Zwirbeldirn am Tannerhof

Die Poesie, das gesprochene Wort und die Wurst

Zwirbeldirn aus Gießing das sind v.l. Maria Hafner, Sophie Meier-Rastl, Evi Keglmaier, Simon Ackermann. Foto: Ines Wagner

Konzert am Tannerhof in Bayrischzell

Hier wird gnadenlos alles verzwirbelt. Morbide Polka mit Niederbayerischem Blues und autonomer Wirtshausmusik. Das furiose Gefiedel dreier echter Weibsbilder und ihr melodisch-schräger Dreiergesang. Ein Mann ist auch dabei. Am Kontrabass.

ZWIRBELDIRN aus Giesing, das sind Maria Hafner, Sophie Meier-Rastl, Evi Keglmaier und Simon Ackermann. Fragt man sie, woher der schräge Name stammt, so haben sie dazu, wie zu vielem anderen, eine Geschichte. Der Name „Zwirbeldirn“ sei auch nur entstanden, weil man das Wort „Zirbelschnaps“ zu vorgeschrittener Stunde nicht mehr aussprechen konnte. Bitteschön. Passt doch!

Perfekte Harmonie der schrägen Töne

Zur frivolen Wirtshausmusik, zum „schuldigen“ Dreigesang, zu den morbiden Texten ihrer schaurig schönen Lieder. Und der eine Mann zelebriert seinen Status. Nicht als Macho, nein. Er zitiert dann gern einen Puppenspieler: „Die Männer spielen nicht mit den Puppen, sondern die Puppen spielen mit den Männern.“ Alles klar, wer die Hosen anhat in diesem Quartett, pardon, die schönen Kleider. Simon Ackermann bringt von seinen Reisen die Osteuropäischen Einschläge mit in die Musik, Sophie Meier-Rastl das Steirische, Maria Hafner, so möchte man angesichts ihrer tief-warmen Stimme meinen, das Morbide und Eva Keglmaier liebt die Brüche, das unerwartet Andere, das, was immer einen Ton daneben zu liegen scheint und doch perfekt passt. Schön schräg eben.
Die neue CD heißt „JABITTE“.

Frivole Lieder von Blutsschwestern

Neue Lieder sind dabei und traditionelle, alte. Und man weiss nicht, was verblüffender ist, wie die alten Lieder neu klingen oder die neuen alt. Auf jeden Fall nehmen sie kein Blatt vor den Mund, spielen mit den Worten und den Genres wie Akrobaten. Zigeunerblues mit Polka, gezupft und gefiedelt, dazwischen immer wieder eine „Walzermöglichkeit“ fürs Publikum. Nicht ganz ernst, natürlich. Sie sind echte Vollblutsängerinnen und Vollblutfiedlerinnen und Komödiantinnen. Der Herr auch. Seine Rolle ist aber die Zurückhaltung. Die beherrscht er so bravourös wie sein Instrument. Überhaupt ergänzt Simon Ackermann am Kontrabass die drei so unterschiedlichen lieblich-frivolen Damen derart, dass man sich wundern muss, wie die vier zusammengefunden haben. Das ist die Kunst in der Kunst.

„drum bin ich auch nicht nur beim Wurschten recht rührig“

So haben sie auch einen befreundeten Krimiautoren an Bord geholt, der für sie einen Liedtext geschrieben hat: „Vorstadtstüberl“. So klingt das Lied der arbeitslosen Billy, als wäre sie Brechts Spelunken-Jenny. Und dann experimentieren sie schamlos neugierig mit der „Dreigesangsliteratur“, eng an der traditionellen Volksmusik, und doch total daneben. Beliebte Motive: Dirndl, Bua, Jager, Schießen. „Aber auch Jager kommen in die Jahre.“ So widmen sie sich immer wieder mit komödiantischer Hingabe der Vergänglichkeit. „Wo sind deine Haare, August? In Glatzen wühlen kann ich nicht.“ Neu hinzugekommen ist der gealterte DJ aus der Nachbarschaft, der seine Vinyl liebevoll mit Pril wäscht, aber ansonsten bisschen ramponiert ausschaut. Ein tragikomisches Mahnmal der Vergänglichkeit. Und dann gibt es noch Yvonne aus Schlips an der Glonn, von Geburt an Künstlerin und Metzgerin. „Dass sie die Poesie direkt in die Wurscht reinlegt, das ist dann Kunst.“

Wortwitz und Wollwürste 

Grandios! Man meint, der Himmel hänge voller Geigen, Regenbögen, Tränen, Wortwitz und Wollwürsten. Und natürlich einem schönen vollen Mond, dem haben sie ein besonderes Lied gewidmet: Die „Giesinger Mondserenade“ Am Samstag Abend haben sie im Tannerhof gespielt und gesungen, wo man ein feines Händchen hat für besondere Künstler und Musiker.

Als Vorband debütierte „BETTY“ mit zarten, nachdenklichen, bairisch-englischen Liedern. Entwaffnend ehrlich, witzig, komisch. Zwei Gitarren, ein Kontrabass, ein helles, in Eigenumbau optimiertes Glockenspiel und die harmonischen Stimmen und Texte von BETTY Bettina Krugsperger (Gitarre), Morli Huber (Gitarre), sowie Christian Hübner (Kontrabass). Ihr kleines Konzert war eine gelungene Einleitung. Es war wieder ein herrlicher Abend am Tannerhof!

 

 

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