Kulturstammtisch und Nachwuchsfestival
Der zweite Kulturstammtisch von KulturVision, unter anderem mit (v.l.) Agnes Wieser, Andi Kempf und Amelie Knaus. Foto: Selina Benda
Kulturstammtisch
Wie macht man Kultur für die Jugend attraktiver und sichert damit ihren Fortbestand im Landkreis Miesbach? Mit diesen beiden Themen beschäftigte sich der zweite Kulturstammtisch von KulturVision. Eine Chance bietet das geplante Nachwuchsfestival „LandkreisTalente – Deine Bühne 2023“ im kommenden Jahr.
Eine neu gemischte Runde traf sich am vergangenen Montag zum Kulturstammtisch wieder in der WeyHalla in Weyarn. „Was braucht’s, wo fehlt’s und was können wir machen?“, so stellte Monika Ziegler, 1. Vorsitzende von KulturVision, den Zweck des Zusammentreffens von Kulturschaffenden, Veranstaltern und Kulturgenießern vor. Für Girgl Ertl, Betreiber der WeyHalla, ist der Zweck des Stammtisches klar: „Wir Kulturschaffende haben dadurch eine bessere Möglichkeit, um an den Wurzeln der Kultur zu arbeiten, um zu zeigen, was die Szene alles kann.“ Schnell kam, wie beim ersten Kulturstammtisch, die Sprache auf das Thema Jugendliche, die man zu erreichen versucht.
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Die Chance Nachwuchsfestival
Eine Möglichkeit, um diese mit ins Boot Kultur zu holen, ist das geplante Nachwuchsfestival „LandkreisTalente – Deine Bühne 2023″. Unter der Federführung von KulturVision e.V., in Zusammenarbeit mit der WeyHalla, dem Pop- und Rockzentrum Oberbayern und dem Musiker Kulturteam München, soll eine Woche im Sommer kommenden Jahres, mit Veranstaltungen und Workshops für den Kulturnachwuchs stattfinden.
Das Organisationsteam des Nachwuchsfestivals „LandkreisTalente – Deine Bühne 2023“. Foto: Amelie Knaus
Vom 14. bis 21. Juli erhalten die 16- bis 25-Jährgen aus dem Landkreis Miesbach die Möglichkeit, sich und ihr Talent auf den unterschiedlichsten Bühnen zu präsentieren. Vom großen Saal im Waitzinger Keller, bis hin zur intimeren Version im evangelischen Pfarrsaal – für jeden soll die geeignete Bühne gefunden werden. Das Angebot bedient dabei nicht nur ein, sondern alle kulturellen Genres – von Musik, über Theater bis hin zu Poetry Slam ist alles dabei.
Coaches und Workshops
Um den Nachwuchs aber auch nachhaltig von Kultur zu begeistern, gibt es die Möglichkeit, während der gesamten Festivalwoche, Workshops zu besuchen. In diesen stehen Profis aus dem jeweiligen Genre den Jugendlichen und jungen Erwachsenen als Coaches zur Seite.
Hat sich per Videobotschaft zur Pressekonferenz zugeschalten: Coach Ben Blaskovic. Foto: Monika Ziegler
Vom klassischen Bandworkshop bis hin zu künstlerischen Aktionen, etwa mit Graffitikünstler ANTIK alias Sandro Thomas. Auch prominente Coaches, wie etwa Schauspieler und Regisseur Ben Blaskovic, sind bei „LandkreisTalente – Deine Bühne 2023“ mit dabei. Eine Podiumsdiskussion soll zudem Raum für einen Austausch zwischen Nachwuchskünstlern, Kulturschaffenden und Politikern bieten, um Probleme, Wünsche und gemeinsamen Lösungen für den Erhalt der Kultur im Landkreis Miesbach zu erörtern.
Die Jugend am Kulturstammtisch
„Wir müssen den Spieß umdrehen. Es darf nicht den Anschein machen, dass wir Kulturopis zu den jungen Leuten gehen und ihnen Angebote machen. Das wollen die gar nicht“, erklärte Eckhard Rocholl. Der Professor für Mediendesign und Veranstalter von Hibatzld, erzählte aus seiner Erfahrung mit Studenten, dass diese ein enormes Potential an Kreativität besäßen, sich aber nicht gerne bevormunden lassen. „Wir sollten uns ihre Ideen anhören und nur helfend zur Seite stehen, wenn sie uns brauchen.“
Unterstützt das Festivalteam: Die Kommunale Jugendpflegerin Lena Renner. Foto: Monika Ziegler
Lena Renner, Kommunale Jugendpflegerin am Landratsamt Miesbach, bestätigte diese Einschätzung: „Es gibt viele talentierte Jugendliche, aber sie werden von den vorgegebenen strengen Strukturen abgeschreckt.“ Verpflichtungen und gesellschaftlichen Druck würden sie schon bei ihren Eltern und in den Schulen spüren, die Kultur sollte ihnen ihre Freiheiten lassen. Konsens fanden alle in der Idee, die Jugend zukünftig mit an den Kulturstammtisch zu bringen.
Kulturstammtisch in Weyarn mit (v.l.) Amelie Knaus, Rebecca Köhl und Girgl Ertl. Foto: Selina Benda
Auch das grundsätzliche Problem der mangelnden Wertschätzung für das Ehrenamt sei mit ein Grund, warum viele Vereine und Organisationen Nachwuchsprobleme hätten, erklärte Andi Kempf. Der Webdesigner aus Miesbach engagiert sich in den Bereichen Jugend und Kultur, organisierte jüngst die Jugendbürgerversammlung in der Kreisstadt. „Um die Jugend zu erreichen, muss man ständig dranbleiben, denn jede Generation hat ihre eigenen Regeln.“ Am Tisch keimte die Idee auf, in jeder Gemeinde im Landkreis Miesbach geeignete Räumlichkeiten zu finden, in welchen die Jugendlichen selbst Kultur erschaffen könnten, etwa durch Kunstprojekte oder Musikabende.
Neue Ideen am Kulturstammtisch
Fotograf Michael Bachmann schlug vor, etwa bei KulturVision einen reduzierten Mitgliedsbeitrag für Jugendliche einzuführen und ihnen mit Jugendgruppen, in welchen sie selbst Kultur mitgestalten können, einen Anreiz zum Engagement zu schaffen. Er brachte zudem an, dass sich Kulturschaffende mit bereits bestehenden Gruppen, wie etwa einem ortsansässigen Trachtenverein, für Veranstaltungen zusammenschließen sollten, um Synergieeffekte zu schaffen.
Nahmen am Kulturstammtisch teil: (v.l.) Michael Bachmann, Eckhard Rocholl und Brigitte Appelt. Foto: Selina Benda
Eckhard Rocholl sah das mangelnde Ansehen der Kultur als Grund für die meisten Probleme der Szene. „Wir müssen es schaffen, dass etwa ein Verein wie KulturVision eine Institution ist, an der man als Partner nicht vorbeikommt.“ Dass die Kommunen nicht wüssten, was sie von der Kultur hätten, merkte Michael Bachmann an: „Die Kultur muss sich besser verkaufen.“ Nur so könnte auch die finanzielle Unterstützung verbessert werden. Ein Punkt, der laut Monika Ziegler schwer wiegt: „Wir machen seit Jahren die Arbeit eines Kulturreferenten. Unsere Nachfolger müssen für ihre Arbeit auch bezahlt werden, sonst macht sie zukünftig keiner mehr.“