Die Zukunft für das Zukunftsforum

Wie soll es weitergehen? Die Ergebnisse des Zukunftsforums wollen umgesetzt werden. Foto: Petra Kurbjuhn

Finissage Ausstellung Zukunftsforum

200 Menschen, ebenso viele verschiedene Zukunftsvisionen und die Erkenntnis: für den Umsetzungsprozess braucht es vor allem Geduld. Die Ergebnisse aus dem Zukunftsforum von KulturVision e.V. wanderten in einer Ausstellung durch den Landkreis und bei der Finissage zogen die Verantwortlichen und Teilnehmer Bilanz über ein Projekt, welches die zarte Saat für zukunftsfähige Veränderungen gesetzt hat.

Das Mitmachprojekt der anders wachsen-Reihe beschäftigt sich seit mittlerweile drei Jahren mit den Vorstellungen von Landkreisbürgern die Zukunft betreffend. Über 200 Menschen beteiligten sich in der ersten Runde daran und äußerten ihre Utopien und Visionen. Nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten, startete das Projekt in die zweite Phase – die Zukunftslabs. Nach dem Vorbild des Media Future Lab der LMU München unter Alexis von Mirbach wurden in 15 Workshops gesellschaftsrelevante Themen in kleinen Gruppen mit Anleitung durch einen Moderator bearbeitet.

Unterschiedliche Visionen

Der Experte für Risiko- und Zukunftsforschung Rainer Sachs fasst wiederum die Ergebnisse der Zukunftslabs zusammen und gemeinsam wurde die Wanderausstellung des Zukunftsforums kreiert. Eineinhalb Jahre reiste diese nun durch den gesamten Landkreis Miesbach, um der breiten Bevölkerung die Visionen der Menschen zu den Themen Respekt, Schönheit, Bewegung, Kultur, Verbundenheit, Heimat, Aufbruch, Begegnung, Sehnsucht, Frei-Raum und Mitgefühl zugänglich zu machen. Die Tour der insgesamt 13 Tafeln fand nun im Rathaus in Warngau ihr Ende und im Altwirtsaal kamen Initiatoren, Teilnehmer und Interessierte zusammen – eigentlich um über die Zukunft des Zukunftsforums zu sprechen.


Monika Ziegler und Rainer Sachs mit einer Tafel der Ausstellung. Foto: Petra Kurbjuhn

Schnell wurde klar, dass diese nicht so eindeutig lenkbar ist, wie es das Projektteam Monika Ziegler, Anja Gild und Rainer Sachs gehofft hatte. Schon während des Entstehungsprozesses habe er bemerkt, dass die Auswertung der eingesandten Zukunftsvisionen der Bürger nicht anhand der vorhandenen Raster erfolgen könne.

„Ich war von der Vielfalt und Komplexität überfordert.“ Die Wünsche der Menschen seien so unterschiedlich gewesen und demnach für den promovierten Physiker nicht nach den wissenschaftlichen Standards messbar oder gar mit Zahlen belegbar gewesen. Vor allem die sehr emotionalen Einsendungen und Poetry Slams der teilnehmenden Jugendlichen hätten ihn überrascht.

Wie Zukunftsforum-Ergebnisse nutzen?

Doch was tun mit all den Vorschlägen, Utopien und Ideen für die Zukunft? Dem Projektteam war es wichtig, etwas mit den Ergebnissen zu erreichen, diese an gesellschaftliche und politische Entscheidungsträger zu übergeben und damit mögliche Veränderungen einzuleiten. Jedoch war die Resonanz darauf nicht groß, wie Monika Ziegler berichtete.

Lesetipp: Das Zukunftsforum soll ins Handeln bringen

„Wir glaubten, dass es das Ziel ist, eine breite Masse an Menschen zu erreichen“, erklärte Rainer Sachs. Jedoch befinde man sich derzeit jenseits von möglichen Lösungen und Umsetzungsmöglichkeiten. In der offenen Diskussion mit den Anwesenden wurde schnell klar, dass es nun nicht darum geht, sofort einen Maßnahmenkatalog vorzubereiten und die Visionen möglichst schnell zu realisieren.


