freundschaft zu Timm Tzschaschel und der Begeisterung für die wunderbare Gegend. Der am Schliersee lebende Komponist, Pianist und Dirigent Timm Tzschaschel ist Konzertmeister des Symphonieorchesters Bangkok. Er gehörte von Anfang an zu den Organisatoren des Schliersser Kulturherbstes.
Wolfgang Hentrich (links) spielt immer wieder gern mit dem Orchester des Schlierseer Kulturherbstes. Foto: Ines Wagner
Den besonderen Reiz dieses hochkarätigen Konzertabends machte auch die Verbundenheit der Musiker und die gemeinsame Spielfreude aus. Außerdem schuf die charmante Anmoderation der Werke durch Wolfgang Hentrich eine Verbindung zwischen den Musikern und dem Publikum. Seine Erklärungen zu den einzelnen Sätzen der Konzerte nahmen die Zuhörer an die Hand und schärfte deren Ohren. Hatte man so schon einmal die Vier Jahreszeiten Vivaldis gehört? Leider viel zu oft wurden die vier außergewöhnlichen Violinenkonzerte des Venezianers von der Werbeindustrie verhackstückelt. Umso mehr beeindruckte dieser Hörgenuss.
Konzert auf Schlierseer Geige
Antonio Vivaldi imitierte in seinen 1725 komponierten Jahresszeitenkonzerten verschiedenste Naturerscheinungen. Sanfte Winde, heftige Stürme und Gewitter, perlende Regentropfen, brechende Eisschollen werden von den Instrumenten eindrücklich ausgespielt. Ebenso verschiedene Vogelstimmen, wie Kuckuck, Turteltaube und Distelfink.
Durch Hentrichs Erzählungen erfuhr das Publikum, das Vivaldi in die Partitur des Dirigenten hochpräzise Anweisungen geschrieben hatte. Nicht nur Stampfen in der Kälte, sogar „Zähneklappern“ hatte er präzisiert. Im Herbst feierten die Streichinstrumente das Erntedankfest ausgiebig. Und zwar bis die Celli torkelten und die Sologeige im nächsten Satz zum „Ausnüchtern“ aussetzen durfte – der schwere Schlaf eines Betrunkenen.
Wolfgang Hentrich führt charmant durchs Konzertprogramm. Foto: Ines Wagner
Vor zehn Jahren spielte der Konzertmeister der Dresdner Symphoniker das Eröffnungskonzert auf dem Instrument des venezianischen Geigenbauers Sanctus Seraphin aus dem Jahr 1725, dem Erschaffungsjahr der Vier Jahreszeiten. Zum Jubiläumskonzert spielte er nun eine Geige des Schlierseer Geigen- und Cellobaumeisters Dietmar Rexhausen.
„Ich suche nach Instrumenten, die mich berühren, man stellt ja eine Beziehung her, hat sie am Körper, das ist ein tolles Instrument“, lobte Hentrich die Rexhausen-Geige bereits in den 25. KulturBegegnungen, wo ihn Monika Ziegler mit Timm Tzschaschel gemeinsam am Schliersee interviewte. Der Instrumentenbaumeister Dietmar Rexhausen spielt Cello im Orchester des Schlierseer Kulturherbstes, das inzwischen auf über etwa 30 Musiker angewachsen ist.
Das festlich illuminierte Bauerntheater während des Schlierseer Kulturherbstes. Foto: Ines Wagner
Nach der Pause spielte das Orchester in großer Besetzung die „Schicksalssinfonie“ c-moll op.67 Ludwig van Beethovens. Prägnant folgen auf die drei markanten Achtel auf G ein langgezogenes Es – mit diesen „Schicksalsschlägen“ startet die wohl bekannteste Sinfonie der Klassik. Sie erzählt im Sinne eines Schicksalsdramas von Niederlage und Triumph, vom ewigen menschlichen Schicksalskampf, von Leid und Erlösung. Volltönend, pompös und festlich.
In Ergänzung zu den spielerischen Streicherkonzerten des Venezianers bildet die Beethoven-Sinfonie den glanzvollen Abschluss des Jubiläumskonzertes. Mit Konzentration, Dichte und Volltönigkeit endete die Sinfonie mit ihrem triumphalen Finale in donnernden Applaus und vielzähligen Bravo-Rufen.
Umjubelt: Orchester Schlierseer Herbst, Dirigent Timm Tzschaschel und Soloviolinist Wolfgang Hentrich. Foto: Ines Wagner
Johannes Wegmann und Marion Riedl, die Organisatoren des Schlierseer Kulturherbstes, freuten sich. Der Saal des Bauerntheaters war nahezu komplett gefüllt. Es war der große Wunsch Marion Riedls gewesen, der sich erfüllte: Zum Jubiläumskonzert noch einmal die Vier Jahrezeiten. Johannes Wegmann beschrieb, wie der ursprünglichen Idee eines kleinen Theaterfestivals „noch etwas Musik“ dazwischenrutschte und so der vielfältige, umfangreiche Schlierseer Kulturherbst entstand. Timm Tzschaschels Worte am Abschluss des Konzertes, inmitten des nicht enden wollenden Applauses, waren: „Auf die nächsten zehn Jahre Schlierseer Kulturherbst, egal, ob Wind oder Regen, Blitz und Donner!“
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