Das Projektteam des Zukunftsforums: (v.l.) Monika Ziegler, Anja Gild, Alexis von Mirbach und Rainer Sachs. Foto: Petra Kurbjuhn

Einige Anwesenden sahen vor allem die Kommunalpolitik in der Rolle der umsetzenden Kraft, kritisierten die angeblich mangelnde Bereitschaft dieser, sich auf echte Bürgerbeteiligung einzulassen. Die Zukunft zu verändern, sei vor allem Sache eines jeden selbst, befand Warngaus Bürgermeister Klaus Thurnhuber. „Wir können heute den einen oder anderen Anstoß mitnehmen und damit unser eigenes zukünftiges Verhalten steuern.“


Warngaus Bürgermeister Klaus Thurnhuber. Foto: Petra Kurbjuhn

Die Gemeinde Warngau habe aber auch schon Kinder und Jugendliche in den Sitzungssaal des Rathauses eingeladen, um deren Wünsche anzuhören und hätten diese, zum Teil, auch umgesetzt. Ein Format, welches er auch zukünftig gerne weiterführen möchte. Transparenz und Beteiligung können nur gelebt werden, wenn auch deren Konsequenzen getragen werden würden, erklärte Michael Pelzer.

Auch das Dialogproblem zwischen den verschiedenen Generationen wurde angeführt. Die Jugend zu erreichen ginge nur über andere Kommunikationsportale, erklärte Anja Gild. Die junge Generation müsste schon von Anfang an in Prozesse mit einbezogen werden, sich gehört und gesehen fühlen, um sich wirklich zu beteiligen.


Michael Pelzer in der Diskussionsrunde. Foto: Petra Kurbjuhn

„Die Wirksamkeit der Bürger muss sichtbar gemacht werden“, betonte auch Rolf Neresheimer, dritter Bürgermeister von Bad Wiessee. Doch so richtig wollten an diesem Abend keine konkreten Lösungsvorschläge und Strategien entstehen. „Vielleicht brauchen wir heute das Gegenteil von einem Beschluss“, riet Karin Sommer. Die Menschen würden vor allem ein gutes Gefühl, Sehnsucht und Neugier benötigen, um wirklich etwas verändern zu wollen.

Zukunftsforum: Es braucht Geduld

Rainer Sachs führte den Begriff Ambiguitätstoleranz an. Dies ist die Fähigkeit, Vieldeutigkeit und Unsicherheit zur Kenntnis zu nehmen und diese ertragen zu können. Im Fall des Zukunftsforums sei es also an diesem Punkt wichtig, „den Kopf aus und das Herz anzuschalten“, erklärte der Wissenschaftler. Es sei zwingend notwendig, nun ohne Erwartungen an den nun offenen Prozess ranzugehen. „Es geht darum, einen kleinen Handlungsvertrag mit sich selbst abzuschließen“, fand Anja Gild.


Im Gespräch über das Zukunftsforum: (v.l.) Franz Mayer, Klaus Thurnhuber, Harald Gmeiner und Monika Ziegler. Foto: Petra Kurbjuhn

Jeder könnte anhand der Ergebnisse des Zukunftsforums selbst erörtern, was er einbringen kann und welche Ideen er für die Umsetzung der Visionen hat. Anhand von individuellen und vor allem kulturellen Projekten sollen die Menschen dazu animiert werden. „Ist es nicht ein schönes Ergebnis, dass die Zukunftsthemen nur in einer Gemeinschaft gelingen können?“, fragte Rainer Sachs. Am Ende braucht es für zukunftsfähige Veränderungen eine breite Masse von Menschen, welche diese tragen wollen und vor allem eines: viel Geduld.

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